(K)eine griechische Tragödie
Griechenland will sowohl den Euro als auch geringere Sparauflagen, doch der Verhandlungsspielraum ist begrenzt
In antiken Tragödien sind Akteure so verstrickt, dass sie in eine ausweglose Lage geraten. Ähnlichkeiten mit der Situation in Griechenland sind unverkennbar. Auch die heutigen Akteure sind verstrickt - über die gemeinsame Währung. Der Unterschied: Sie befinden sich zwar in einer schwierigen, aber keineswegs in einer ausweglosen Lage.
Die Verhandlungen über die nötigen Reformen in Griechenland waren in der Vergangenheit nicht leicht und das dürfte auch in Zukunft so bleiben. Die künftige Regierung in Athen steht unter Druck, die Lasten der Bevölkerung aus der Spar- und Reformpolitik abzumildern. Die Troika, bestehend aus dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU-Kommission , muss im Gegensatz dazu darauf drängen, dass die Spar- und Reformpolitik fortgesetzt wird.
Mögliche Lösungen
Wie eine altgriechische Tragödie dürfte die Situation dennoch nicht enden. Die wirtschaftlichen Rahmendaten von Peripherieländern wie Griechenland haben sich seit 2009 deutlich verbessert. Nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise nahmen die Investoren vor rund fünf Jahren die Fehlentwicklung in der Eurozone ins Visier. In den Mittelpunkt rückten die Länder, die mehr Güter und Dienstleistungen importierten als exportierten. Griechenland, Irland, Portugal und Spanien sahen sich plötzlich mit einer neuen Situation konfrontiert.
Die jahrelange Finanzierung des Lebensstandards durch Kapitalzuflüsse aus dem Ausland führte in diesen Ländern zu einer Abhängigkeit und, als die Finanzierungsquellen dann versiegten, zu einer Zahlungsbilanzkrise. Zudem forderten ausländische Kapitalgeber die Rückzahlung alter Kredite. Damit waren der Staat, die privaten Haushalte und die Unternehmen gezwungen, ihre Ausgaben einzuschränken und mehr zu sparen. Mit der sinkenden Inlandsnachfrage verringerten sich die Importe, was zu einem Abbau der Leistungsbilanzdefizite beitrug.
Zudem musste die Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden. Diesen Anpassungsmechanismus beschrieb der damalige EZB-Chef Jean-Claude Trichet im März 2009 folgendermaßen1: "Produktions- und Arbeitsplatzverluste sind in diesen Ländern potente Stabilisatoren, die die langjährige Lücke zwischen inländischer Ersparnis und inländischer Investition schließen." Früher konnten die Südländer in Europa über eine Abwertung der Währung ihre Konkurrenzfähigkeit wieder herstellen. Mit der Einführung des Euro steht diese Maßnahme nicht mehr zur Verfügung.
Die Rückgewinnung der Konkurrenzfähigkeit - eine Voraussetzung für eine ausgeglichene Leistungsbilanz - wird in einer Währungsunion durch strukturelle Reformen erreicht, die sich allerdings auch negativ auf den Arbeitsmarkt auswirken. Entsprechend waren in den Südländern ein Rückgang der Löhne und Preise sowie eine Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts zu beobachten. Um die sozialen Kosten des Reformprozesses zu mildern, gewährten der IWF, die Regierungen innerhalb der Eurozone sowie die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) Schützenhilfe.
Begehrter Euro
Die Hilfsmaßnahmen sorgten dafür, dass Griechenland den Euro nicht aufgeben musste. Laut Umfragen wollen rund 80 % der Griechen den stabilen Euro behalten. Sowohl den Wählern als auch den Volksvertretern ist klar, was ein Ausstieg aus dem Euro bedeuten würde: Griechenland würde damit eine nationale Währung bekommen, die sofort gegenüber dem Ausland an Wert verlieren würde. Die Folgen wären Inflation und drastisch sinkende Kaufkraft.
Die künftige Regierung in Athen weiß zudem, dass der Verbleib in der Eurozone und ein Ende der Spar- und Reformpolitik nicht gleichzeitig möglich sind. Für umfangreiche Ausgabeprogramme benötigen Regierungen Kredite von Investoren. An den Kapitalmärkten ist die Bereitschaft dafür gering. Damit bleibt für eine neue Regierung nur, die Steuereinnahmen durch ein effizienteres Steuersystem zu erhöhen und mit der Troika über weitere Reformen zu verhandeln, um im Gegenzug weitere Erleichterungen bei den gewährten Krediten zu bekommen.
Die neue griechische Regierung wird die Alternativlosigkeit der aktuellen Situation erkennen. Und die Troika wird wie bisher Reformen fordern und finanzielle Unterstützung gewähren, um die sozialen Lasten abzumildern.
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