Deflation in der Eurozone - na und?
Wir rechnen in der Eurozone 2015 im Schnitt mit leicht sinkenden Preisen. Das ist zwar auch ein Zeichen der Schwäche, sorgt aber ebenfalls für positive Impulse.
Der Jahresbeginn ist für mich immer eine besondere Zeit. In den ersten Monaten führe ich viele Gespräche mit Kollegen, Vertriebspartnern und Kunden. Ich erkläre ihnen unsere Sicht der Welt, wie wir die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen sehen. Ich versuche, sie von unseren daraus abgeleiteten Anlagestrategien zu überzeugen, über alle Anlageinstrumente hinweg. Und ich weiß, dass sie solche Präsentationen nicht nur von mir hören. Natürlich helfen unsere Erfolge aus der Vergangenheit - bspw. der frühe Fokus auf Aktien, ohne die Früchte der Rentenrally liegen zu lassen. Doch davon können sich die Kundenbetreuer heute nichts kaufen, sie müssen jedes Jahr aufs Neue überzeugt werden. Das Thema, welches ihnen zur Zeit auf der Seele brennt, ist auch unser dringlichstes Sujet: Niedrigzins und Deflation.
Wir nehmen die Deflationssorgen nicht auf die leichte Schulter. Wir sahen uns sogar Anfang Februar gezwungen, einige unserer Prognosen für Ende 2015 anzupassen. In erster Linie aufgrund der niedrigeren Inflations- und Zinsniveaus zu Anfang des Jahres. Zwar hatten wir bei unserer Prognoseerstellung im November den fallenden Ölpreis und ein QE-Programm der EZB auf dem Zeiger gehabt. Doch der Ölpreis und die Renditen auf Staatsanleihen auf beiden Seiten des Atlantiks fielen tiefer, als irgendwer zu glauben vermochte. Unter anderem reduzierten wir daraufhin unsere Inflationserwartung für die Eurozone von 0,9 auf -0,2% und die Bundrendite von 0,95 auf 0,35%.1
Was die ökonomischen Analysen derzeit so erschwert, ist der Umstand, dass die Taten vieler Protagonisten der Hauptnachrichten schwer nachvollziehbar erscheinen. Handeln sie rational oder als Getriebene? Ist es noch im Sinne der OPEC, dass Öl bei rund 50 $/b notiert? Weiß zumindest die EZB, wie sie an genügend Staatsanleihen rankommt, um ihr geplantes Kontingent von 60 Mrd. Euro pro Monat zu erfüllen? Und spielten Stolz und Missverständnisse in den griechischen Verhandlungen schlussendlich eine wichtigere Rolle als taktische Manöver? Doch während die Griechenfrage weder die Aktienmärkte noch den Euro groß tangiert, werden die erwähnten Deflationssorgen uns wohl noch eine Weile begleiten. Warum wir hier keine Gefahr, sondern einen temporär positiv wirkenden Angebotsschock sehen, erfahren Sie in unserem Fokus.
Asoka Wöhrmann
Chief Investment Officer und Mitglied des Deutsche AWM Executive Committee
Mit 160 Milliarden Euro betreutem Kundenvermögen ist DWS Investments im Publikumsfondsgeschäft Marktführer in Deutschland*. 1956 gegründet, ist DWS Investments heute integraler Bestandteil der Deutschen Asset & Wealth Management, die weltweit fast eine Billion Euro** treuhänderisch für ihre Kunden verwaltet und eine der vier strategischen Säulen der Deutschen Bank ist.
¹ Deutsche Asset & Wealth Management ist der Markenname für den Asset-Management- und Wealth-Management-Geschäftsbereich der Deutsche Bank AG und ihrer Tochtergesellschaften. Die jeweils verantwortlichen rechtlichen Einheiten, die Kunden Produkte oder Dienstleistungen der Deutsche Asset & Wealth Management anbieten, werden in den entsprechenden Verträgen, Verkaufsunterlagen oder sonstigen Produktinformationen benannt.
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