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Liquidität hält Börsen am Laufen

17.03.15 10:44 Uhr

Liquidität hält Börsen am Laufen | finanzen.net

Die Fed hat Quantitative Easing (QE) beendet. Doch die Bank of Japan kauft weiter Wertpapiere. Und die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte 2015 ebenfalls mit dem Aufkauf von Staatsanleihen beginnen.

Die zusätzliche Liquidität sollte helfen, dass sich die Märkte auch im kommenden Jahr positiv entwickeln.

Das siebte Jahr der Hausse

Die Weltwirtschaft wächst weiter. Und der Preisauftrieb bleibt gering. Ein markanter Zinsanstieg ist damit 2015 nicht zu erwarten. Das Umfeld für Aktien bleibt positiv.

Tapering ist abgeschlossen, Quantative Easing (QE) ist damit in den USA beendet. Noch im Mai 2013 sorgte die Ankündigung, dass die Fed ihre Anleihekäufe senkt, für heftige Kursrückgänge an den internationalen Aktien- und Anleihemärkten. In der Phase, in der die Fed die Käufe senkte, blieb es dagegen an den Märkten ruhig. Und auch jetzt, rund einen Monat nach dem Ende von QE, zeigen sich die Märkte entspannt. Die Angst vor dem Ende von QE hat sich als übertrieben erwiesen.

Ein Grund dafür dürfte sein, dass die Fed ein gewaltiges Liquiditätspolster aufgebaut hat. Von Januar 2008 bis September 2014 hat die US-Notenbank im Rahmen von QE ihre Bilanzsumme von 903 auf 4.450 Milliarden US-Dollar erhöht. An der hohen Bilanzsumme wird sich so schnell nichts ändern. Denn die Fed hat unlängst versichert, dass sie auch nach dem Ende von QE auslaufende Bonds ersetzen und damit die Bilanzsumme stabil halten werde. Somit hat sie eine Schrumpfung der von ihr geschaffenen Liquidität ausgeschlossen, was die Investoren beruhigte.

Gegen knappe Liquidität spricht auch, dass Quantitative Easing von anderen Notenbanken weiterhin betrieben wird. So hat die Bank of Japan im Oktober ihre Zielgröße von bisher 60 bis 70 Billionen Yen auf 80 Billionen Yen jährlich erhöht. Und die EZB hat als Ziel eine Erhöhung ihrer Bilanzsumme um eine Billion Euro in den kommenden beiden Jahren festgelegt. Unwahrscheinlich ist, dass diese Ausweitung der Bilanz nur durch den Kauf von Asset Backed Securities, Covered Bonds und Langfristtendern (TLTRO) gelingen kann.

Wachsende Liquidität

Die Fed und die Bank of England haben ihre Wertpapierkäufe eingestellt, halten ihre Bilanzen aber konstant. Im Gegensatz dazu werden die EZB und die Bank of Japan ihre Bilanzen weiter ausdehnen. Insgesamt dürften damit die Bilanzsummen der Fed, der EZB, der Bank of Japan und der Bank of England weiter zunehmen. Die daraus resultierende zusätzliche Liquidität dürfte auch ihren Weg an die Finanzmärkte finden und dort die Kurse antreiben.

Markttreiber Liquidität

Entsprechend hat Notenbankchef Mario Draghi auf der EZB-Pressekonferenz Anfang November breit angelegte Staatsanleihekäufe (QE) in Aussicht gestellt. Auslöser dafür ist, dass die EZB-Bilanzsumme nicht im gewünschten Tempo steigt und die Inflationserwartungen weiter fallen. In diesem Jahr ist aber noch nicht mit einer Entscheidung zu rechnen. Erst im Dezember zeichnet sich ab, wie stark die zweiten Langfristtender (TLTRO) von den Banken nachgefragt wurden. Zudem dürfte der EZB-Rat sich Zeit nehmen, die Durchführung von Quantitative Easing zu planen.

Die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass die Bilanzausweitung von selbst gelingt. Und auch die Inflationserwartungen dürften sich nicht in die gewünschte Richtung entwickeln. Der Indikator der EZB - die aus Inflationsswaps berechnete Erwartung für die Inflation in fünf Jahren für die fünf Jahre danach - ist in den Vorwochen weiter gefallen. Die weiterhin langsam verlaufende wirtschaftliche Erholung in der Eurozone lässt erwarten, dass die Inflationserwartungen nicht anziehen werden. Angesichts dieser Entwicklung könnte der EZB-Rat 2015 für breit angelegte Staatsanleihekäufe stimmen. Am wahrscheinlichsten ist, dass sich die EZB im April 2015 dafür entscheidet. Der Grund: Die EZB dürfte das Urteil des Europäischen Gerichtshofs über Outright Monetary Transactions (Kauf von kurzfristigen Staatsanleihen durch die EZB) abwarten, das im ersten Quartal 2015 fallen soll.

Die von den Notenbanken zur Verfügung gestellte Liquidität wächst international weiter. Doch der Kurs, den die Notenbanken einschlagen, ist unterschiedlich. Die Fed hält nach dem Ende von Tapering ihre Bilanzsumme stabil. Sie liegt damit auf Linie mit der Bank of England, die den Ausstieg aus Quantitative Easing bereits im vierten Quartal 2012 vollzogen hat. Im Gegensatz dazu hat die Bank of Japan gerade beschlossen, die Kaufsumme für heimische Staatsanleihen, Aktien-ETFs und J-Reits auszuweiten. Die EZB startet dagegen mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Staatsanleihekäufe im kommenden Jahr. Das Bundesverfassungsgericht hat zu OMT bereits geurteilt, dass die EZB dabei gerecht vorgehen müsse. Das lässt erwarten, dass die Frankfurter Währungshüter ihre Staatsanleihekäufe gewichtet durchführen werden - nach Bevölkerungsanteil und Wirtschaftskraft.

In der divergenten Geldpolitik der Notenbanken spiegelt sich das unterschiedliche Wachstumstempo der Ökonomien. So erwarten wir1, dass die US-Wirtschaft 2015 um 3,2 Prozent wachsen wird. In Großbritannien dürfte das Wachstum mit 2,8 Prozent etwas niedriger ausfallen. Eine geringe wirtschaftliche Dynamik erwarten wir dagegen in der Eurozone und in Japan. Hier rechnen wir für 2015 nur mit einem Wachstum von 1,2 Prozent. Ein Blick auf die Wachstumsraten der Länder in der Eurozone zeigt aber auch, dass sich die Wachstumsraten zwischen den Kern- und Peripherieländern annähern - ein deutliches Zeichen dafür, dass die begonnenen Strukturreformen in den Peripherieländern greifen. Monetäre Divergenzen

Bilanzausweitung gewünscht

Die Rückzahlung von Langfristkrediten der Banken an die EZB führte zu einer Bilanzschrumpfung. Mit neuen TLTROs steuert die EZB dagegen. Doch dies dürfte nicht zu einer markanten Bilanzausweitung führen. Das lässt erwarten, dass die EZB 2015 ihre Bilanz über "public QE" ausdehnt.

Monetäre Divergenzen

Fallende Inflationserwartungen

Das geringe Wachstum führt zu geringem Preisauftrieb in der Eurozone. Die Entwicklung des Inflationsindikators der EZB signalisiert, dass die Marktteilnehmer auch ihre Inflationserwartungen reduzieren. Sie zweifeln daran, dass den Währungshütern eine Erhöhung des Preisauftriebs gelingt.

Zinsdifferenzen beachten

Die wachsende Divergenz in der Geldpolitik sowie die unterschiedlichen Wachstumstempi finden in den Anleiherenditen ihren Niederschlag. So sind die Renditen für Staatsanleihen in den USA und in Großbritannien weit höher als in der Eurozone, in Deutschland oder in Japan.

Die zunehmenden Divergenzen in der Geldpolitik haben Auswirkungen auf die Kapitalmärkte. Der Aufkauf von Staatsanleihen durch die Zentralbanken in der Eurozone und in Japan spricht dafür, dass die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen und JGBs sich im kommenden Jahr wenig bewegen. In der Eurozone dürften sich aufgrund von QE auch die Zinsdifferenzen zwischen den Peripherie- und den Kernländern einebnen. Und auch Covered Bonds und Unternehmensanleihen dürften durch EZB-Käufe Auftrieb erhalten. Für Unternehmensanleihen spricht zusätzlich, dass die langsam voranschreitende Konjunkturaufhellung zu einer Verbesserung der Bilanzqualität führt.

Große Auswirkungen dürfte die divergierende Geldpolitik auf die Entwicklung der Wechselkurse haben. So verlor der japanische Yen nach der Wahl von Shinzo Abe zum Ministerpräsidenten im Dezember 2012 deutlich an Wert. Bereits im Vorfeld reagierten die Märkte auf Abes Plan, die Geldbasis bis Ende 2014 zu verdoppeln. Die Ende Oktober angekündigte Ausweitung von Quantitative Easing hat den Yen nochmals geschwächt. Und auch der Euro neigt gegenüber dem US-Dollar seit Mitte 2014 zur Schwäche. Beginnt die EZB im kommenden Jahr mit dem Kauf von Staatsanleihen, könnte sich die Euroschwäche gegenüber dem US-Dollar verstärken. International agierende Investoren, die in US-Dollar rechnen, sollten entsprechend über eine Absicherung ihres Wechselkursrisikos nachdenken.

Genau wie bei Anleihen müssen Investoren auch bei Aktien im kommenden Jahr regional stärker segmentieren. Die US-Unternehmen haben in den Vorjahren ihre Produktivität bereits kräftig gesteigert. Hohe Gewinnsteigerungen sind daher in den USA nicht zu erwarten. Zudem dürften die im S&P 500 enthaltenen Unternehmen durch die Aufwertung des US-Dollar Gegenwind erhalten. Basierend auf einer Analyse von CLSA betrug der Exportanteil am Umsatz der im S&P 500 enthaltenen Unternehmen 46 Prozent 2. Die Aufwertung des US-Dollar dürfte das Exportgeschäft belasten und damit den Gewinnanstieg bremsen.

Wechselkursentwicklung beachten

Die Zinsdifferenzen beeinflussen den Außenwert der Währungen. So sorgten niedrige Zinsen in Japan und steigende Zinsen in den USA für einen Wertverlust des Yen gegenüber dem US-Dollar. Auch der Euro könnte gegenüber dem US-Dollar weiter verlieren.

Europa hat Nachholpotenzial

Nachholpotenzial vorhanden

In puncto Produktivitätssteigerung liegen die US-Unternehmen weit vor der europäischen Konkurrenz. Das spricht dafür, dass es in Europa noch erhebliches Nachholpotenzial gibt. Die Aktien des alten Kontinents dürften zusätzlich vom sich langsam beschleunigenden Wirtschaftswachstum in der Eurozone profitieren.

Niedrig bewertet

Ein Vergleich der Kurs-Gewinn-Verhältnisse zeigt, dass der MSCI Emerging Market Index einen erheblichen Bewertungsabschlag gegenüber dem S&P 500 aufweist. Erhebliche Gewinnrevisionen sorgten in den letzten Jahren mit für diese Entwicklung. Derzeit ist eine erste Stabilisierung der Unternehmensgewinne zu beobachten. Für einen breiten Einstieg dürfte es aber noch zu früh sein.

Die bereits erreichte hohe Profitabilität und die Aufwertung des US-Dollar machen die Aktienauswahl in den USA schwierig. Anders sieht es dagegen in der Eurozone aus. Europäische Aktien sind zwar im Vergleich zu ihren Pendants in den USA höher bewertet. Eine signifikante Erhöhung der Produktivität fand jedoch in den Vorjahren nicht statt. Damit besteht in diesem Punkt Aufholpotenzial. Zudem befindet sich Europa noch auf einer wirtschaftlichen Durststrecke. Wird diese überwunden, bekommen die Unternehmensgewinne zusätzlichen Schwung. Eine Erhöhung der Kurs-Gewinn-Verhältnisse, die den Aktien zusätzlichen Auftrieb geben würde, stufen wir aufgrund des bereits erreichten Niveaus sowohl in Europa als auch in den USA als unwahrscheinlich ein. Insgesamt erwarten wir im kommenden Jahr eine positive Entwicklung an den Aktienmärkten in den Industrieländern, wobei die europäischen Börsen den Kursaufschwung anführen dürften.

Ein Blick auf die Kurs-Gewinn-Verhältnisse zeigt, dass Aktienmärkte in den Schwellenländern günstig geworden sind. Doch die Unternehmensgewinne wachsen weiterhin sehr langsam. Fallende Rohstoffpreise stellen zudem für die rohstoffexportierenden Länder eine Belastung dar. Für einen breiten Einstieg ist es deshalb noch zu früh. Die Schwellenländer in Asien glänzten schon in diesem Jahr mit einer Wachstumsrate von 6,5 Prozent. Für 2015 rechnen wir mit einem ähnlich hohen Wachstumstempo.

Die Hausse geht mittlerweile ins siebte Jahr. Die Bewertung der Aktien ist in dieser Zeit gestiegen. Auf Wirtschafts- und Unternehmensdaten dürften die Aktienkurse entsprechend stärker reagieren. Dennoch dürfte das Umfeld für Aktien 2015 insgesamt günstig bleiben. Zum einen sorgt das Umfeld niedriger Zinsen für Kapitalzuflüsse an den Aktienmärkten. Zum anderen rechnen wir mit einer moderaten Beschleunigung des Weltwirtschaftswachstums. Aufgrund der freien Produktionskapazitäten dürfte die Inflation niedrig bleiben. Das spricht dafür, dass die Fed auch nach dem Ende ihrer ultralockeren Geldpolitik eine weiterhin lockere Geldpolitik betreiben wird. Erste moderate Leitzinserhöhungen der Fed erwarten wir erst ab dem dritten Quartal 2015. Das Goldilocks-Szenario bleibt uns damit auch im kommenden Jahr erhalten.

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