Ergebnis belastet

Siemens spürt Schwäche im Auto- und Maschinenbau - Siemens-Aktie dreht ins Plus

05.02.20 17:50 Uhr

Siemens spürt Schwäche im Auto- und Maschinenbau - Siemens-Aktie dreht ins Plus | finanzen.net

Der Technologiekonzern Siemens ist mit einem Dämpfer in das neue Geschäftsjahr gestartet.

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Die anhaltende Schwäche bei den Auto- und Maschinenbauern belastet das Geschäft weiterhin. Die Töchter Healthineers und Gamesa schwächelten. Operativ verdiente Siemens daher im Ende Dezember ausgelaufenen ersten Geschäftsquartal deutlich weniger als von Analysten erwartet.

Überlagert werden die Zahlen jedoch von dem Zwist zwischen dem Konzern und Umweltschützern, den ein Auftrag für Signaltechnik für eine australische Kohlemine ausgelöst hatte. Dies dürfte auch zum bestimmenden Thema der Hauptversammlung in München werden. Aktivisten haben Proteste angekündigt.

"Wir hatten schon bessere Quartale", räumte Vorstandschef Joe Kaeser am Mittwoch bei einer vor der Hauptversammlung einberaumten Pressekonferenz ein. So wirkt sich die Konjunkturschwäche im Auto- und Maschinenbau weiter negativ auf einen Teil der digitalen Geschäfte aus, etwa bei der Automatisierung. Eine Besserung erwartet Kaeser weiter erst in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres.

Wie sich das rasant um sich greifende Coronavirus auf das Geschäft auswirken wird, könne man derzeit noch nicht einschätzen. Es werde sich erst in den nächsten Quartalen zeigen, sagte der Manager mit Blick auf mögliche Absatzeinbußen. Auf der anderen Seite habe Siemens einen Krisenstab für den Einkauf gegründet.

Das bereinigte operative Ergebnis (Ebita) fiel im ersten Geschäftsquartal mit 1,4 Milliarden Euro rund 30 Prozent niedriger aus als ein Jahr zuvor. Analysten hatten hier mit mehr gerechnet. Unter dem Strich lag der Gewinn mit knapp 1,1 Milliarden Euro dank geringerer Steuern und niedrigerer Pensionsrückstellungen etwas über dem Vorjahresniveau. Der Umsatz stieg leicht um 1 Prozent auf 20,3 Milliarden Euro. Der Auftragseingang fiel um 2 Prozent auf 24,8 Milliarden Euro. An seinen Prognosen hielt das Management dennoch fest.

Das Ergebnis der digitalen Geschäfte sank im abgelaufenen Quartal um knapp ein Drittel. Hier belasteten neben der schwächeren Nachfrage zusätzlich Umbaukosten sowie Investitionen etwa ins Cloudgeschäft. Die Ergebnisbeiträge der Medizintechniktochter Healthineers gingen zurück. Das Unternehmen hatte bereits am Montag von einer schwächeren Entwicklung berichtet. Der Windanlagenbauer Gamesa belastete die Bilanz ebenfalls, nachdem er wegen der Verzögerung bei Projekten im abgelaufenen Quartal in die Verlustzone gerutscht war.

3 von 4 Siemens-Geschäften unter dem Margenkorridor

Bei Siemens haben drei der vier Konzernbereiche im ersten Quartal 2019/20 den jeweiligen Zielkorridor bei der Marge nicht erreicht. Lediglich die Eisenbahntechnik erfüllte mit 10 Prozent (minus 90 Basispunkte) die Renditeerwartungen. Das Aushängeschild Industrieautomatisierung blieb mit 14,4 Prozent (minus 620 Basispunkte) unter der Vorgabe. Hier schlugen jedoch unter anderem Kosten für Personalabbau von 115 Millionen Euro zu Buche, wie Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas bei Vorstellung der Zwischenbilanz erläuterte. Sie kosteten 3 Prozentpunkte Marge. Zudem belasteten aber schwache Geschäfte mit den kurzzyklischen Branchen Auto und Maschinenbau das Ergebnis, vor allem in Deutschland. Steigende Auftragseingänge in den USA deuten jedoch bereits eine Erholung an.

In der Energiesparte fiel die angepasste EBITA-Marge weiter bis auf 1,4 Prozent (minus 240 Basispunkte). Dafür sei ein ungünstiger Business Mix ebenso wie die Vorbereitungen zur Aufstellung des Bereichs als selbstständiges Unternehmen verantwortlich, sagte Thomas. Siemens Energy soll im September an die Börse gebracht werden.

Eine Verbesserung zeigte sich nur im Bereich Smart Infrastructure mit der Gebäudetechnik mit 8 Prozent (plus 160 Basispunkte). Der Bereich komme bei der Profitabilität gut voran. In den kommenden Quartalen seien allerdings steigende Restrukturierungskosten zu erwarten.

Im Mittelpunkt steht bei Siemens in diesem Jahr das Energiegeschäft, das der Konzern ausgliedern und im September an die Börse bringen will. Hier liege Siemens im Zeitplan, hieß es. Die Ergebnisse der Sparte gingen im jüngsten Quartal weiter zurück. Unter anderem belasteten Kosten für die Verselbständigung, aber auch ein höherer Umsatzanteil weniger gewinnträchtiger Bereiche. Michael Sen, Co-Chef von Gas and Power und designierter Vorstandsvorsitzender der neuen Siemens Energy, hofft auf einen höheren Anteil des renditestärkeren Servicegeschäfts im dritten und vierten Geschäftsquartal.

Bei der Verselbstständigung des Energiegeschäfts kommt Siemens voran. In die neue Gesellschaft bringt der Konzern auch seinen Anteil an Siemens Gamesa ein. Hier schlossen die Münchner eine Vereinbarung mit ihrem widerspenstigen Mitaktionär Iberdrola und übernehmen dessen Anteil von gut 8 Prozent. Der Anteil von Siemens an Gamesa steigt damit auf rund 67 Prozent. Siemens und Iberdrola hatten sich in der Vergangenheit juristische Scharmützel rund um Gamesa und die Frage nach Macht und Einfluss geliefert. Nun hofft Kaeser, dass "das Management wieder mehr Kapazität hat, sich mit der Verbesserung der Ertragskraft näher zu befassen".

Proteste bei Hauptversammlung

Siemens steht vor einer turbulenten Hauptversammlung. Mehrere Umweltschutz-Gruppen haben Proteste vor und in der Veranstaltung angekündigt. Dabei geht es hauptsächlich um die Lieferung einer Zugsignalanlage im Wert von rund 18 Millionen Euro für ein riesiges Kohlebergbauprojekt des Adani-Konzerns in Australien. Kaeser zeigte sich am Mittwochmorgen verärgert über die Proteste. Es mute "schon fast grotesk an, dass wir durch ein Signaltechnikprojekt in Australien zur Zielscheibe doch zahlreicher Umweltaktivisten geworden sind", sagte er. Zudem betonte er, dass die Lieferung für die Mine "irrelevant" sei.

An dem Auftrag hält er dennoch fest - aus Haftungsgründen und, um die Zuverlässigkeit des Unternehmens zu demonstrieren. Allerdings räumte Kaeser auch ein, dass Themen wie Umwelt, Soziales und Unternehmensführung inzwischen wesentliche Strategieelemente seien, die sich in der Unternehmensplanung wiederfinden müssten. Diese dürfte künftig auch für Investoren wichtiger werden.

Kaeser reagierte dennoch zunehmend frustriert auf die Klimadebatte. Bei solchen Themen könne man nicht gewinnen. Ein Anspruch alleine schaffe jedoch noch keine Lösungen.

Siemens-Aktie wechselt Vorzeichen

Ein schwaches Quartalsergebnis hat am Mittwoch die Aktien von Siemens nur vorübergehend belastet. Sie gehörten im DAX anfangs mit einem Minus von bis zu 2,3 Prozent zu den Verlierern und waren bei gut 110 Euro auf ein Tief seit November gefallen. Dann aber drehten sie mit dem positiver werdenden Marktumfeld um 0,66 Prozent ins Plus und schloss bei 113,72 Euro. Am Markt wurden in überraschend hohen Auftragseingängen auch positive Aspekte gesehen.

Händlern zufolge ist das erste Geschäftsquartal in den Industriegeschäften operativ schwächer als erwartet ausgefallen. Laut Experte Wasi Rizvi vom Analysehaus RBC entwickelte sich die Profitabilität in den Kerngeschäften schwach. Analyst Guillermo Peigneux Lojo von der UBS bezifferte die operative Marge (Ebitda) mit 8,3 Prozent als klar unter den am Markt erwarteten 10,5 Prozent. In den Augen des Analysten blieb der Industriekonzern daher auch beim operativen Ergebnis deutlich hinter den Erwartungen zurück.

Börsianer verwiesen zudem darauf, dass ein zentraler Diskussionspunkt für die schwache Profitabilität die Sparte für Energie- und Kraftwerkstechnik sei. Gemeinsam mit einer bereits bekannten Margenschwäche beim Windkraftableger Siemens Gamesa hätten damit gleich zwei Standbeine der Energiesparte Siemens Energy, die vor der Abspaltung steht, derzeit ein Margenproblem. Daniela Costa von der US-Investmentbank Goldman Sachs rechnet nun bei der Marge mit leichten Anpassungen der Konsensschätzungen nach unten.

Die als stark gewerteten Auftragseingänge konnten den Gesamteindruck bei den Anlegern dann aber doch noch etwas aufbessern. Die Neuaufträge sanken zwar um 2 Prozent auf 24,8 Milliarden Euro, Analysten wie zum Beispiel Andreas Willi von JPMorgan hatten jedoch einen noch stärkeren Rückgang auf dem Zettel.

Der außerdem vermeldete Kauf des Iberdrola-Minderheitsanteils an Siemens Gamesa traf am Markt auf gemischte Stimmen. Börsianern zufolge entsprechen 20 Euro je Aktie einem mehr als 30-prozentigen Aufschlag zum Durchschnittskurs der vergangenen 30 Tage. UBS-Analyst Peigneux Lojo bezeichnete den Schritt unter Einbezug möglicher Kosteneinsparungen aber als wertneutral.

(dpa-AFX) / (Dow Jones)

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