Ein Vergleich

Großer Crash voraus? Die Situation an den Märkten scheint schlimmer als vor dem Platzen der Dot.com-Blase

10.03.17 17:07 Uhr

Großer Crash voraus? Die Situation an den Märkten scheint schlimmer als vor dem Platzen der Dot.com-Blase | finanzen.net

Die derzeitige Hausse am US-Aktienmarkt läuft nun bereits acht Jahre. Seit März 2009 gab es im Dow Jones Industrial als weltweiten Leitindex keine wirklich größere Baisse. Doch ein Vergleich mit den 1990er Jahren zeigt, dass aus fundamentaler Perspektive dunkle Wolken aufgezogen sein könnten.

Mit einem Kursanstieg von rund 220 Prozent legte der Dow Jones Industrial seit seinem letzten markanten Tiefpunkt im März 2009 eine fulminante Rally hin. Die Hausse scheint ins neunte Jahr zu gehen und zählt somit zu einer der am zeitlich längsten und auch gewinnträchtigsten Aufschwungsphasen seit Bestehen des Leitindex.
Neben dem grandiosen Anstieg des Dow Jones Industrial ist auch die Konjunktur der weltweit führenden Wirtschaftsnation USA seit 2009 wieder auf Expansionskurs. In den letzten Jahren wurde keine Rezession ausgerufen. Das Bruttoinlandsprodukt steigt. Daneben kletterten einige der vielbeachteten Wirtschaftsindikatoren - darunter beispielsweise das Verbrauchervertrauen des Conference Boards - auf Hochs, die viele Jahre nicht gesehen wurden. Die US-Arbeitslosenquote zeigt sich so niedrig wie lange nicht mehr. Alles in allem scheint es sehr gut auszusehen für die US-Wirtschaft als Weltleitwirtschaft.

Trügt der schöne Schein?

Geht es nach dem US-Beratungsunternehmen 720 Global, welches die Entwicklung vor dem Platzen der Tech-Blase im Jahr 1999 mit der Entwicklung der letzten Jahre verglichen hat, so könnte der positive fundamentale Schein auch trügen. Laut einer Analyse von 720 Global vom 28. Februar 2017 war das Wirtschaftswachstum im Zeitraum von 1995-1999 deutlich höher als im Zeitraum von 2012 bis 2016. Und wichtig: Das Wachstum der Unternehmensgewinne lag in den 1990er Jahren ebenfalls höher als zuletzt. Kein Wunder: Das Wirtschaftswachstum und das Wachstum der Unternehmensgewinne stehen grundsätzlich in positiver Beziehung zueinander - steigt das Wirtschafstwachstum, so steigen in der Regel auch die Unternehmensgewinne und umgekehrt. Und weiter: Die Staatsverschuldung sowie die Verschuldung der Privathaushalte und Unternehmen in Prozent des Bruttoinlandsprodukts lagen zuletzt auf einem Niveaulevel, welches die 1990er Jahre deutlich übertrifft. Daneben scheint der US-Aktienmarkt - gemessen am speziell berechneten Kurs-Gewinn-Verhältnis CAPE zum Zehnjahresdurchschnitt des Wachstums des US-Bruttoinlandsprodukts - ziemlich überbewertet zu sein. Der aktuelle Boom am Aktienmarkt scheint somit auf einem schwächeren wirtschaftlichen Fundament zu stehen, als in der Aufschwungsphase der 1990er Jahre. Damals baute sich diese Überbewertung in einer der längsten und heftigsten Baissephasen ab. Der Dow Jones Industrial sackte bis zu seinem Tiefpunkt im Jahr 2002 um rund 40 Prozent ab.

Muss es einen Crash geben??

Aus fundamentaler Perspektive scheint die aktuelle Rally am US-Aktienmarkt von Allzeithoch zu Allzeithoch auf wackligen Beinen zu stehen. Doch Fundamentaldaten allein sind am Aktienmarkt nicht immer die besten Ratgeber gewesen. Der Aktienmarkt wird ferner von psychologischen Aspekten getrieben. Diese zeigen bis dato kaum eindeutige Warnsignale für ein Ende der langjährigen Hausse - im Gegenteil. Wir scheinen uns in einer Rally zu befinden, an der offenbar kaum jemand teilnimmt. Hierauf wies unter anderen bereits Mitch Zacks von Zacks Investment Management im Sommer 2016 hin. Er beruft sich dabei auch auf den Stimmungsindikator, der einmal wöchentlich von der American Association of Individual Investors (AAII) veröffentlicht wird.
Zu viel Pessimismus und Skepsis unter den Anlegern - oder die Abwesenheit von übertriebenen Optimismus - kann als ein Indiz für weiter steigende Aktienmärkte gedeutet werden. Die Anzahl der bullisch und bärisch gestimmten Anleger aus der Befragung der American Association of Individual Investors (AAII Sentiment Survey) spricht auch am 1. März 2017 noch klare Worte. Mit einem bullischen Wert um den langjährigen Durchschnitt und einem bärischen Wert über dem langjährigen Durchschnitt scheinen Alarmsignale für den US-Aktienmarkt vom Stimmungsbarometer her in weiter Ferne. Zu einem Alarmsignal für ein mögliches Hausseende würde es tendenziell erst kommen, wenn entweder die prozentuale Anzahl der Bullen einen sehr hohen Wert erreicht oder sich die Anzahl an bärisch gestimmten Anlegern sehr niedrig zeigt. Mehr hierzu ist bei Bedarf in Wayne A. Thorp´s im Jahr 2004 erschienenen Beitrag "Using Investor Sentiment as a Contrarian Indicator" in Computerized Investing nachzulesen.

Fazit

Gemessen an einer Reihe von fundamentalen Daten scheint der US-Aktienmarkt auf dem aktuellen Niveau kein wirklich tragendes Fundament mehr zu besitzen. Das Beratungsunternehmen 720 Global hat hierzu einige wichtige Kennzahlen präsentiert. Dennoch zeigt ein Blick in die Historie, dass eine Aktienmarkthausse noch lange andauern kann, auch wenn die Fundamentaldaten auf Baisse programmiert sind. Es bringt somit wohl wenig, auf einen fallenden Aktienmarkt zu wetten, nur weil eine Reihe von Fundamentaldaten Warnzeichen geben. Für eine korrekte Prognose eines möglichen Crashs - insofern überhaupt möglich - sind weitere Indikatoren heranzuziehen. Die Technische Analyse und auch die Behavioral Finance bieten hierfür einen bunten Strauß an verschiedensten Methoden.



Redaktion finanzen.net

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