"Lehman-artige Krise" voraus? - DAX schließt an Frankfurter Börse wegen verschärfter Gaskrise verlustreich
Zum Start in die neue Börsenwoche ging es für den deutschen Aktienmarkt bergab.
Der DAX begann den Handelstag 1,71 Prozent niedriger bei 12.827,58 Punkten. Im weiteren Verlauf ging es tiefer in die Verlustzone: Der deutsche Leitindex gab im Tagestief auf 12.617,40 Zähler ab und schloss letztlich 2,22 Prozent im Minus bei 12.760,78 Einheiten.
Die Furcht vor einer Rezession in Europa durch ausbleibende russische Gaslieferungen löste hektische Verkäufe an den heimischen Aktienmärkten aus.
Fehlende Gaslieferungen: Energiesektor vor "Lehman-artiger Krise"?
"Die Angst vor einer Lehman-artigen Krise im europäischen Energiesektor wächst", sagte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets.
GAZPROM hatte Anfang des Monats mitgeteilt, bis auf weiteres kein Gas über die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland und in andere europäische Staaten zu liefern. Als Grund führte der staatliche russische Energieriese an, dass bei Wartungsarbeiten ein Öl-Leck entdeckt worden sei. Die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde und Siemens Energy als Lieferant von Pipeline-Technik widersprachen dieser Darstellung. Eine rasche Lösung der Energiekrise sei nicht in Sicht, warnte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Daher drohe Europa ein wirtschaftliches Desaster.
Nord Stream 1-Stopp mit Auswirkungen auf EZB-Zinsentscheid?
Gleichzeitig rätselten Börsianer, ob und wie die aktuelle Lage sich auf die Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag auswirkt. Die EZB orientiere sich inzwischen stärker an der tatsächlichen Inflation statt an den Erwartungen, sagte Anlagestratege Antoine Bouvet von der ING Bank. Gleichzeitig werteten Investoren die geplanten Entlastungspakete von Bundesregierung und anderen europäischen Staaten für Energieverbraucher als Möglichkeit für die EZB, die Zinsen weiter anheben zu können. Derzeit rechnen sie mehrheitlich mit einem Zinsschritt von 0,75 Prozentpunkten.
Turbulenzen am Terminmarkt befürchtet: Gefahr von unkontrollierten Preissteigerung
CMC-Experte Stanzl wies zudem auf die Gefahr weiterer Turbulenzen bei den Erdgas-Preisen hin. Wegen der Diskussion um den Energiepreis-Deckel sei die Zahl der offenen Kontrakte - ein Indikator für das Handelsvolumen an Derivatemärkten - in den vergangenen Tagen gesunken. "Damit könnte die Fähigkeit der Energiehändler und Stromerzeuger geschmälert worden sein, sich gegen den erneuten Preisanstieg abzusichern oder aus bestehenden Positionen auszusteigen." Sollten Anleger die durch den aktuellen Anstieg fällige nachträgliche Sicherheitsleistungen an die Börse nicht leisten können, droht die Zwangsauflösung von Geschäften. "Das könnte zu unkontrollierten und von den tatsächlichen Verhältnissen zwischen Gasangebot und -nachfrage losgelösten Preissteigerungen führen."
Redaktion finanzen.net / Reuters
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