WHO hält an Empfehlung für den Einsatz von AstraZeneca fest - EMA sieht keinen Beleg für Einschränkung
Der strategische Impfrat der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält an dem Corona-Impfstoff von AstraZeneca fest.
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Er sieht auch nach der deutschen Entscheidung gegen den Einsatz des Mittels bei Menschen unter 60 Jahren keinen Anlass für eine Anpassung seiner Empfehlungen, wie die Direktorin der WHO-Abteilung Impfungen, Kate O'Brien, am Mittwoch in Genf sagten.
Der AstraZeneca-Impfstoff hat eine WHO-Notfallzulassung. Das ist die Voraussetzung für den Einkauf durch UN-Organisationen. Für viele Länder mit begrenzten eigenen Regulierungskapazitäten ist dies auch die Grundlage für die eigene Zulassung. Die solidarische Impfinitiative Covax hat bis Mai 237 Millionen Impfdosen von AstraZeneca zur Auslieferung an mehr als 140 Länder vorgesehen. Die ersten Lieferungen laufen seit Anfang März.
Zu der deutschen AstraZeneca-Entscheidung sagte O'Brien, jedes Land müsse den Einsatz der Impfstoffe seinen spezifischen Bedürfnissen anpassen: "Jedes Land geht seinen eigenen Weg." Eine Rolle spiele dabei etwa, welche anderen Impfstoffe das Land zur Verfügung habe. Wenn einzelne Länder ihr Portfolio optimieren wollten, sollten sie dies tun. Sie betonte aber: "Wir sind sehr klar in unserer Nutzen-und-Risiko-Einschätzung: dies ist ein sicherer Impfstoff."
Die WHO ist besorgt über insbesondere drei Varianten des Erregers Sars-CoV-2. Mehrere weitere Varianten würden zur Zeit beobachtet, sagte O'Brien. Man wisse noch zu wenig über die Wirksamkeit der vorhandenen Impfstoffe gegen die drei Varianten (B.1.1.7, B.1.351 und B.1.1.28.1 alias P.1). Sie wurden erstmals in Großbritannien, Südafrika und Brasilien entdeckt. Die Impfstoffe seien nach ersten Einschätzungen bei Zirkulation dieser Varianten etwas weniger effektiv, böten aber soweit weiter Schutz, vor allem vor besonders schweren COVID-19-Erkrankungen.
Der Impfrat hofft, dass er bis Ende April auch Empfehlungen für den Einsatz der beiden chinesischen Impfstoffe geben kann. Die Firmen hätten bereits zahlreiche Dokumente eingereicht, sagte der Geschäftsführer des Rates, Joachim Hombach. Die Sicherheits- und Wirksamkeitsanforderungen der WHO, das ein Wirkstoff mindestens zu 50, besser zu 70 Prozent wirke, seien nach ersten Angaben erfüllt.
EMA: Vorerst kein Beleg für beschränkte Nutzung von AstraZeneca
Anders als Deutschland rät die EU-Arzneimittelbehörde EMA vorerst nicht zu Einschränkungen bei der Anwendung des Corona-Impfstoffs von AstraZeneca. "Nach dem jetzigen wissenschaftlichen Stand gibt es keine Belege, die dafür sprechen, die Verwendung dieses Impfstoffs in irgendeiner Bevölkerungsgruppe zu beschränken", sagte EMA-Chefin Emer Cooke am Mittwoch.
Die Überprüfung von neuen Hinweisen auf die Gefahr spezieller seltener Blutgerinnsel im Gehirn laufe aber noch. Eine aktualisierte Empfehlung der EMA sei für die Sitzung ihres Sicherheitsausschusses vom 6. bis 9. April zu erwarten. In Deutschland wird dieser Impfstoff seit Dienstag nur noch für Menschen ab 60 Jahren uneingeschränkt empfohlen. Diese Entscheidung obliege den deutschen Behörden, sagte Cooke.
Bisher habe die Überprüfung keine besonderen Risikofaktoren ergeben, etwa Alter, Geschlecht oder frühere Blutgerinnsel, sagte Cooke. "Ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Impfstoff ist nicht bewiesen, aber er ist möglich und die weitere Analyse läuft." Die EMA habe am 18. März erklärt, dass der Nutzen des AstraZeneca-Impfstoffs bei der Abwehr von COVID-19 höher sei als die Risiken von Nebenwirkungen. "Unsere Position hat sich nicht geändert", sagte Cooke.
Nach Angaben der EMA wurden in der gesamten Europäischen Wirtschaftszone EEA bis 22. März 44 Zwischenfälle mit Blutgerinnseln im Gehirn gemeldet - bei einer Gesamtzahl von 9,2 Millionen Impfungen mit AstraZeneca. Die in Deutschland registrierten Fälle seien nicht alle in der Zahl enthalten. In der EEA seien 14 Todesfälle registriert worden, aber nicht alle im Zusammenhang mit Gerinnseln im Gehirn, sagte Cooke.
EMA-Experte Peter Arlett wies darauf hin, dass AstraZeneca im Januar, Februar und Anfang März besonders häufig an Frauen verimpft worden sei. "Es gibt ein Verhältnis von etwa zwei zu eins - Frauen gegenüber Männern - und es waren tatsächlich häufig jüngere Frauen", sagte Arlett.
Im direkten Vergleich zu anderen in der EU verwendeten Impfstoffen wurden nach Cookes Worten bei AstraZeneca mehr Zwischenfälle gemeldet: Es waren 4,8 Fälle je eine Million Fälle; beim Corona-Impfstoff von BioNTech/Pfizer waren es 0,2 Fälle je eine Million Fälle und bei Moderna statistisch 0,0 Fälle - allerdings wurde dieser Impfstoff viel seltener verwendet, wie Cooke sagte.
Geimpften riet die EMA, auf die entfernte Möglichkeit der sehr seltenen Blutgerinnsel zu achten. Bei entsprechenden Symptome sollten sie sofort medizinischen Rat einholen, hieß es weiter.
GENF (dpa-AFX)
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