Drei deflationäre Kräfte

Cathie Wood widerspricht Jack Dorsey: Es wird keine Hyperinflation geben

01.11.21 23:40 Uhr

Cathie Wood widerspricht Jack Dorsey: Es wird keine Hyperinflation geben | finanzen.net

Twitter-Chef Jack Dorsey nährte kürzlich Inflationsängste, indem er von einer Hyperinflation sprach, die bereits begonnen habe. Doch nicht jeder teilt seine Meinung. Kritik an Dorseys Aussagen kam insbesondere von ARK Invest-Chefin Cathie Wood, die detailliert erläuterte, warum die Inflation ihrer Meinung nach schon bald nachlassen werde.

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• Cathie Wood widerspricht Dorseys Aussagen zu Hyperinflation
• Geldumlaufgeschwindigkeit zu gering für Inflation
• Wood sieht drei deflationäre Kräfte

Unter einer Hyperinflation versteht man im Allgemeinen einen schnellen und ungezügelten Preisanstieg, der zu monatlichen Inflationsraten von 50 Prozent oder mehr führt. Eine solche galoppierende Inflation prophezeite Twitter-Chef Jack Dorsey kürzlich in einem Tweet zunächst für die USA und anschließend für die gesamte Welt. "Die Hyperinflation wird alles verändern. Es geschieht bereits", warnte er auf Twitter. Doch obwohl der Inflationsdruck in den USA im September überraschend zugenommen hat und die Jahresinflationsrate mit 5,4 Prozent auf dem höchsten Niveau seit 2008 lag, glaubt Star-Investorin Cathie Wood nicht, dass sich die Situation so sehr verschlimmern werde, dass es zu einer Hyperinflation kommt. Sie wies daher die Sorgen von Dorsey in mehreren ausführlichen Tweets zurück und erklärte, dass es sogar drei starke deflationäre Kräfte gebe, die der kurzfristigen Inflation entgegenwirken würden.

Cathie Wood: Inflation wird vorübergehen

Wie Wood auf Twitter schrieb, habe sie selbst in den Jahren 2008 bis 2009, als die US-Notenbank mit ihrem QE-Programm begonnen hat, eine stark steigende Inflation befürchtet. Diese Sorge habe sich aber nicht bewahrheitet, da die Geldumlaufgeschwindigkeit nachgelassen und so die Gefahr einer Inflation gebannt habe. Auch jetzt würde die Geldumlaufgeschwindigkeit noch fallen, so die Investorin, die sich daher nicht vor einem starken Anstieg der Verbraucherpreise fürchtet.

Doch nicht nur die langsamere Geldumlaufgeschwindigkeit ist für Wood ein Grund zur Entwarnung, sie sieht auch "drei Quellen der Deflation, die die durch Engpässe in der Lieferkette entstandene Inflation übermannen werden, die aktuell Chaos in der Weltwirtschaft stiftet". Zwei dieser deflationären Kräfte seien dabei langfristig und eine zyklisch, erklärte die Gründerin von ARK Invest bei Twitter.

Diese Faktoren wirken laut Cathie Wood deflationär

Als "mächtigste Kraft", die deflationär wirke, bezeichnete sie dabei die "durch technologischen Fortschritt ermöglichte Innovation", allen voran künstliche Intelligenz. So würden laut Wood die KI-Trainingskosten mit einer Jahresrate von 40 bis 70 Prozent fallen. Da KI voraussichtlich jeden Sektor in den kommenden fünf bis zehn Jahren transformieren werde, seien diese Preisrückgänge "eine rekordbrechende deflationäre Kraft". "Wenn Konsumenten und Unternehmen glauben, dass die Preise in Zukunft fallen werden, werden sie mit dem Kauf von Gütern und Dienstleistungen warten und so die Geldumlaufgeschwindigkeit drücken", führte die Starinvestorin weiter aus - und wenn weniger Geld im Umlauf sei, wirke sich das deflationär aus.

Als zweite langfristig wirkende deflationäre Kraft nannte Cathie Wood die "kreative Zerstörung". Ihrer Meinung nach hätten viele Firmen nach den letzten Krisen kurzfristig orientierte Anteilseigner hofiert, die nicht auf Gewinne und Dividenden warten wollten. Die Unternehmen hätten daher "ihre Bilanz gehebelt um Dividenden zu zahlen und Aktien zurückzukaufen", aber nicht genug in Innovation investiert, kritisierte die Investorin. Die Folge sei nun, dass sie wahrscheinlich ihre Schulden bedienen müssen, indem sie "zunehmend veraltete Waren mit Preisnachlässen verkaufen". Auch das sei Deflation, so Wood.

Als zyklischen Faktor, der der Inflation entgegenwirkt, sieht Cathie Wood die Auflösung der Lieferengpässe an - voraussichtlich zu Beginn des kommenden Jahres. Sie gibt allerdings zu, dass dieses Thema am kontroversesten sei. Da viele Unternehmen während der Corona-Pandemie schließen mussten und auf dem falschen Fuß erwischt wurden, als der Konsum während der Krise anzog, würden viele Firmen immer noch darum kämpfen, wieder aufzuholen. Dabei hätten sie wahrscheinlich das Zwei- oder Dreifache von dem bestellt, was sie tatsächlich brauchen würden, so die Star-Investorin. Nach der Weihnachtssaison sollte es daher zu einem Überangebot und sinkenden Preisen kommen.

Ölpreis als Sonderfall

Besonders ausführlich widmete sich Cathie Wood auch noch dem Ölpreis, der kürzlich auf ein Mehrjahreshoch stieg. Der Ölpreis sei "ein Sonderfall und psychologisch wichtig", schrieb sie auf Twitter. Öl habe zwar mehrere Unterstützungsfaktoren auf der Angebotsseite gehabt, allerdings habe sich als Reaktion auf die "beinahe Vervierfachung der Ölpreise seit dem Tief im vergangenen Jahr, die Annahme von Elektro-Fahrzeugen beschleunigt" - und so den Grundstein für einen ernsten Preisrückgang auf längere Sicht beim schwarzen Gold gelegt.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Cindy Ord/Getty Images for Bloomberg Businessweek