Siemens: Ein Diamant und viele Fragen
Chef Joe Kaeser präsentiert die neue Konzernstrategie von Siemens. Seine "Vision 2020+" aber lässt etliche Fragen offen, Börsianer reagieren erst einmal skeptisch.
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von Stephan Bauer, Euro am Sonntag
Es waren äußerst ausführliche Worte, die Joe Kaeser zur Einleitung der neuen Strategie "Vision 2020+" fand. Kurz und knapp: Vor vier Jahren habe man mit der Vision 2020 die operativen Sparten eng an die Zentrale binden müssen, weil vieles schieflief. Jetzt sei Siemens wieder "great again", so der Chef. Das sei der Grund, weshalb man den Geschäften mehr unternehmerische Freiheiten schenke.
Die künftigen drei Kernsparten Energie, smarte Infrastruktur und digitale Industrie werden locker geführt. Auch wichtige Entscheidungen über Personalstärke, Expansionen oder Zukäufe sollen sie selbst treffen. Sie sind nicht formal selbstständig. Nur noch einer der drei Kerne, die digitale Industrie, sitzt in Deutschland. Daneben gibt es einen Forschungsbereich samt Randaktivitäten. Die selbstständigen Healthineers (Medizintechnik), Siemens Gamesa (Windkraft) und, nach erfolgter EU-Kartellprüfung, Siemens Alstom (Verkehrstechnik) sind börsengelistet.
Der Konzern soll so anpassungsfähiger werden und etwa auch auf eine protektionismusgetriebene Lokalisierung des weltweiten Geschäfts reagieren können. Ab Oktober gilt das Konzept, bis Ende März soll es umgesetzt sein.
Siemens soll vor allem noch besser werden: Die operative Gewinnmarge im Industriegeschäft soll auf 13 bis 14 Prozent steigen, zuvor lag das Ziel bei elf bis zwölf Prozent. Insbesondere der "Diamant", so Kaeser, die digitale Industrie mit ihrer Softwareplattform Mindsphere, soll für Marge und Wachstum sorgen. Der Konzernumsatz soll im Schnitt auf vier bis fünf Prozent pro Jahr klettern.
Die neue Struktur selbst soll auch für Effizienz sorgen. Kaeser mutet Siemens damit erneut viel Unruhe zu, rund 60.000 Mitarbeiter in Zentralfunktionen wie Buchhaltung oder Personal sind betroffen. Man schaue, welche Funktionen wo angesiedelt werden.
Ein Einsparziel wurde nicht genannt. Es blieben weitere Fragezeichen, etwa welche der künftigen Bereiche die neuen Margenziele heute schon erfüllen und welche nicht. Da Sparten zusammengelegt werden, besteht auch die Gefahr, dass die Transparenz der Berichte künftig nachlässt. Offene Punkte, die Börsianer skeptisch werden ließen - die Aktie verlor in der Spitze rund fünf Prozent. Klar ist hingegen, dass die Energiesparte im Krisenmodus bleibt. Preisdruck sowie weitere Restrukturierungsaufgaben sind laut Finanzchef Ralf Thomas der Grund, weshalb die Marge hier absehbar im unteren bis mittleren einstelligen Prozentbereich und nicht im neuen Band von acht bis zwölf Prozent liegen wird.
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