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Flugzeugbauer Airbus: Wie es nach dem A380-Debakel weitergeht

16.03.19 12:00 Uhr

Flugzeugbauer Airbus: Wie es nach dem A380-Debakel weitergeht | finanzen.net

Aufsteiger Guillaume Faury steht ab April an der Spitze von Airbus. Der künftige Boss gilt als "Rakete" - einen kräftigen Schub kann der Konzern nach dem A380-Debakel auch gut gebrauchen.

von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

Zuerst der erlösende Schlussstrich unter das verlustreiche Airbus-Prestigeprojekt A380, dann die happige Rechnung für die Steuerzahler in Europa. Diese werden auf einen erheblichen Anteil der auf eine Milliarde Euro geschätzten ausstehenden Forderungen wohl verzichten müssen. 600 Millionen davon betreffen Deutschland. Politiker haben bei der Kreditvergabe an Airbus offensichtlich zulasten der Steuerzahler verhandelt.



2002 hatten die Airbus-Anteilseigner Deutschland, Frankreich und Spanien dem Konzern großzügige Kredite eingeräumt. Der Haken: Die Rückzahlungen wurden an die Auslieferungen des A380 gekoppelt. Das Darlehen sei Teil des ökonomischen Risikos für den Flieger, sagt Airbus. Ursprünglich sollten 1.200 Stück des Riesen mit 555 Sitzen gebaut werden. Ausgeliefert werden von April 2005 bis zum Ende der Produktion im Jahr 2021 jedoch nur 251 Jets. Dann endet wohl auch die Rückzahlung des Darlehens.

Airbus scheiterte mit dem Plan, dem US-Konkurrenten Boeing, der das Segment mit der 747 dominiert, dauerhaft Marktanteile abzujagen. In den 50 Jahren seit der 747-Premiere wurden über 1.500 Jumbos ausgeliefert. Airbus’ Vision von 1.200 verkauften Maschinen war zu ehrgeizig.


Immerhin: Noch-Konzernchef Thomas Enders alias "Major Tom" hat mit dem Schlussstrich unter das Projekt seinem Nachfolger Guillaume Faury den Start auf der Hauptversammlung am 10. April leichter gemacht.

Was Politiker und Steuerzahler in Europa beschäftigt, ficht Airbus-Aktionäre bislang nicht an. Für sie zählt, dass die Aktie mit 35 Prozent Wertzuwachs einen beeindruckenden Start ins Jahr absolviert hat. Die Auftragsbücher von Airbus und Boeing sind für die nächsten Jahre prall gefüllt. Das Oligopol der ­dominierenden Konzerne wurde mit neuen Allianzen weiter gefestigt: Airbus mit Bombardier in Kanada, der US-Rivale mit Embraer in Brasilien. Auch deshalb werden an der Börse teure Fehl­einschätzungen wie das A380-Debakel schnell abgehakt.

Mehr Rendite, klare Struktur

Dennoch wartet viel Arbeit auf "die Rakete", wie die französische Zeitung "La Tribune" den Aufsteiger im europäischen Konzern unlängst taufte. Neben dem A380-Debakel hat Airbus auch mit einem Korruptionsskandal zu kämpfen und muss dringend modernisiert werden. Faury will die Profitabilität des europäischen Konzerns durch einfachere Strukturen verbessern. Keine simple Aufgabe in einem Unternehmen, an dem Deutschland, Frankreich jeweils mit gut elf und Spanien mit rund vier Prozent beteiligt sind - umfangreicher politischer Einfluss ist damit garantiert.

Ingenieur Faury sieht das anders: "Wir können als Europäer stolz auf Airbus sein. Zusammen sind wir klüger und stärker." Anleger dürfte es freuen, dass teure Zukäufe bis auf Weiteres nicht geplant sind. Auch die kostspielige Entwicklung eines neuen Flugzeugs soll nicht auf der Agenda stehen.

Allerdings könnten die Europäer den A350 um eine längere Variante mit 400 statt 366 Sitzen ergänzen, spekulieren Branchenkenner. Damit hätte Airbus mit überschaubarem Aufwand einen Jet im Portfolio, der gegen Boeings Langversion 777 anfliegen könnte. Airlines wie Air Canada, Air France und Aero­flot, die beide Maschinen besitzen, könnten zum Kauf eines längeren A350 bewegt werden. Außerdem soll die 777, die seit den 90er-Jahren gebaut wird, ab 2020 in einer treibstoffeffizienteren Variante angeboten werden.

Airbus-Chef Faury müsste zügig entscheiden, ob der Markt für Jets mit rund 400 Sitzen ausreichend groß ist, um den Aufwand für eine Langvariante des A350 zu rechtfertigen. Vorteil: Bei der Version könnten gemeinsam mit den anderen Modellen genutzte Komponenten eingebaut werden. Sie wäre damit viel günstiger als die teure Einzellösung des A380. Als wesentliches Risiko bleiben indes die zuletzt häufigeren Probleme des Triebwerkslieferanten Rolls-Royce.

Die hat der British-Airways-Mutterkonzern IAG nicht nur angemahnt, sondern daraus auch Konsequenzen gezogen und 18 Boeing 777 gekauft, einschließlich der Option auf weitere 24 Jets. Das Geschäft mit dem A350 ist von der Skepsis der Airlines bei Rolls-Royce-­Triebwerken noch nicht betroffen.

Der designierte Chef Faury bringt gute Voraussetzungen für eine zügige Lösung der Probleme mit dem Triebwerksbauer mit. Er ist Luftfahrtingenieur und Testpilot und hat fast seine ganze Karriere in der Branche verbracht. "Faury hat sich seine Sporen bei Airbus verdient. Er kennt die Probleme und die Technik", heißt es im Konzern.

Zuverlässige Gewinnbringer

Weiterhin stark gefragt bleiben indes Mittelstreckenflugzeuge, wo Airbus mit der A320-Familie und Boeing mit den 737-Jets unterwegs ist. Bei den Triebwerken für A320 und A220, die von United Technologies und MTU Aero Engines geliefert werden, gibt es keine Probleme. Im Februar gab der Münchner MDAX-­Konzern bekannt, dass die Kapazitäten erweitert werden.

MTU-Kunde Airbus will 2019 beim A320 neo 100 zusätzliche Flugzeuge, insgesamt 500 Jets, ausliefern. Dafür wird die monatliche Fertigung in der zweiten Jahreshälfte von 50 auf 60 Maschinen erhöht. Die Produktion des überdurchschnittlich profitablen A320 ist für die nächsten acht Jahre gesichert. Analysten erwarten für 2019 deshalb eine verbesserte Profitabilität und höhere Cashflows.

Auch Boeing erhöht 2019 die Produktion seiner Bestseller 737 und 787. Anders als Airbus hat sich der US-Konkurrent - auch durch Zukäufe - ein hochprofitables Servicegeschäft aufgebaut. 2018 lieferte es 17 Prozent von knapp 101 Milliarden Dollar Umsatz. Boeing ­taxiert den Weltmarkt für Wartung und Technikdienstleistungen auf 80 Milliarden Dollar.

Mit der Auswertung der großen Datenmengen, die Jets während des Betriebs liefern, wird das Servicegeschäft für Flugzeugbauer wichtiger. Boeing ist hier mit der Analyseplattform "AnalytX" im Rennen, Airbus mit seiner Plattform "Skywise".

In der Service-Sparte des Kunden Lufthansa sorgt das für Verstimmung. "Beim Thema Daten gilt: The winner ­takes it all. Im Konsumbereich haben wir das erlebt", warnt Manager Christian Langer, der für die Digitalstrategie der Airline zuständig ist. Faury muss die Lufthansa noch überzeugen, dass sein Konzern die Datenauswertungen via Skywise mit Firmenkunden teilt.

Investor-Info

Boeing
Gewinnsteigerer

Chef Dennis Muilenburg steigert die Profitabilität und bringt die Cashflows auf Rekordniveau. Boeing expandiert im Servicebereich. Das Verhältnis zu Zulieferern ist ­deshalb gespannt. Mit Blick auf digital vernetzte Jets will Boeing im 80 Milliarden Dollar schweren Servicemarkt dabei sein. Mit Berücksichtigung der Aktienrückkäufe erwarten Analysten für 2019 rund 26 Prozent mehr Gewinn pro Aktie. Geringer politischer Einfluss.

Airbus
Richtige Richtung

Bei Airbus hat man gelernt, mit dem großen politischen Einfluss umzugehen. Enders’ Nachfolger Faury hat einige Baustellen zu bearbeiten. Dennoch stimmt die grundsätzliche Richtung, das Orderbuch etwa liegt knapp vor Boeing (siehe unten). Auch im zukunfts­trächtigen Asien-Geschäft, einschließlich China, ist Airbus stark. Für 2019 erwarten Analysten knapp 24 Prozent mehr Gewinn.

Flugzeugfertigung
Auf Jahre ausgelastet

Insgesamt 10.700 Jets haben Airlines bei Airbus und Boeing für die nächsten Jahre ge­ordert, 56 Prozent davon bei Airbus. Dort ist die Produktion des A320 für die nächsten acht Jahre ausgebucht, bei Boeings 737 sind es sieben Jahre. In der 737 werden Triebwerke des Joint Venture von Safran und General Electric verbaut, im A320 von United Technologies und MTU Aero Engines.






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