Neuer Schock bei OSRAM: Hier brennt es lichterloh
Erneut senkt der Münchner LED-Spezialist OSRAM seine Jahresprognose. Kunden aus verschiedenen Branchen haben Aufträge verschoben. Anleger sollten geduldig bleiben.
Werte in diesem Artikel
von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag
OSRAMs Aktionäre brauchen starke Nerven. Wenige Monate nach der ersten Korrektur der Jahresziele im April - damals wegen einer größeren Belastung durch den starken Euro - passt der LED- und Lichttechnikspezialist erneut seine Prognose für das bis Ende September währende Geschäftsjahr an. Am Donnerstag verlor der MDAX-Wert in der Spitze mehr als ein Fünftel seines Börsenwerts.
Die kurzfristig einberufene Telefonkonferenz mit Chef Olaf Berlien und Finanzvorstand Ingo Bank konnte die Talfahrt der Papiere nicht stoppen. Statt bisher drei bis fünf Prozent mehr Umsatz im Geschäftsjahr stellen die Münchner nur noch ein bis drei Prozent in Aussicht. Beim Gewinn pro Aktie - bisher wurden 1,90 bis zwei Euro pro Aktie prognostiziert - sollen es jetzt ein bis 1,20 Euro pro Aktie sein. Im Vorjahr hatte der MDAX-Konzern, bereinigt um Sondereffekte, mit 3,10 Euro pro Anteilschein noch gut verdient.
Autobranche stärker unter Druck
Als wesentlichen Grund für die deutliche Verschlechterung der Geschäfte, vor allem mit Unternehmen aus der Autobranche, die nach Angaben von Vorstandschef Berlien gut die Hälfte des Gesamtumsatzes liefern, nannte der Manager die Umstellung auf den neuen europäischen Abgasmesszyklus WLTP. Die Einführung bereitet vielen Herstellern hierzulande, allen voran Volkswagen in Wolfsburg, erhebliche Probleme.
Dazu kommen die Dieselkrise und die Unsicherheiten in dem schwelenden Handelsstreit mit den USA. Allerdings verschoben auch OSRAM-Kunden aus der Mobilfunkbranche und aus der Lebensmittelproduktion, etwa bei LEDs für eine wachstumsfördernde Beleuchtung in Gewächshäusern, signifikante Projekte in das nächste Geschäftsjahr des Konzerns.
OSRAM hat wachstumsfördernde Beleuchtung als aussichtsreiche Nische ausgemacht und sich hier erst im Mai mit dem Kauf der US-Firma Fluence Bioengineering verstärkt.
Chef Berlien versucht die Verunsicherung bei Investoren zu dämpfen. Das jetzt entgangene Geschäft werde im nächsten Jahr buchen, versichert Berlien. Es wurden keine Projekte storniert.
Neue LED-Kapazitäten notwendig
Die zweite große Sorge bei Investoren und Aktionären ist jetzt der laufende Aufbau erheblicher zusätzlicher LED-Kapazitäten in OSRAMs neuer Chipfabrik in Kulim, Malaysia. Auch hier versucht Berlien, die Sorgen der Aktionäre zu zerstreuen. Die zusätzlichen LED-Chips würden auf jeden Fall benötigt. In Kulim investiert OSRAM nach eigenen Angaben in die modernste LED-Chip-Fertigung - auf größeren Siliziumscheiben.
Die Technologie auf Scheiben mit sechs Zoll Durchmesser soll die bisherige Zwei-Zoll-Technologie ablösen. OSRAM gehört zu den Wegbereitern der neuen Technologie und hätte damit mittelfristig Kostenvorteile: Auf größere Scheiben passen deutlich mehr Chips.
So können LEDs bei ausreichender Auslastung viel günstiger produziert werden. 2019 will OSRAM entscheiden, ob in Kulim ein weiteres Produktionsmodul gebaut wird. Aktionäre des Konzerns sollten sich durch die Anpassung der Prognose nicht verunsichern lassen. OSRAM hat sich auf aussichtsreiche Technologien fokussiert und bietet eine solide Bilanz. Zum Einstieg sollten Risikofreudige eine Bodenbildung abwarten.
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