Creditreform: Insolvenzwelle erreicht deutsche Wirtschaft
Von Andreas Kißler
DOW JONES--Die Wirtschaftskrise hat nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Creditreform zu einem deutlichen Anstieg der Insolvenzen in Deutschland geführt. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen sei im Jahr 2024 auf 22.400 Fälle gestiegen - den höchsten Wert seit 2015 (23.180 Fälle). Im Vergleich zum Vorjahr erhöhten sich die Fallzahlen demnach um 24,3 Prozent. "Mit einiger Verzögerung schlagen die Krisen der vergangenen Jahre nun als Insolvenzen bei den Unternehmen durch. Der wirtschaftspolitische Stillstand und die rückläufige Innovationskraft haben den Wirtschaftsstandort Deutschland geschwächt", sagte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung.
Daher werde für 2025 mit einem weiteren Anstieg der Fälle gerechnet. Damit könnten laut Hantzsch "bald wieder Insolvenzzahlen nahe an den Höchstwerten der Jahre 2009 und 2010 in Sichtweite kommen, als über 32.000 Unternehmen in die Insolvenz gingen". Auch die Zahl der Verbraucherinsolvenzen sei im Jahr 2024 gestiegen. Insgesamt wurden laut den Angaben 72.100 neue Verfahren registriert - ein Plus von 8,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (66.450 Fälle). "Die sich bereits 2023 abzeichnende Trendwende hat sich 2024 verstärkt", erklärte Creditreform-Geschäftsführer Bernd Bütow. Hauptursachen für den Anstieg seien die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten und höhere Kreditzinsen, die die Verbraucher erheblich belasteten. Zusätzlich verschärfe sich die Lage durch den zunehmenden Abbau von gut bezahlten Arbeitsplätzen.
Die Mehrheit der Unternehmensinsolvenzen betreffe Kleinstunternehmen mit höchstens zehn Beschäftigten, die 81,4 Prozent aller Fälle ausmachten. Auffällig sei jedoch der überdurchschnittliche Anstieg der Insolvenzen bei größeren Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten. Hier seien die Fallzahlen um 44,4 Prozent gestiegen. "Ihr Anteil am Insolvenzaufkommen bleibt zwar gering, doch die Folgen von Großinsolvenzen sind erheblich: hohe Forderungsausfälle und Arbeitsplatzverluste", erklärte Bütow. Besonders besorgniserregend sei die Zunahme sogenannter "Ketteninsolvenzen". Die anhaltenden Krisen der vergangenen Jahre - von Corona bis hin zur Inflation - hätten zahlreiche Unternehmen ausgezehrt und förderten nun diese Dynamik.
Eine Analyse der Creditreform Wirtschaftsforschung zeige einen deutlichen Anstieg der Gläubigerschäden. Die geschätzte Schadenssumme belaufe sich auf 56 Milliarden Euro - ein erheblicher Zuwachs im Vergleich zu 2023 (31,2 Milliarden Euro). Auch die Zahl der bedrohten oder weggefallenen Arbeitsplätze sei signifikant gestiegen. 2024 waren laut den Angaben rund 320.000 Arbeitsplätze betroffen - erheblich mehr als 2023 (205.000). Großinsolvenzen wie die von Galeria Karstadt Kaufhof und FTI Touristik hätten maßgeblich zu dieser Entwicklung beigetragen. Die Insolvenzzahlen stiegen laut den Angaben in allen Wirtschaftsbereichen und übertrafen das Vor-Corona-Niveau. Besonders betroffen war demnach das Dienstleistungsgewerbe mit einem Anstieg von 27,1 Prozent, gefolgt vom verarbeitenden Gewerbe (plus 23,9 Prozent).
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December 16, 2024 05:31 ET (10:31 GMT)