Medien-Aktien: Wer die besten Streifen liefert
Der Streamingdienst Netflix erringt erstmals einen Oscar. Die Sorgen des Internetpioniers aber werden größer. Nicht nur Steven Spielberg, auch die Konkurrenz macht Druck.
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von Peter Schweitzer, Euro am Sonntag
Wenn Steven Spielberg das Wort ergreift, horcht Hollywood auf. Mehr als zehn Milliarden Dollar haben die Werke des Regisseurs und Produzenten weltweit eingespielt, darunter Klassiker wie "E.T." und "Jurassic Park".
17-mal für den Oscar nominiert, wurde der inzwischen 72-Jährige dreimal mit der berühmtesten Trophäe der Filmindustrie geehrt. Geht es nach Spielberg, wird Netflix die goldene Statue niemals erhalten.
Der Streitpunkt: Netflix zeigt seine Werke im Internet. Denn dort verdient der Konzern über die Abogebühren seiner 140 Millionen Kunden Geld. Ins Kino kommen nur ganz wenige ausgewählte Projekte des Streamingdiensts, und das auch nur für kurze Zeit. Für Spielberg ist das zu wenig: "Hat man sich einmal einem TV-Format verschrieben, ist es nun mal ein Fernsehfilm. Und für die gibt es die Emmys. Die Oscars sind für Kinofilme."
Bekannt geworden ist Netflix durch den Politthriller "House of Cards", eine TV-Serie über den skrupellosen Politiker Frank Underwood. Inzwischen produziert Netflix auch Filme. Extrem erfolgreich war zum Jahreswechsel der Horrorthriller "Bird Box" mit Sandra Bullock, der nur im Internet zu sehen war. Das mexikanische Drama "Roma" zielte dagegen nicht auf das Massenpublikum, sondern auf den Geschmack der Oscar-Jury. Angeblich war die Werbekampagne im Vorfeld der Zeremonie teurer als die Produktion des Films. "Roma" erhielt tatsächlich drei Trophäen - aber eben nicht die wertvollste, jene für den besten Film.
Verzwickte Handlung
Ein Oscar-Triumph wäre für Netflix in einer schwierigen Phase gekommen. Der Pionier hat als Erster das große Potenzial des Internets als Vertriebskanal erkannt und die traditionelle Verwertungskette der Medienbranche aufgerissen. Inzwischen aber muss sich Netflix gegen eine größer und mächtiger werdende Zahl an Konkurrenten behaupten.
Das Internetkaufhaus Amazon ist mit seinem Streamingdienst Prime bereits im Markt. Der nächste Angreifer dürfte Apple sein. Der iPhone-Hersteller könnte seine Internetvideothek US-Medien zufolge vielleicht schon im Frühjahr starten. Dank Apples großer Finanzkraft kann Konzernchef Timothy Cook kräftig investieren. Unter anderem arbeiten Starregisseur J. J. Abrams und die Schauspielerin Jennifer Aniston für den Konzern.
Apple will durch Serien und Filme seine Servicesparte stärken und damit die Abhängigkeit von seinem Hauptprodukt reduzieren. Angebote wie der Bezahldienst Apple Pay und der Musikstreamingdienst Apple Music lieferten im vergangenen Quartal immerhin 13 Prozent des Konzernumsatzes. Apple dürfte mehrere Servicedienste im Paket als Abo anbieten. Aufgrund der weiten Verbreitung von iPhone, iPad und Mac-Computern ist der potenzielle Kundenkreis groß.
Die Maus geht auf die Jagd
Der vielleicht gefährlichste Rivale für Netflix ist aber Walt Disney. Das "House of Mouse" will auf einem Investorentag im April sein Streamingportal Disney+ vorstellen. Neben dem Sportportal ESPN+ und der Beteiligung am Portal Hulu ist es die dritte Onlineplattform des Konzerns. Das Repertoire von Disney+ ist einzigartig und umfasst die klassischen Zeichentrickfiguren, die Superhelden von Marvel, das Animationsstudio Pixar oder auch "Star Wars".
Wie groß die Anziehungskraft des Magic Kingdom ist, zeigte sich im vergangenen Jahr an der Kinokasse: Drei der vier erfolgreichsten Filme waren Produktionen des weltgrößten Medienkonzerns. Allein Marvels "Avengers: Infinity War" spielte über zwei Milliarden Dollar ein.
Ein oft unterschätzter Akteur ist Comcast. Anfang 2020 soll der US-Kabelkonzern mit seinem Streamingdienst an den Start gehen. Helfen wird dem Konzern seine Reichweite. Die Kabelsparte verfügt zusammen mit dem kürzlich übernommenen Pay-TV-Sender Sky über 54 Millionen Kundenkontakte. Die Strategie von Comcast-Chef Brian Roberts, das Kabelnetz mit einer Content-Maschine zu verknüpfen, lässt die Kasse klingeln. 2018 erwirtschaftete der Konzern einen freien Cashflow von 12,6 Milliarden Dollar.
In Deutschland noch unbekannt ist der Streaminganbieter Roku. Im Heimatland USA sorgt er dagegen längst für Furore. Seit dem Börsengang im September 2017 verfünffachte sich der Aktienkurs. Bekannt war die Firma lange Zeit für Streaming-Sticks. Ähnlich denen von Amazon stecken Nutzer diese Sticks in den Fernseher - und Hunderte von Kanälen, darunter Netflix und Prime, stehen zur Auswahl. Das Hardwaregeschäft ist allerdings margenarm.
Für Roku viel wichtiger ist die Plattform mit Erlösen über Werbung. Zwei Drittel des Umsatzes kommen jetzt schon über diese. Vorteil von Roku: Jeder vierte in den USA verkaufte Fernseher hat die Plattform installiert. Der Konzern zählt dort mehr als 27 Millionen aktive Nutzer.
Gemessen an der Anzahl der Geräte sticht Roku Amazon und Apple klar aus. Für den besten Streifen bekommen die Kalifornier keinen Oskar - sie produzieren weder Filme noch Serien. An der Börse sind sie aktuell dennoch ein Star.
Investor-Info
Disney
Mächtige Maus
Die Expansion in das Internet wird den Medienriesen viel Geld kosten. Neben Marketing- und Produktionskosten gehen Einnahmen verloren, weil Disney bestimmte Inhalte nicht mehr an andere Anbieter vermarktet. Der Konzerngewinn dürfte darum 2019 und 2020 stagnieren. Die zuletzt gute Entwicklung der Themenparks und TV-Sender hilft in der Übergangsphase. Dank seiner starken Inhalte sollte Disney auch in der digitalen Welt ein Riese werden.
Roku
Starker Herausforderer
Bereits seit 2002 existiert der Streaminganbieter Roku. Im Gegensatz zur Konkurrenz finanziert er sich mittlerweile hauptsächlich aus Werbeerlösen über die Roku-Plattform. Das Unternehmen wächst schnell, allerdings schreibt es noch Verluste. Nach einem Dämpfer im vergangenen Jahr verdoppelte sich der Aktienkurs seit Jahresbeginn. Aktuell ist der Konzern mit dem siebenfachen Umsatz schon recht hoch bewertet. Einige Analysten sehen dennoch weiteres Potenzial für den Titel.
Netflix
Gejagter Pionier
Der Streamingdienst hat die Medienwelt
revolutioniert und mit 140 Millionen Kunden einen deutlichen Vorsprung vor der Konkurrenz. Netflix sammelt viele Daten seiner
Nutzer und kann dadurch gut einschätzen, welche Inhalte gefragt sind. Das Problem sind die hohen Programmkosten. Netflix schreibt zwar Gewinn, der freie Cashflow ist aber deutlich negativ. Bei dieser Kennziffer erwarten Analysten erst im Jahr 2022 eine schwarze Zahl. Ein Preiskampf könnte die Finanzen von Netflix strapazieren.
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