Nokia: Finnen wollen wieder Nummer 1 werden
Mit Alcatel rückt der ehemalige Handy-Weltmarktführer dem Primus der Mobilfunknetzausrüster Ericsson auf die Pelle. Was die Fusion den Aktionären der Finnen bringt.
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von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag
Die Vision eines europäischen Konzerns, der ähnlich wie Airbus bei Flugzeugen als Ausrüster die Telekomnetze dominiert, fasziniert Alcatel-Aufsichtsratschef Philipe Camus schon länger. Jetzt läuft der Test für sein Modell in der Praxis. Die am Mittwoch verkündete Übernahme von Alcatel durch Nokia ist für den 66-Jährigen die Krönung monatelanger Geheimdiplomatie unter dem Codewort "Nebraska".
Nokia, der einstige Handy-Weltmarktführer aus Finnland, der sein Mobiltelefongeschäft 2013 für mehr als fünf Milliarden Euro an Microsoft verkauft hatte, zahlt für den französischen Konkurrenten 15,6 Milliarden Euro in eigenen Aktien. Zwar ist Alcatel-Lenker Michel Combes auf die Finnen zugegangen, Chef des größeren Konzerns soll jedoch Nokia-Boss Rajeev Suri werden.
Nokia muss Alcatel sanieren
Entscheidend für den langfristigen Erfolg des neuen Unternehmens ist aus Sicht von Analysten und Ratingagenturen, dass es Suri gelingt, Alcatels Profitabilität deutlich zu verbessern. "Wir warten seit acht Jahren vergebens darauf, dass Alcatel das in den Griff bekommt. Deshalb sind wir vorerst skeptisch, ob Nokia das schaffen kann", sagt Matthias Hellstern von der Ratingagentur Moody’s.Alcatel hat eine starke Position bei Breitbandnetzen, die Daten via DSL, Glasfaser oder Kabel übertragen. Seit die Franzosen 2006 den US-Konkurrenten Lucent übernommen haben, verfügen sie zudem über wertvolle Kundenbeziehungen zu Amerikas größten Telekomkonzernen AT & T und Verizon.
Zusammen mit Alcatel läge Nokia im schnell wachsenden Markt für Mobilfunknetze laut Analysehaus Bernstein Research knapp hinter Branchenprimus Ericsson, aber deutlich vor Billiganbieter Huawei aus China. Die ehrgeizige zukünftige Nummer 2 der Telekomnetzausrüster würde weltweit 114.000 Mitarbeiter und 26 Milliarden Euro Umsatz einfahren. Den Deal muss Nokia-Chef Suri in Frankreich jedoch auch auf politischer Ebene durchbringen. Präsident François Hollande drängt auf Arbeitsplatzgarantien und fordert zusätzliche Stellen in Forschung und Entwicklung. Nokia stellte 500 Jobs in Aussicht.
Aktionäre murren leise
Dennoch bleiben Einsparungen der wesentliche Treiber der Fusion. Um gegenüber Ericsson und dem Kostenschreck der Branche, Huawei, effizienter zu werden, sollen die Kosten im operativen Geschäft in fünf Jahren um 900 Millionen Euro gesenkt werden. Durch die Umwandlung von Anleihen in Aktien sollen bis 2017 zusätzliche 200 Millionen Euro Zinsen gespart werden.Murren ist bisher lediglich bei Alcatel-Aktionären zu vernehmen. Statt der erhofften gut fünf Euro pro Aktie erhalten sie mit 0,55 neuen Nokia-Papieren pro Aktie rechnerisch nur 4,27 Euro. Der mögliche Widerstand von Anteilseignern des Konzerns wird nach Einschätzung von Beobachtern jedoch nicht ausreichen, um die für den Zusammenschluss notwendige Annahmequote von 50 Prozent zu gefährden. Die Fusion sollte deshalb nach Einschätzung von Analysten der US-Investmentbank Jefferies bis Ende Mai 2016 abgesegnet sein.
Auch größere kartellrechtliche Hürden in wichtigen Märkten wie Amerika oder China sind nach Einschätzung der Experten nicht wahrscheinlich. In China, wo einheimische Ausrüster wie Huawei und ZTE dominieren, erhielten westliche Konkurrenten generell 30 Prozent der Aufträge. Davon werde Nokia künftig einen größeren Anteil abbekommen - ohne dass die Fusion die Auswahl der Ausrüstungsanbieter für Telekomriesen wie China Mobile signifikant einschränke, schätzen die Analysten von Jefferies.
Für Aktionäre wird sich die Vision von Alcatel-Aufsichtsrat Camus indes nur bezahlt machen, wenn die Alcatel-Manager den Sanierer Suri ohne Vorbehalte unterstützen.
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