Dirk Müller-Kolumne

Sport-Streaming pflügt die TV-Landschaft um

26.09.18 12:16 Uhr

Sport-Streaming pflügt die TV-Landschaft um | finanzen.net

Der heiß begehrte TV-Sportmarkt beginnt seine Abspielorte zu wechseln und lotet neue Erlösmodelle aus. Seit gut einem Jahr wagen sich Streaming-Angebote, alternativ auch: Video-on-demand und VoD im Internet nicht nur mit gut gemachter Spielfilmware aus den USA, sondern auch mit Live-Sport auf den Markt und beginnen, dem Pay-TV das Wasser abzugraben…

Wie gerne erinnere ich mich an meine Kindheitstage, als mein Vater am Samstagnachmittag vor dem alten Nordmende Röhrenradio saß und vollkommen in die Live-Übertragung der Fußball-Bundesliga versunken war. Welche Tragödien sich abspielten, wenn es ausgerechnet während der spannendsten letzten Minuten der Live-Konferenz-Schalte aller Spiele an der Haustür klingelte.

Jetzt steht der nächste Wechsel der Technologie an. "Alte" Revolutionäre wie Premiere/Sky werden von den neuen Streaming-Diensten abgelöst, die eine Abhängigkeit von Satelliten-Schüssel auf dem Dach oder TV-Kabel überflüssig machen und praktisch überall und in Echtzeit per LTE oder WLAN empfangen werden können.

Die Technik mag sich ändern, aber die Begeisterung bleibt. Ich werde nie vergessen, wie ich um ein Haar den Start einer vollbesetzten Lufthansa-Maschine verhindert hätte, weil auf meinem iPad die letzten Minuten eines Deutschlandspiels der WM 2014 liefen. Pilot und Crew standen mit mir in der Kaffeeküche und fieberten mit, während sich unser Zeitfenster für den Start immer weiter schloss. Mit dem Abpfiff rannte jeder auf seinen Platz und die Maschine war gerade noch rechtzeitig in der Luft. So etwas schafft kein Spielfilm und keine noch so gute Vorabendserie. Das schafft nur die Faszination von Live-Sport. Wenn schon nicht selbst im Stadion, dann zumindest live - dabei. Völlig unvorstellbar, sich ein Formel 1- Rennen oder ein WM-Finale zwei Stunden zeitversetzt oder gar am nächsten Tag anzusehen…wer weiß, wer mir bis dahin das Ergebnis verrät.

Kein Wunder, dass die Menschen immer eher bereit sind für diese Emotionen Geld zu bezahlen. Ob Porno, Gaming oder eben Sport. Es sind die Emotionen, die das Geld locker machen. Kein Wunder also, dass um diese Geldquellen herum immer wieder Verteilungskämpfe stattfinden. Mit den schnellen mobilen Internetverbindungen werden diese Geschäftsfelder erst richtig möglich. Kann ich eine Fernsehserie auch aufzeichnen und nächste Woche ansehen, so will ich das Champions League Finale live erleben. Wenn ich dabei gerade im Zug nach Braunschweig sitze, dann eben dort. Folglich sind es gerade die Sportereignisse, die prädestiniert dafür sind auf das mobile Gerät und somit in die Hosentasche zu wandern.

Der Kampf um die Marktanteile beginnt gerade erst und am Ende werden nur wenige große Player überleben. Diejenigen mit den tiefsten Taschen werden den Bieterkampf um Fußball, Formel 1 und Superbowl-Rechte in immer abenteuerlichere Höhen treiben, die Konkurrenz ausschalten und selbst die Pole-Position einnehmen. So wie es Amazon beim Onlinehandel vorgemacht hat. Erst dann beginnt die Zeit der Ernte, in der man die wahnwitzigen Kampfkosten wird einspielen können. Ob all das den ursprünglichen Werten des Sports dienlich ist - oder ob das am Ende wirklich dem Sportbegeisterten hilft. Wir werden sehen. In jedem Fall ist es ein weiterer Milliarden-U$-Markt und es ist ein großer Sport herauszufinden, wer das Amazon der Sportübertragung werden wird. Dass inzwischen auch E-Sports (Live-Übertragung von Computerspielen) Millionen in ihren Bann ziehen, macht das Geschäftsmodell breiter und attraktiver.

Dirk Müller ist Deutschlands bekanntester Wirtschafts- und Börsenexperte, mehrfacher Spiegel-Bestseller Autor, Politikberater und Initiator des Dirk Müller Premium Aktien Fonds. Als erfolgreicher Internet- und Medienunternehmer gründete er das Finanzinformationsportal Cashkurs.com und die Börsenbriefe Cashkurs-Trends.de und Cashkurs-Gold.de. Er gilt als „Dolmetscher zwischen den Finanzmärkten und den Menschen außerhalb der Börse“. Heute ist er das bekannteste Gesicht des Börsenparketts. Von vielen Medien wird er daher auch gerne „Mr. DAX“ genannt.

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