AstraZeneca-Aktie fester: Berichte über schwachen Impfschutz bei Senioren falsch - Spahn dringt auf "fairen Anteil"
Der britische Pharmahersteller AstraZeneca hat Berichte über eine sehr geringe Wirksamkeit seines Impfstoffs bei Senioren zurückgewiesen.
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Berichte, dass das Mittel bei Menschen über 65 nur eine Wirksamkeit von 8 Prozent habe, seien "komplett falsch", teilte ein Sprecher am Dienstagmorgen mit. Zuvor hatte das "Handelsblatt" über den geringen Schutz bei älteren Menschen berichtet und bezog sich dabei auf deutsche Koalitionskreise. Auch die "Bild"-Zeitung berichtete darüber.
AstraZeneca verwies unter anderem darauf, dass die Notfallzulassung der britischen Aufsichtsbehörde für Arzneimittel (MHRA) ältere Menschen mit einschließe. Auch habe ein Beratungskomitee für Impfungen den Einsatz des Impfstoffs bei Senioren unterstützt. Zudem habe eine im November im Fachblatt "Lancet" veröffentlichte Studie gezeigt, dass der Impfstoff auch bei Senioren eine starke Immunantwort auslöse. Allerdings heißt es in einer späteren "Lancet"-Veröffentlichung auch, dass es wegen geringer Fallzahlen in der entscheidenden klinischen Studie noch wenig Daten zur Wirksamkeit bei älteren Menschen gebe.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will sich nicht an Spekulationen über eine angeblich schlechtere Wirksamkeit des Impfstoffs bei über 65-Jährigen beteiligen. Er wolle warten, bis die Daten aus den Studien ausgewertet worden seien. "Ich halte wenig davon, das jetzt in Überschriften spekulativ zu machen", sagte Spahn am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". Er sagte, man werde auf Basis der wissenschaftlichen Erkenntnisse nächste Woche entscheiden, "welche Altersgruppen zuerst mit diesem Impfstoff geimpft werden".
Ältere Menschen werden in Deutschland wie auch in Großbritannien und anderen Ländern mit Priorität geimpft, weil sie ein besonders großes Risiko für schwere Verläufe bei Covid-19 haben. Deshalb ist es wichtig, dass ein Impfstoff gerade auch Senioren gut schützt.
Es war erwartet worden, dass der Impfstoff von AstraZeneca am Freitag in der EU zugelassen wird, in Großbritannien wird er bereits in großem Stil eingesetzt. Zuletzt hatte es Streit gegeben, weil AstraZeneca vorerst weniger Impfstoff an die EU liefern will als zugesagt.
Ministerium weist Berichte zu AstraZeneca-Wirksamkeit zurück
Das Bundesgesundheitsministerium hat Berichte über eine angeblich schlechtere Wirksamkeit des Impfstoffs der Firma AstraZeneca bei über 65-Jährigen zurückgewiesen. Aktuelle Berichte dazu könne man nicht bestätigen, erklärte ein Sprecher am Montag.
Das "Handelsblatt" berichtete, nach Angaben aus Koalitionskreisen rechne die Bundesregierung nur mit einer Wirksamkeit von acht Prozent bei über 65-Jährigen. Auch die "Bild"-Zeitung berichtete darüber.
Das Ministerium erläuterte, auf den ersten Blick scheine es so, dass Dinge verwechselt würden: Rund acht Prozent der Probanden der AstraZeneca-Wirksamkeitsstudie seien zwischen 56 und 69 Jahre alt gewesen, nur 3 bis 4 Prozent über 70 Jahre. Daraus lasse sich aber nicht eine Wirksamkeit von nur acht Prozent bei Älteren ableiten.
Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) werte die Studien aus, erklärte das Ministerium. Bekannt sei seit dem Herbst, dass in den ersten eingereichten Studien von AstraZeneca weniger Ältere beteiligt gewesen seien als bei Studien anderer Hersteller. Mit dem Ergebnis der Auswertung durch die EMA sei an diesem Freitag zu rechnen.
Der britisch-schwedische Konzern AstraZeneca hatte der Darstellung ebenfalls widersprochen. Berichte, dass die Wirksamkeit seines Impfstoffs bei Menschen über 65 Jahren nur bei acht Prozent liege, seien komplett falsch, teilte ein Sprecher am Dienstag mit.
Spahn dringt auf "fairen Anteil" an Impfstoff von AstraZeneca
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat angesichts der von dem britisch-schwedischen Pharmakonzern AstraZeneca angekündigten verzögerten Lieferung von Impfstoff in die Europäische Union (EU) auf eine Gleichbehandlung mit Großbritannien gedrungen, das von den Lieferschwierigkeiten nicht betroffen sein soll. "Nun kann ich bei einem komplexen Prozess wie der Impfstoffproduktion auch verstehen, wenn es einmal zu Produktionsproblemen kommt, aber dann muss es eben auch alle fair und gleich betreffen", sagte Spahn im ZDF-Morgenmagazin. "Hier geht es nicht um 'EU first', hier geht es um 'Europe's fair share', also den fairen Anteil."
Spahn betonte, es seien Verträge geschlossen worden, die mit einer Vorfinanzierung zum Aufbau von Produktionskapazitäten verbunden waren. "Es ist auch schon Geld geflossen, um das aufzubauen", betonte er. Spahn bekräftigte seine Forderung nach einer Exportbeschränkung für Impfstoffe, die in der EU hergestellt werden. Damit solle gewährleistet werden, dass EU-Verträge mit den Herstellern fair bedient würden.
Der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europaparlament, Peter Liese (CDU), bezeichnete es in derselben Sendung als "völlig inakzeptabel zu sagen, es gibt unterschiedliche Lieferketten". Diese Begründung sei vorgeschoben und nicht zu halten. "Die werden sich in den nächsten Tagen korrigieren müssen", erklärte er. "Die Firma muss sich korrigieren und ich sage, sie wird sich korrigieren." Ansonsten bekäme der Pharmakonzern in der EU "kein Bein mehr an die Erde". In London gewinnt die AstraZeneca-Aktie am Dienstag zeitweise 0,39 Prozent auf 79,28 GBP.
LONDON / BERLIN (dpa-AFX / Dow Jones)
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