Christian Scheid

Siemens: Umbau kommt mit großen Schritten voran

17.11.16 10:17 Uhr

Siemens: Umbau kommt mit großen Schritten voran | finanzen.net

Schon seit Jahren stärkt der Elektrokonzern Siemens sein Geschäft mit Industriesoftware mittels Zukäufen.

Im Januar hatten die Münchner den Kauf von CD-adapco für knapp eine Mrd. Dollar angekündigt. Kürzlich folgte eine strategische Beteiligung an dem kleineren Anbieter Bentley Systems. Nun lässt es das Unternehmen richtig krachen: Geplant ist die Übernahme des Softwareherstellers Mentor Graphics. Inklusive Schulden beläuft sich der Wert der Transaktion auf 4,5 Mrd. Dollar.

Die Sparte mit Industriesoftware gilt zwar als relativ konjunkturanfällig, sie ist aber eine der profitabelsten bei Siemens. Auch Mentor birgt vergleichsweise hohe Gewinnspannen. Das Übernahmeziel ist Spezialist für Automatisierungssoftware und das Design von Halbleitern. Mit dem Zukauf will Siemens seinen Kunden Design- und Produktionssoftware für nahezu alle Kategorien anbieten. "Alles vom Flugzeug über Züge bis hin zu Wearables in ihren Tennisschuhen", so Chuck Grindstaff, zuständiger Manager für Produktsimulationssoftware bei Siemens.

Der Abschluss des Deals wird im zweiten Quartal 2017 erwartet. Bereits ab dem dritten Jahr nach Abschluss des Geschäfts soll er zum Gewinn beitragen. Ab dem vierten Jahr soll sich der Kauf vor Zinsen und Steuern dank einer größeren Kundenkartei und Kostensenkungen mit rund 100 Mio. Euro positiv bemerkbar machen. Vorher dürften aber durch die Integration in den ersten beiden Jahren auch jeweils Kosten in dieser Höhe anfallen.

Zukauf passt zur Strategie

Der Zukauf stützt die von Siemens-Chef Joe Kaeser vorangetriebene Neuausrichtung des Konzerns auf die Schwerpunkte Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung. Für einen Paukenschlag sorgte in dem Zusammenhang die Ankündigung anlässlich der Bilanzvorlage, die Medizintechnik an die Börse bringen zu wollen. Damit würde der DAX-Konzern den nächsten Schritt zur Verselbstständigung der Sparte machen. Mit einer Börsennotierung bekomme das "Healthineers" getaufte Geschäft mehr Eigenständigkeit für das angepeilte Wachstum, sagte Vorstandschef Joe Kaeser.

Mindestens 25 Mrd. Euro wert

Wann und in welchem Umfang Siemens Anteile an die Börse bringt, will der DAX-Konzern zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden und bekanntgeben. Die hänge auch vom Börsenumfeld ab und davon, wie aufnahmefähig der Markt sei. Siemens plant den Schritt, um für den absehbaren höheren Investitionsbedarf gerüstet zu sein und um auf Kundenbedürfnisse im Gesundheitssektor reagieren zu können. Analysten taxieren den Wert auf mindestens 25 Mrd. Euro. Damit könnte Healthineers einer der größten deutschen Börsengänge aller Zeiten werden.

Angesichts dieser Aussichten konnte selbst der betont vorsichtige Ausblick von Kaeser die Stimmung der Anleger nicht trüben: Die Prognose für das Geschäftsjahr 2016/17 (Ende September) sei ambitioniert und lasse nicht viel Raum für Fehler. Allerdings rechnen viele Analysten mit mehr Umsatz und Gewinn als Kaeser selbst. Dem Aktienkurs tat das keinen Abbruch: Der Titel legte am Tag der Bilanzpressekon-ferenz um 4,6 Prozent zu und sprang inzwischen sogar über 110 Euro - der höchste Stand seit 2007. Jetzt ist sogar ein Anlauf auf das Allzeithoch aus dem Jahr 2000 bei 126 Euro denkbar. Mit einem Bonus-Zertifikat der Deutschen Bank sind Anleger voll dabei.

Christian Scheid ist seit rund 18 Jahren als Wirtschafts- und Finanzjournalist tätig, davon seit circa zehn Jahren als freier Autor. Aktuell schreibt er für mehrere deutschsprachige Fachmagazine und -zeitungen in den Bereichen Aktien und Derivate, darunter Börse Online, Capital, Euro am Sonntag und Zertifikate // Austria. Per 1. Juli 2014 kehrte er zum ZertifikateJournal zurück, wo er bis Ende 2009 schon einmal tätig war und die damalige Österreich-Ausgabe des ZJ verantwortete. Hier können Sie sich zum Gratis-Newsletter anmelden: ZertifikateJournal


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