Corona-Krise

Fraport-Aktie im Fokus: Flüssig genug für eine lange Durststrecke

12.06.20 08:34 Uhr

Fraport-Aktie im Fokus: Flüssig genug für eine lange Durststrecke | finanzen.net

Die Corona-Krise hat die Luftfahrt so schwer getroffen wie kaum eine andere Branche.

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Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport sieht sich jedoch anders als Lufthansa & Co. auch ohne staatliche Finanzspritzen für eine lange Durststrecke gewappnet. Aber die Wachstumsaussichten bleiben auf absehbare Zeit trübe. Vor allem viele Geschäftsreisende dürften dem Airport fernbleiben. Was beim Unternehmen los ist, was Analysten sagen und wie sich die Aktie entwickelt:

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DAS IST LOS BEI FRAPORT:

Endlich wieder mehr als 100 000 Passagiere in einer Woche! Am Frankfurter Flughafen hat die Corona-Krise die Maßstäbe gründlich verschoben. Denn die knapp 112 000 Passagiere, die in der ersten Juni-Woche in Frankfurt ankamen oder abflogen, hätte Fraport an Deutschlands größtem Airport sonst binnen eines halben Tages gewuppt. Dabei waren das bereits dreimal so viele wie zum Tiefpunkt in der Woche nach Ostern. Das zweite Terminal hat Fraport wegen des Einbruchs des Flugverkehrs geschlossen. Und im alten Terminal 1 reichen zwei der drei Hallen locker aus, um die wenigen Passagiere abzufertigen, die dort auftauchen.

Dabei scheint das Schlimmste überstanden. So hatte Fraport in Frankfurt im gesamten April nur gut 188 000 Fluggäste abgefertigt, weniger als sonst oft an einem einzigen Tag. Doch inzwischen fahren viele Airlines ihr Flugangebot schrittweise wieder hoch, und bei Fraport hoffen Management und Mitarbeiter, dass die Menschen rechtzeitig zur wichtigen Sommersaison wieder zu reisen beginnen. Eine Rückkehr auf das Niveau vor der Krise liegt nach Einschätzung von Fraport-Chef Stefan Schulte aber noch Jahre entfernt.

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2019 hatte Fraport in Frankfurt erstmals mehr als 70 Millionen Passagiere gezählt. Doch nach dem weitgehenden Flugstopp in der Corona-Krise rechnet Schulte nur mit einer langsamen Erholung im Flugverkehr. Möglicherweise werde 2023 ein "Jahr Null" mit einer "neuen Normalität", sagte er Mitte Mai. Das wären aus seiner Sicht aber immer noch 15 bis 20 Prozent weniger Fluggäste als 2019. Für 2021 erwartet er gerade einmal die Hälfte dieser neuen Normalität erreicht, im Jahr darauf rund 80 Prozent, bevor der Passagierverkehr wieder zu jenen vor der Krise klassischen Wachstumswerten von 2 bis 3 Prozent pro Jahr zurückfinden dürfte.

Trotzdem will Fraport das dritte Passagierterminal im Süden des Flughafens wie geplant zu Ende bauen. Ein neues Terminal errichte man für die kommenden Jahrzehnte, nicht für die nächsten Jahre, sagte Schulte auf der Hauptversammlung Ende Mai. Der erste Abschnitt soll im Herbst 2021 fertig sein, der Rest Ende 2023.

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Die Fraport-Mitarbeiter müssen sich indes auf Stellenstreichungen einstellen. Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern laufen. Bei Fraport verweist man auf die absehbar geringeren Passagierzahlen und legt dabei die für 2023 erwartete neue Normalität zugrunde. Sollte Fraport ähnlich viele Stellen abbauen wie weniger Fluggäste erwartet werden, könnten von den 22 000 Stellen mehr als 3000 wegfallen. Fraport will sich dazu bisher nicht äußern.

Wegen der Krise hatte das Unternehmen bereits 18 000 Beschäftigte in Kurzarbeit geschickt. Die wenigen Passagierflüge ließen sich mit weitaus weniger Personal abwickeln. Einzig das Frachtgeschäft brummt weiterhin. Einige Airlines wie Lufthansa und Condor setzten sogar Passagierjets als reine Frachtmaschinen ein, um dringend benötigte Güter zu befördern und selbst zu Geld zu kommen.

Auch Fraport verbrennt in Frankfurt und an seinen Auslandsflughäfen jeden Monat derzeit rund 150 Millionen Euro. Der Konzern hatte sich bereits ab Beginn der Krise ab März neue Kreditlinien besorgt, um gerüstet zu sein. Damit könne das Unternehmen deutlich über ein Jahr ohne staatliche Hilfen überstehen. Kurz darauf stimmten die Aktionäre zu, auf die Dividende für 2019 zu verzichten. Auch für 2020 hat das Management die Ausschüttungspläne zurückgenommen. Dann gibt es aber wohl ohnehin nichts zu verteilen. Die Fraport-Führung rechnet für 2020 mit einem deutlichen Nettoverlust.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Für die Fraport-Aktionäre waren die vergangenen Jahre eine regelrechte Achterbahnfahrt. Ähnlich wie bei der Lufthansa schoss der Kurs der Aktie nach der Pleite von Air Berlin Mitte 2017 steil in die Höhe, bis er Anfang 2018 mit gut 97 Euro den höchsten Stand seiner Geschichte erreichte. Seitdem ging es fast nur noch abwärts.

In der Corona-Krise folgte ein Kurssturz bis auf weniger als 28 Euro Mitte März. Danach hatte sich die Fraport-Aktie zeitweise bis auf etwas mehr als 50 Euro erholt, bevor Analysten zuletzt angesichts der Rally wieder den Daumen senkten. Mit zuletzt 42 Euro wurde das Fraport-Papier 45 Prozent billiger gehandelt als zum Jahreswechsel - damit gehört die Aktie zu den größten Verlierern im MDax in diesem Zeitraum.

Damit verlor das Fraport-Papier etwas mehr als die Anteile der Lufthansa, dem wichtigsten Kunden des Flughafenbetreibers. Beide haben zudem bald staatliche Anteilseigner. Während die Bundesrepublik im Zuge der Rettung der Airline 20 Prozent Lufthansa-Aktien erhalten soll, gehört Fraport gut zur Hälfte ohnehin dem Land Hessen und der Stadt Frankfurt.

Auch die Lufthansa ist an dem derzeit mit knapp vier Milliarden Euro bewerteten Flughafenbetreiber beteiligt und hält etwas mehr als acht Prozent. Die beiden Unternehmen, die im täglichen Geschäft so stark voneinander abhängen, werden sich in Kürze auch im Index Gesellschaft leisten: Die Lufthansa steigt zum 22. Juni vom DAX 30 in den MDAX ab.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Branchenexperten sind mit Blick auf die Aussichten für die Fraport-Aktie zunehmend pessimistisch. Allein in den vergangenen zwei Wochen senkten vier Häuser ihre Empfehlungen. Von den 14 im dpa-AFX Analyser erfassten Analysten, die ihre Einschätzung seit Beginn der Corona-Krise erneuert haben, raten damit nur noch vier zum Kaufen der Aktie.

Jeweils fünf Experten stimmen für das Halten oder gar den Verkauf der Anteilsscheine. Dazu passt, dass der Aktienkurs inzwischen wieder über die durchschnittlichen Erwartungen der Experten hinaus gestiegen ist. Im Schnitt sehen sie den Kurs absehbar bei gut 43 Euro. Die Spanne der Kursziele ist mit 26 bis 69 Euro aber immens.

Zuletzt lastete die Abstufung der Schweizer UBS auf der Aktie: Analyst Cristian Nedelcu zog am Feiertag Fronleichnam seine Kaufempfehlung zugunsten eines neutralen Votums zurück. Er hält die Papiere nach der Erholungsrally inzwischen für fair bewertet. Zudem kürzte er seine Schätzungen für den Konzern und begründete dies mit der voraussichtlich langsameren Erholung des internationalen Flugverkehrs.

Ins selbe Horn stößt Arthur Truslove von der Schweizer Großbank Credit Suisse, der die Lage von Fraport am pessimistischen einschätzt. Der Markt verkenne die Hürden für eine Gewinnerholung nach dem Jahr 2020, schrieb Truslove zum Monatswechsel. Dass die Lufthansa wegen der Krise in der Branche ihr Geschäft umbaue, führe bei dem Flughafenbetreiber zu einer Phase geringerer Profitabilität im Flugbetrieb.

Die Viruskrise rechtfertige bei Flughafenbetreibern ein Umdenken, schätzt Analyst Patrick Creuset von der US-Großbank Goldman Sachs. Für bisher wichtige große Investitionsprogramme gebe es plötzlich keinen Bedarf mehr. Der coronabedingte Passagiereinbruch verschlimmere die strukturellen Probleme bei den Frankfurtern.

Ganz anders beurteilt das Analysehaus Kepler Cheuvreux die Lage. Das Unternehmen habe seine Liquidität deutlich aufgestockt und seine Kostenbasis gesenkt, schrieb Analystin Ruxandra Haradau-Doser Anfang April. Kepler Cheuvreux behielt seine Einstufung "Buy" für die Aktie ebenso aufrecht wie das Kursziel von 69 Euro.

Auch Analyst Christian Cohrs von Warburg Research gehört mit einem Kursziel von 55 Euro zu den Optimisten. Fraport sei gut aufgestellt, den Corona-Sturm zu überstehen, schrieb er Anfang Mai. Inzwischen zeigte sich selbst die in Sachen Kursziel weitaus pessimistischere RBC-Analystin Stephanie D'Ath von den kurzfristigen Geschäftsaussichten positiv überrascht. Der Flugverkehr werde in der Sommersaison wohl nicht ganz so schwach wie befürchtet, schrieb sie zwei Wochen später.

/stw/tav/zb

FRANKFURT (dpa-AFX)

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