Millionen versteckt?: Familie Schlecker wird Prozess gemacht

Unter großem Medien-Rummel hat am Montag der Prozess gegen Anton Schlecker und seine Familie begonnen. Im Fall einer Verurteilung drohen dem Unternehmer bis zu zehn Jahre Gefängnis. Doch wie stand und steht es um die Schlecker-Finanzen?
Mehr als 25.000 Angestellte in Deutschland und rund noch mal so viele im Ausland verloren ihren Arbeitsplatz, als Europas ehemals größte Drogeriekette Schlecker Pleite ging. Der Insolvenzantrag dazu war im Januar 2012 gestellt worden - viel zu spät, meint die Staatsanwaltschaft und klagt den heute 72-Jährigen Schlecker-Gründer und gelernte Metzgermeister wegen vorsätzlichen Bankrotts an.
Lange Anklageliste im Fall Schlecker
Das Stuttgarter Landgericht muss sich im Schlecker-Prozess mit einer langen Reihe von Anklagepunkten befassen. Der Hauptvorwurf der Staatsanwaltschaft lautet dabei, dass der Drogeriemarktgründer Anton Schlecker vorsätzlich Vermögen in Höhe von insgesamt mehr als 20 Millionen Euro, das den Gläubigern zugestanden hätte, rechtzeitig vor der Insolvenz beiseitegeschafft habe.
Dieses Geld kam überwiegend seinen Kindern Lars Schlecker und Meike Schlecker zugute: Über Jahre soll Anton Schlecker Millionen auf die Logistik-Gesellschaft LDG umgeleitet haben. Dieser Logistiker belieferte zwar die Schlecker-Filialen mit Waren aus dem Zentrallager, gehörte jedoch nicht zum Konzern, sondern befand sich in der Hand von Schleckers Sohn und Tochter. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, "zum Wohle seiner Kinder" bewusst überhöhte Preise an die LDG bezahlt und damit sein eigenes Unternehmen geschädigt zu haben.
Eine große Bedeutung kommt dabei dem zeitlichen Ablauf zu. Denn laut Staatsanwalt Thomas Böttger sei die einst größte deutsche Drogeriemarkt-Kette spätestens Ende 2009 insolvenzreif gewesen, also gut zwei Jahre bevor die Insolvenz tatsächlich angemeldet wurde: Als Beleg hierfür verweist die Anklage darauf, dass der Schlecker-Konzern seit 2004 nur in einem einzigen Jahr - 2006 - einen operativen Gewinn erzielen konnte. Auch habe es spätestens 2009 keine Aussicht mehr gegeben, mittelfristig die Gewinnzone zu erreichen, da es zu diesem Zeitpunkt weder Aussicht auf Kredite noch nennenswertes Vermögen zum Ausgleichen der Verluste gegeben habe. Dass Anton Schlecker die Insolvenz vermeiden wollte, stehe nicht im Widerspruch zur Anklage, betonte der Staatsanwalt.
Daneben sollen auch noch viele Einzelbeträge an Familienmitglieder geflossen sein. Aufgelistet werden etwa eine Wohnungsrenovierung von Sohn Lars Schlecker für etwa 1 Million Euro, eine Reise der Kinder für mehrere Zehntausend Euro, Geldgeschenke an vier Enkel in Höhe von insgesamt 800.000 Euro sowie ein Beratervertrag für Schleckers Frau.
Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass Schlecker dieses Geld dem Zugriff der Gläubiger entziehen wollte. Immerhin hatte er sein Unternehmen nicht in der Rechtsform einer GmbH, sondern als eingetragener Kaufmann geführt, was zur Folge hat, dass er mit seinem persönlichen Vermögen haften muss.
In der 270-seitigen Anklageschrift wird Anton Schlecker zudem vorgeworfen, den Zustand seines Unternehmens im Konzernabschluss falsch dargestellt und vor dem Insolvenzgericht falsche Angaben gemacht zu haben. Der Gründer der gleichnamigen Drogeriemarktkette hat die Vorwürfe bisher jedoch zurückgewiesen.
Schlecker-Familienmitglieder mit auf der Anklagebank
Doch nicht nur das Familienoberhaupt muss sich vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Seine Frau Christa sowie die beiden Kinder Meike und Lars werden der Beihilfe zum Bankrott angeklagt.
Schleckers Sohn und Tochter waren Gesellschafter der LDG und sollen trotz der sich abzeichnenden Insolvenz der allein vom Schlecker-Konzern abhängigen Logistikgesellschaft nicht gehandelt haben. Außerdem hätten sie als stille Gesellschafter von Schlecker ihrem Vater insgesamt 320 Millionen Euro geliehen, die dieser dann als Eigenkapital verbuchte. Tatsächlich sei Schlecker aber schon Ende 2010 mit nahezu einer Milliarde Euro klar überschuldet gewesen.
Die beiden Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young, welche die falschen Schlecker-Bilanzen abgenickt haben, müssen sich übrigens ebenfalls vor Gericht dafür verantworten.
Schlecker-Anwalt warnt vor Vorverurteilung
Schlecker-Verteidiger Norbert Scharf warnte vor einer Vorverurteilung seines Mandanten und hat darauf hingewiesen, dass jeder Schenkungen vornehmen und Kosten übernehmen dürfe.
Anton Schlecker sei kein skrupelloser Unternehmer, erklärte sein Verteidiger. Vor dem Gericht gehe es darum, "die individuelle Vorstellungswelt von Herrn Schlecker" aufzuklären, sagte Norbert Scharf. Die Frage sei, ob der Metzgermeister erkannt habe, wie schlecht es um seinen Konzern stehe. Die Antwort dazu lieferte Scharf gleich mit: "Die Insolvenz seines Unternehmens war für ihn schlicht nicht vorstellbar. Die Firma war sein Lebenswerk - und blieb es bis zuletzt."
Hohe Haftstrafe für Anton Schlecker möglich
Nachdem sich Anton Schlecker schließlich zu einem Insolvenzantrag durchgerungen hatte, blieben die Gläubiger schließlich auf mehr als einer Milliarde Euro sitzen und Schlecker droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. So hoch ist das Strafmaß bei betrügerischen Bankrott in einem schweren Fall, wie er Schlecker vorgeworfen wird.
Doch wie vermögend ist die Familie Schlecker noch?
Über die aktuelle Vermögenslage der Schleckers wird allerorts spekuliert. Laut "BILD" rechnen Kenner der Familie damit, dass mindestens 70.000 Euro zum Leben zur Verfügung stehen. Ehemalige Führungskräfte des Schlecker-Imperiums mutmaßen, dass die Familienmitglieder, Anton Schlecker ausgenommen, insgesamt noch immer 35 Millionen Euro besitzen. Das "manager-magazin" taxierte den Besitz der Schleckers gar auf 1,95 Milliarden Euro.
Redaktion finanzen.net mit Material von Reuters und dpa
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