Hohe Erwartungen, trotz widrigen Umfelds
Mit einem Plus von 29 Prozent war 2012 eines der besten Jahre in der Geschichte des DAX – und glaubt man den Prognosen dürfte der Aufwärtstrend auch in 2013 anhalten.
Wie Umfragen zeigen, geht die Mehrheit der Analysten davon aus, dass der deutsche Leitindex im Laufe des Jahres zunächst die 8000-Punkte-Marke knacken wird, um dann auf neue Rekordstände jenseits von 8150 Zählern zu steigen. Doch woher kommt dieser Optimismus? Denn von der deutschen Wirtschaft – auch da sind sich die Experten einig – dürften in diesem Jahr keine großen Impulse ausgehen. Die Schätzungen sehen das Bruttoinlandsprodukt in 2013 lediglich zwischen einem halben und einem Prozent zulegen. Für die Eurozone wird im besten Fall sogar nur ein Null-Wachstum erwartet. Darüber hinaus hängt die Wirtschaft der USA noch immer am seidenen Faden, auch wenn der Fall über die Fiskalklippe mit einem Last-Minute-Kompromiss zumindest vorerst vermieden werden konnte. Nicht zu vergessen sind auch geopolitische Gefahren wie zum Beispiel der permanent schwelende Atomstreit mit dem Iran.
Vor diesem Hintergrund tut sich der Verdacht auf, dass die Stimmung an den Aktienmärkten momentan besser ist, als es die Lage hergeben würde. Aber ist die Lage wirklich so schlecht? Zwar stottert im Augenblick der weltweite Konjunkturmotor, die Notenbanken werden allerdings alles versuchen, um diesen wieder zum Laufen zu bringen. Oder anders ausgedrückt: Die Politik des billigen Geldes dürfte eine Fortsetzung finden. So mancher Volkswirt geht davon aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins im Laufe des Jahres von 0,75 Prozent auf 0,50 Prozent nach unten korrigieren wird. Die Analysten der Citi gehen sogar von einem Rückgang bis auf 0,25 Prozent aus. Für Anleger hat das den misslichen Nebeneffekt, dass mit deutschen Staatsanleihen auch künftig nichts oder kaum etwas zu verdienen sein wird. Das gleiche gilt für andere hochrangige Staatspapiere wie US-Bonds oder Schweizer Schuldverschreibungen. Doch wohin mit der ganzen Liquidität? Von diesem Umfeld mit niedrigen Zinsen könnten Sachwerte wie Aktien und Gold profitieren, zumal in Ländern wie Deutschland die Realzinsen schon seit geraumer Zeit negativ sind.
Und die Euro-Schuldenkrise? Diese dürfte zwar auch in diesem Jahr die Märkte in Atem halten, aber eine Eskalation oder gar ein Ende des Euro ist nicht sehr wahrscheinlich. Die EZB hat ja bereits angekündigt, die Gemeinschaftswährung mit allen Mitteln verteidigen zu wollen, notfalls auch mit unbegrenzten Ankäufen von Staatsanleihen aus Krisenländern. Bleibt festzuhalten: Trotz des aktuell wenig berauschenden konjunkturellen Umfelds haben Aktien in 2013 durchaus gute Chancen, auch weil die Bewertungen noch nicht abgehoben sind. Auf der anderen Seite dürfte sich ein Trend fortsetzen, der schon seit einigen Jahren an den Aktienmärkten zu beobachten ist: die spürbar gestiegene Volatilität. Aber selbst das muss keine schlechte Nachricht sein, zumindest nicht für spekulative Anleger. Denn je stärker die Märkte schwanken, umso vielfältiger die Trading-Chancen.
Dirk Heß, Finanzexperte der Citi, schreibt regelmäßig zu aktuellen Markt- und Derivate-Themen. Als Leiter öffentlicher Vertrieb Deutschland & Österreich Equity & Private Investor Solutions besitzt er langjährige Expertise in allen Fragen rund um Börse und Investments. In seinem regelmäßigen Kommentar gibt Dirk Heß fundiertes Fachwissen weiter.
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