Die richtige Mischung

Kundenliebling: Warum Anleger besser zur Beiersdorf-Aktie greifen sollten

12.10.19 15:00 Uhr

Kundenliebling: Warum Anleger besser zur Beiersdorf-Aktie greifen sollten | finanzen.net

Henkel versus Beiersdorf: Starke Marken garantieren nicht immer starke Resultate in der Aktien-Performance. Warum Beiersdorf den Rivalen Henkel an der Börse abhängt.

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von Sven Parplies, Euro am Sonntag

Fast jeder fünfte Deutsche ist ­tätowiert - und fast jede zweite Frau im Alter zwischen 25 und 34. Das ist eine große Kundengruppe, die Beiersdorf künftig gewinnen will - mit einer Pflegeserie speziell für die Bedürfnisse tätowierter Haut. In der Bilanz des DAX-Konzerns dürfte der Produktstart, der in diesen Tagen erfolgt, zunächst keine sichtbaren Spuren hinterlassen, weil das Volumen klein ist. Die Botschaft ist aber klar: Beiersdorf will ein innovatives Unternehmen sein.

Konsumgüterhersteller sind in einer angenehmen Lage: Hautcreme oder Shampoo sind Produkte des täglichen Bedarfs. Starke Marken wie Nivea haben eine treue Kundschaft. Die Nachfrage wird darum kaum von der allgemeinen Wirtschaftslage beeinflusst. Während der globalen Finanzkrise vor zehn Jahren, als viele Konzerne tief in die roten Zahlen stürzten, schrumpfte der operative Gewinn von Beiersdorf in der Spitze um weniger als neun Prozent. Ein Selbstläufer ist das Geschäft aber natürlich nicht: Der Konkurrenzkampf ist groß, kleine Marken machen den eta­blierten Herstellern das Leben schwer. Beiersdorf hat reagiert: Zu Jahresbeginn senkte Konzernchef Stefan De Loecker das Margenziel und will im Gegenzug mehr Geld in neue Produkte und die ­Digitalisierung investieren. Bislang geht die Strategie auf. Der Umsatz der Kosmetiksparte, der für Beiersdorf wichtigste Geschäftsbereich, wuchs in den ersten sechs Monaten um 5,3 Prozent. Das liegt leicht über dem fürs Gesamtjahr angestrebten Korridor von drei bis fünf Prozent. Der größte Umsatzposten ist dabei Nivea, der wichtigste Wachstumstreiber die Luxusmarke La Prairie. Dort kosten Cremetöpfe in der Spitze über 1.000 Euro. Der Umsatz der Marke wuchs im ersten Halbjahr um 27 Prozent.

Klebriges Problem


Während Beiersdorf in diesem Jahr kräftig an Wert gewonnen hat, steht der Rivale Henkel unter Druck. Auch die Düsseldorfer produzieren Konsumgüter, setzen aber auf eine andere Mixtur. Die größte Sparte ist das Klebstoffgeschäft, das bei Beiersdorf nur ein Randbereich ist. Geklebt wird fast überall im produzierenden Gewerbe, unter anderem in der Autoindustrie. Rund die Hälfte des Umsatzes der Sparte komme aus zyklischen Branchen, schätzt die Deutsche Bank. Der Handelskrieg und die globale Konjunkturabkühlung sind darum für Henkel ein großes Problem.

Zyklische Schwächephasen der Klebstoffsparte hat Henkel in der Vergangenheit meist mit seinen anderen Geschäften auffangen können. Das allerdings funktioniert nicht mehr. Denn der Wettbewerb ist auch dort härter geworden: Bei Waschpulver oder Shampoo ist die Eintrittsbarriere für Wettbewerber niedriger als bei Kosmetikartikeln, im Luxussegment ist Henkel nicht vertreten. Mit Procter & Gamble haben die Rheinländer zudem einen mächtigen internationalen Rivalen, der seine Investitionen zuletzt deutlich hochgefahren hat und Marktanteile gewinnt.

Die Geschäftszahlen von Henkel sind enttäuschend: Im August hat Konzernchef Hans van Bylen die Jahresziele für 2019 gesenkt. Der Umsatz soll bestenfalls um zwei Prozent steigen , der Gewinn im mittleren bis hoch einstelligen Prozentbereich schrumpfen. Das erklärt, warum Henkel in diesem Jahr zu den schlechtesten Werten im DAX zählt.

Ein einfaches Rezept für eine Trendwende gibt es nicht. Die Analysten von Bloomberg Intelligence sehen als Ausweg neue "grüne" Produkte, für die Kunden höhere Preise zu zahlen bereit wären. Womöglich müsse das Management das Budget für Investitionen nochmal aufstocken. Eine radikale Lösung wäre eine Aufspaltung von Henkel.

Die Klebstoffsparte ist der aus Sicht der Börse langfristig attraktivste Teil des Konzerns. Henkel ist in diesem Bereich Weltmarktführer, die Umsatzrendite mit zuletzt 17,4 Prozent deutlich größer als in den beiden anderen Konzernsparten. Innerhalb des Konglomerats kommt der Wert des Klebstoff­geschäfts aber nicht richtig zur Geltung, weil Börsianer komplexe Unternehmen mit einem Bewertungsabschlag bestrafen. Die Investmentbank JP Morgan beispiels­weise zieht bei ihrer Kurszielberechnung der Henkel-Aktie pauschal zehn Prozent ab.

Auch bei Beiersdorf könnte es Bewegung geben. Die Hanseaten wirtschaften extrem konservativ. In der Bilanz steht eine Nettoliquidität von mehr als vier Milliarden Euro. Zudem hält der Konzern knapp zehn Prozent seiner Aktien. Dieses Polster gibt zwar Sicherheit, könnte aber konstruktiver eingesetzt werden. Das Bankhaus Lampe kalkulierte unlängst, dass Beiersdorf rund 9,5 Milliarden Euro investieren kann, ohne seine gute Bonität zu gefährden.

Ein erster Schritt ist gemacht: Im Frühjahr übernahm der Konzern für 550 Millionen Dollar die Sonnenschutzmarke Coppertone von Bayer, die das Geschäft der Hanseaten insbesondere in den USA stärkt. Die erste größere Übernahme seit zwölf Jahren weckt Hoffnungen, dass der Konzern seine ­Finanzreserven künftig tatsächlich produktiver einsetzt. Wahrscheinlicher als ein ganz großer und teurer Deal sind kleinere Zukäufe nach dem Vorbild Coppertone, die Schwachstellen im Port­folio füllen. Die extrem konservative ­Bilanz würde damit als Schutzschild für wirtschaftlich ungemütliche Zeiten erhalten bleiben.

Ein Blick in die Statistik zeigt, dass die Aktie von Beiersdorf stark ist, wenn der DAX schwächelt: Seit Beginn des Millenniums hat der Index fünf Jahre mit Kursverlusten beendet und in diesen durchschnittlich 27 Prozent an Wert verloren. Beiersdorf hat die Krisenjahre mit minus vier Prozent nahezu unbeschadet überstanden.

Investor-Info

Beiersdorf
Defensive Qualitäten


Aufgrund seiner starken Bilanz ist der Hamburger Kosmetikkonzern als defensives Invest­ment beliebt. Analysten erwarten in den kommenden Jahren moderate Umsatzsteigerungen um rund fünf Prozent und ein leicht stärkeres Gewinnplus. Ein Manko bleibt die mickrige Dividende, die seit über zehn Jahren nicht gestiegen ist. Die charttechnische Unterstützung bei 100 Euro bietet eine Einstiegsgelegenheit.

Henkel Vz.
Turbulente Phase


Durch seine große Klebstoffsparte ist Henkel stärker von der Dynamik der Weltkonjunktur abhängig als viele andere Konsumgüterkonzerne. Das Umfeld für die Rheinländer dürfte angesichts der sich verschlechternden Konjunkturlage somit schwierig bleiben. Nach den zuletzt bereits schlechten Geschäfts­ergebnissen sollte das im Aktienkurs weit­gehend verarbeitet sein. Trotz der Krise ist Henkel weiter ein profitables Unternehmen und zuverlässiger Dividendenzahler. Halten.

MSCI World Consumer Staples
Die ganze Palette


Die Welt der Konsumgüterindustrie ist groß: 121 Unternehmen aus der Branche sind im MSCI World Consumer Staples Index gebündelt. Die größten Positionen sind der Nahrungsmittelhersteller Nestlé, der Markenriese Procter & Gamble und der Softdrinkhersteller Coca-Cola. Über einen börsengehandelten ­Indexfonds (ETF), wie ihn unter anderem ­Xtrackers anbietet, können Anleger kostengünstig in den Index investieren.






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Bildquellen: Henkel AG, Beiersdorf

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