thyssenkrupp-Aktie: Ob der Krisentitel die Trendwende schafft
Druck und Hitze steigen: Die jüngsten Zahlen des Stahl- und Technologie-Konzerns thyssenkrupp enttäuschten. Der Vertrauensvorschuss für Chef Kerkhoff schmilzt - er muss jetzt bald liefern.
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von Stephan Bauer, Euro am Sonntag
U-Boote für 30 Milliarden Euro, thyssenkrupp geht leer aus" - die Schlagzeile am Tag vor der Quartalsbilanz dürfte Guido Kerkhoff kaum gefallen haben. Der Deal über zwölf Unterseeboote, den der französische Staatskonzern Naval soeben in trockene Tücher brachte, wurde zwar schon 2016 ausgeschrieben. Die entgangene Mega-Order wirkte indes wie eine weitere schlechte Nachricht, für die der Vorstandschef des Stahl- und Technologiekonzerns geradestehen muss.
Auf seiner ersten Hauptversammlung als Chef hatte Kerkhoff Anfang Februar Aktionäre vor schwachen Zahlen gewarnt. Tatsächlich fiel der operative Gewinn im Quartal um über ein Viertel. Beinahe alle Sparten schnitten schwächer ab. In der Stahlsparte, die in ein Joint Venture mit der indischen Tata Group eingebracht werden soll, brach das Ebit von 163 auf 38 Millionen Euro ein. Materialhandel und Komponentensparte litten unter der Schwäche etwa im Automobilbereich. Die Aufzugsparte ist auch wegen der US-Strafzölle weit entfernt von ihren Spitzenmargen, der operative Gewinn fiel um sieben Prozent. Der Anlagenbau rutschte wegen hoher Projektanlaufkosten ins Minus.
Immerhin kletterte der Umsatz, der Auftragseingang stieg sogar spürbar an. Kerkhoff bestätigte den Jahresausblick von mindestens einer Milliarde Euro Vorsteuergewinn, ein gutes Stück mehr als die 706 Millionen Euro des Vorjahres. Allerdings wüchsen "politische und wirtschaftliche Unsicherheiten", so der Chef.
Die Lichtblicke genügten Börsianern nicht, der DAX-Titel fiel auf ein neues Jahrestief. Die Euphorie, die Kerkhoffs Umbaupläne noch im September ausgelöst hatten, ist verflogen. Mit Vorgänger Heinrich Hiesinger hatten Kapitalgeber im Sommer die Geduld verloren, zu lange zog sich der Umbau hin, zu wenig kam dabei heraus. Kerkhoffs Plan: den Konzern in zwei Bereiche aufspalten, eine Materialsparte samt Anteil am Stahl-Joint-Venture, Materialhandel und Marinegeschäft sowie in eine Industriesparte mit Aufzuggeschäft, Anlagenbau und Komponenten. Im Oktober sollen "thyssenkrupp Materials" und "thyssenkrupp Industrials" startklar sein, später sollen beide an der Börse notieren. Die nächste Hauptversammlung im Januar 2020 soll den Plan abnicken.
Alles andere als krisenfest
Das Joint Venture mit der indischen Tata Group will Kerkhoff deshalb unbedingt im Frühjahr abschließen. Doch das Projekt fließt zäh wie Rohstahl: Erst rebellierten die Arbeitnehmer in den deutschen Stahlwerken und forderten umfangreiche Sicherheiten. Und soeben hat die EU-Kommission angedeutet, dass es für grünes Licht umfangreicher Zugeständnisse bedürfe. Die Verschmelzung wird teuer, sie kostet die Essener geschätzt eine Milliarde Euro, womöglich auch mehr.
Das Joint Venture aber braucht Kerkhoff für die Aufspaltung, die auch die Bilanzen stabilisieren soll. Die milliardenschweren Pensionsverpflichtungen sollen auf die Unternehmen verteilt werden. Ende September 2018 lag die Eigenkapitalquote inklusive Stahlsparte bei acht Prozent. Zu wenig, um eine schwere Konjunkturkrise zu überstehen.
Beunruhigend hoch ist zudem der Mittelabfluss. Samt dem Stahlgeschäft verlor der Konzern allein im vierten Quartal operativ 2,5 Milliarden Euro Cash. Kunden bestellten deutlich weniger, im Materialhandel und in der Stahlsparte stiegen die Vorräte. Das bindet knappes Kapital. Käme es zu einem Preisverfall, drohten überdies Abschreibungen. "Das ist saisonal bedingt, wir sehen hier keinen Trend", beruhigt Kerkhoff und versprach, den Mittelabfluss im Geschäftsjahr unter die 678 Millionen Euro des Vorjahres zu drücken.
Druck und Temperatur steigen also. Der Chef versichert derweil, die künftigen Unternehmen schlank und schnell zu machen und deren Verwaltungskosten bis 2021 von 380 auf 300 Millionen Euro zu senken. Investoren wollen es sehen.
Investor-Info
thyssenkrupp
Notierung fallend
Die jüngsten Quartalszahlen belegen die Konjunkturabhängigkeit des Geschäfts: Sinkende Nachfrage in Industrien wie Auto- und Anlagenbau sowie US-Strafzölle belasten, der Handelsstreit verunsichert. Laut Vorstand war der starke Mittelabfluss im ersten Quartal saisonal bedingt, das muss sich aber erst zeigen. Kerkhoff spart weiter, in der Stahlsparte sowie in den Verwaltungsstrukturen der zwei künftigen Firmen. Für einen Einstieg noch zu früh, Bodenbildung abwarten. Stopp beachten.
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