VW-Aktie im Plus: VW-Kernmarke verdient 2019 mehr - 2020 'ungekannte Herausforderungen'
Die Kernmarke des VW-Konzerns hat im vergangenen Jahr trotz eines durchwachsenen Geschäfts noch einmal einen höheren Gewinn eingefahren.
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Auch die Töchter AUDI und Porsche konnten sich verbessern - mit Blick auf den weiteren Verlauf 2020 rechnet der weltgrößte Autokonzern aber mit deutlichen Folgen der Viruskrise. Konzernchef Herbert Diess warnte: "Die Corona-Pandemie stellt uns vor ungekannte operative und finanzielle Herausforderungen."
Wie das Unternehmen am Dienstag bei der Vorlage der vollständigen Geschäftszahlen mitteilte, stieg das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen bei den VW-Pkw von 3,2 Milliarden Euro (2018) auf 3,8 Milliarden Euro (2019). Die Kosten zur Bewältigung der Dieselkrise blieben mit rund 1,9 Milliarden Euro ungefähr auf Vorjahresniveau. In diesem Jahr kommen weitere Ausgaben nach dem Vergleich für Dieselfahrer aus der Musterklage auf den Hersteller zu.
Der Umsatz der VW-Hauptmarke wuchs um 4,5 Prozent auf 88,4 Milliarden Euro. Der Anteil des Betriebsergebnisses daran kletterte zuletzt leicht von 3,8 auf 4,3 Prozent. Vorstandschef Diess will die wichtige Messgröße zur Gewinnspanne im Unternehmen schrittweise erhöhen.
Die Verkäufe in etlichen Märkten gingen wegen der trüberen Konjunktur zurück, parallel dazu fuhr 2019 VW die Milliarden-Investitionen in den Ausbau der Elektromobilität hoch. So ergaben sich "Belastungen aus dem geringeren Absatz von Volkswagen-Pkw-Modellen, Anlaufkosten und Wechselkursen", die allerdings durch "Verbesserungen im Mix und in der Preispositionierung" ausgeglichen werden konnten, wie es hieß. Volkswagen steigert derzeit vor allem die Verkäufe neu eingeführter SUV-Modelle - die Stadtgeländewagen erzielen meist höhere Preise.
Die Konzern-Rekordwerte des Jahres 2019 würden jedoch von der Coronavirus-Krise völlig in den Hintergrund gedrängt, schrieb NordLB-Analyst Frank Schwope. "Der Einbruch der Auslieferungszahlen in China im Februar um fast drei Viertel im Vergleich zum Vorjahr ist krass und ohnegleichen." Was sich im Februar in China gezeigt habe, könne sich in den Monaten März und April auf viele andere wichtige Ländermärkte ausweiten. Die erwartete deutliche Verschärfung der Krise in den nächsten Wochen und Monaten dürfte zu Lieferengpässen, Produktionsausfällen, aber auch Kaufrückgängen führen, so der Experte. Die Volkswagen-Vorzugsaktie kletterte am Dienstag vorbörslich auf der Handelsplattform Tradegate um über 5 Prozent, das Papier war am Vortag aber auch um mehr als 12 Prozent abgestürzt.
Für Porsche meldete der Konzern vor Sondereinflüssen wie den anhaltenden Diesel-Lasten ein leichtes Gewinnplus um 2,4 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro. Auch Skoda, Seat und Bentley sowie die Lkw-Töchter Scania und MAN konnten sich auf dieser Basis verbessern. Bei Audi sank der operative Gewinn dagegen von 4,7 auf 4,5 Milliarden Euro, bei den leichten Nutzfahrzeugen von 780 auf 510 Millionen Euro.
Die weitere Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Lage stimmt VW eher pessimistisch. "2020 ist ein sehr schwieriges Jahr", meinte Diess. Auch die konjunkturelle Situation mache ihm Sorgen. "Durch die Bündelung unserer Kräfte, eine enge Zusammenarbeit und gute Moral im Konzern wird es uns gelingen, die Corona-Krise zu bewältigen." Finanzvorstand Frank Witter erklärte, es sei mit Blick auf die Folgen der Virus-Ausbreitung noch "ungewiss, mit welcher Schwere und Dauer dies auch den Volkswagen-Konzern treffen wird. Eine verlässliche Prognose ist derzeit nahezu unmöglich."
VW hatte in zahlreichen chinesischen Fabriken zwischenzeitlich die Produktion aussetzen müssen, inzwischen soll sich die Lage in der Volksrepublik wieder etwas stabilisieren. In Deutschland gibt es derweil die ersten bestätigten Infektionsfälle in der Belegschaft.
Für den Gesamtkonzern waren die Eckdaten bereits bekannt. Demnach konnte die VW-Gruppe 2019 ihren Gewinn unterm Strich um 12,8 Prozent auf 13,3 Milliarden Euro steigern. Der Umsatz legte um 7,1 Prozent auf 252,6 Milliarden Euro zu. Gründe sind etwa starke SUV-Verkäufe, Spareffekte und sinkende Kosten zur Bewältigung der Abgaskrise.
Volkswagen will Produktion wegen Coronavirus aussetzen
Die Folgen der Coronavirus-Pandemie schlagen jetzt auch in Deutschland und Europa voll auf die Produktion von Volkswagen durch. Der weltgrößte Autokonzern muss nach Unterbrechungen in China die Fertigung in den deutschen Werken wegen der Ausbreitung des neuen Erregers aussetzen. Am Donnerstag werden die Fabriken nach der Spätschicht für zunächst voraussichtlich zwei Wochen geschlossen.
Ziel des Produktionsstopps ist es, die Mitarbeiter vor möglichen Ansteckungen mit dem Virus zu schützen. VW erklärte zudem, dass die Werke so "dem sich abzeichnenden Einbruch der Nachfrage auf den Automobilmärkten" begegnen wollen. Es gebe zunehmende Risiken durch die beschleunigte Infektionsrate auch bei Zulieferern. Mit ihren Geschäftszahlen für 2019 schnitt die VW-Gruppe noch gut ab.
Volkswagen hatte die Schließungen schon grundsätzlich angekündigt, Details mussten aber noch beraten werden. Erst hatte es aus dem Konzernbetriebsrat geheißen, die letzte Schicht solle in den meisten Fabriken am Freitag (20.03.) laufen. Die Mitarbeitervertretung bat den Vorstand jedoch dringend darum, einen früheren Beginn zu prüfen.
In den vergangenen Tagen waren auch an Volkswagen-Standorten in Deutschland erste Fälle von Infektionen mit dem Sars-CoV-2-Virus bekannt geworden. Vorstandschef Herbert Diess sagte, Priorität müsse jetzt sein, die weitere Verbreitung einzudämmen. Man nehme an, die Aussetzung in Deutschland mit Kurzarbeitergeld überbrücken zu können. Dazu hatte die Bundesregierung Erleichterungen auf den Weg gebracht.
Welche genauen Folgen der Schritt für das weltweit verzweigte Produktionsnetz der Volkswagen-Konzernmarken hat, war zunächst unklar. Für die USA sah das Management zuletzt keine Konsequenzen. In Spanien (Pamplona), Portugal (Palmela) und der Slowakei (Bratislava) wird ebenfalls nur noch bis einschließlich Donnerstag gearbeitet.
AUDI fährt seine Werke in Ingolstadt, Neckarsulm, Belgien, Mexiko und Ungarn bis zum Wochenende schrittweise herunter. Ab Montag soll die Fertigung stehen. Skoda beschloss einen Stopp ab Mittwoch, 22.00 Uhr. In China hatte der VW-Konzern jüngst fast alle Standorte wieder ans Netz genommen. Laut Finanzvorstand Frank Witter sind die wirtschaftlichen Risiken der Viruskrise bisher nicht abschätzbar.
Der Betriebsrat erklärte, bei den Gesprächen mit dem Management sei es vor allem um Bereiche gegangen, "wo auf Montagelinien Schulter an Schulter an unseren Fahrzeugen gearbeitet wird". Mindestabstände, die das Robert-Koch-Institut empfehle, seien oft nicht einzuhalten.
Es gab Kritik am Vorstand, viele Mitarbeiter würden nicht ausreichend beraten. Eine Unterbrechung am Freitag komme zu spät. Es sei nicht einzusehen, warum Kollegen "ohne klare Worte aus dem Management für ein paar hundert Autos mehr eine Ansteckung riskieren sollen, die sie dann womöglich früher oder später nach Hause tragen".
Diess betonte, es sei am wichtigsten, die Gesundheit und Sicherheit der Belegschaft sowie von deren Familien sicherzustellen: "Oberstes Ziel ist es, die Ausbreitung des Coronavirus so stark wie möglich zu verlangsamen." Am vorigen Wochenende wurden Fälle in Kassel und im Stammwerk Wolfsburg bekannt. Die Betreffenden sind in Quarantäne. VW verschärfte Hygieneregeln, schloss Kantinen, verbot Dienstreisen und vertagte Versammlungen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, alle Lebensbereiche müssten sich nun einschränken: "Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, die Bürgerinnen und Bürger zu schützen."
Beim größten deutschen Industriekonzern arbeiten weltweit mehr als 670 000 Menschen. Bisher waren die Lieferketten nach offiziellen Angaben nicht nennenswert unterbrochen. Diess sagte, die Werke in Übersee seien "derzeit nicht in kritischem Zustand". Der durch Software-Probleme verzögerte Start des E-Autos ID.3 - wichtigstes Projekt 2020 - im Sommer stehe nach wie vor, trotz "temporärer Shutdowns". Auch bei einer Pause von drei Wochen sei die geplante Produktion von 100 000 Wagen in Zwickau möglich.
Bei der Kernmarke ist nach Angaben von Finanzchef Witter eine Auslastung von 60 Prozent nötig, um profitabel zu arbeiten. Im ersten Quartal dürfte sich das operative Konzernergebnis gegenüber dem Vorjahreszeitraum wohl "mindestens halbieren", sagte Witter. Eine verlässliche Jahresprognose sei "aktuell schlichtweg unmöglich", so der Manager. Was von den vor gut zwei Wochen angekündigten Zielen übrigbleibe, wisse man derzeit nicht.
VW-Finanzchef Witter: Wissen nicht, was von Prognose übrigbleibt
Der Konzern sieht angesichts der Coronavirus-Pandemie erhebliche Risiken für seinen Geschäftsausblick. "Wir wissen nicht, was von der Prognose 2020 übrigbleibt", sagte Finanzchef Frank Witter am Dienstag in einer Telefonkonferenz zu den Jahreszahlen. Der Wolfsburger Konzern wolle das Jahr "aber nicht komplett abschreiben". In China seien die Werke derzeit zum Beispiel auf einem guten Weg. Eine verlässliche Prognose sei allerdings "aktuell schlichtweg unmöglich", so Witter. Die finanziellen Risiken von geplanten Produktionsstopps in Deutschland und Europa seien derzeit noch nicht endgültig abschätzbar, ergänzte VW-Konzernchef Herbert Diess.
Vor gut zwei Wochen hatte VW einen Umsatzanstieg von bis zu 4 Prozent für dieses Jahr in Aussicht gestellt, vom Umsatz sollten zwischen 6,5 Prozent und 7,5 Prozent operatives Ergebnis hängen bleiben. In den vergangenen Tagen hatte viele Konzerne wegen der Situation um die Ausbreitung der Lungenkrankheit Covid-19 ihre Prognosen kassiert, die meisten europäischen Autokonzerne fahren derzeit zudem ihre Fabriken herunter.
VW-Chef Diess verdient etwas weniger
VW-Konzernchef Herbert Diess bekommt für das vergangene Geschäftsjahr etwas weniger Gehalt als noch für 2018. Der Vorstandsvorsitzende soll - Rentenansprüche herausgerechnet - insgesamt rund 7 Millionen Euro erhalten. Dies geht aus dem Vergütungsbericht hervor, den Volkswagen am Dienstag zusammen mit den endgültigen Jahreszahlen in Wolfsburg veröffentlichte.
Im Jahr zuvor hatten die entsprechenden Zuflüsse bei Diess noch mehr als 7,6 Millionen Euro betragen. Die Werte sind aber nicht direkt vergleichbar. Unter anderem ist in der Summe für 2019 eine Zahlung enthalten, die aus einem nach Beginn der Dieselkrise zunächst auf Eis gelegten Aktienpaket stammt und die in den Vorjahren fehlte. Andererseits entfällt für Diess 2019 eine Ausschüttung aus dem "langfristigen Anreizprogramm", die sich über mehrere Jahre verteilt und von der der Manager schon im Jahr davor profitiert hatte.
Die Gehälter der VW-Vorstände bestehen aus einem fixen Basisgehalt plus Nebenleistungen sowie zwei variablen Bestandteilen: einem am laufenden Jahr und einem an einer Spanne von drei Geschäftsjahren orientierten Bonus. Für letzteren ist die Auszahlung über mehrere Stufen und Abschläge gestaffelt. Der mit Abstand größte Gehaltsteil bei Diess war 2019 der Ein-Jahres-Bonus mit knapp 4,3 Millionen Euro. Seine Rentenansprüche beliefen sich auf über 1,3 Millionen Euro.
Insgesamt soll der VW-Konzernvorstand, dem über alle Phasen des vorigen Jahres insgesamt neun Manager angehörten, mehr als 45 Millionen Euro bekommen. Für die rund 100 000 Tarifbeschäftigten der Volkswagen AG gibt es einen Bonus von jeweils 4950 Euro.
VW-Vorzüge gefragt
Die Vorzugsaktie des VW-Konzerns schwankte im Dienstagshandel zwischen Gewinnen und Verlusten. Schlussendlich stieg sie auf XETRA aber doch noch um 1,74 Prozent auf 99,08 Euro.
/jap/men
WOLFSBURG (dpa-AFX)
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