Chinesischer Einstieg

HHLA-Aktie freundlich: Kompromiss bei Hamburger Hafen-Deal in Sicht

25.10.22 16:44 Uhr

HHLA-Aktie freundlich: Kompromiss bei Hamburger Hafen-Deal in Sicht | finanzen.net

Im Fall der politisch umstrittenen chinesischen Beteiligung an einem Containerterminal im Hamburger Hafen läuft es innerhalb der Bundesregierung auf eine Kompromisslösung zu.

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Demnach würde sich der chinesische Cosco-Konzern zwar wie vor mehr als einem Jahr vereinbart an dem Terminal Tollerort des Hamburger Hafenlogistikers HHLA beteiligen. Der Anteil der Chinesen würde aber nur 24,9 Prozent betragen. Unter den beteiligten Ministerien liefen am Dienstag nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur noch entsprechende Abstimmungen.

Nach Informationen aus Regierungskreisen sehen die beteiligten Ressorts der Bundesregierung eine Begrenzung allenfalls als "Notlösung" an, um zu verhindern, dass Cosco wie ursprünglich geplant einen Anteil von 35 Prozent an der Betreibergesellschaft des Terminals sowie einen Geschäftsführer und Einspruchsrechte bekommen würde. Eine komplette Untersagung werde nach wie vor für den richtigen Weg gehalten, das hätten die Ressorts deutlich gemacht.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bekräftigte am Rande eines EU-Ministertreffens in Luxemburg seine Haltung, "dass wir möglichst keine chinesischen Investitionen in kritischer Infrastruktur haben sollten". Er fügte hinzu, die Abstimmung in der Bundesregierung sei noch nicht abgeschlossen. "Die läuft also noch."

Allerdings hieß es in Regierungskreisen, es zeichne sich ab, dass eine Entscheidung über eine vollständige Untersagung einer Beteiligung im Kabinett nicht erreicht werden könne - weil sie nicht vom Kanzleramt auf die Tagesordnung gesetzt werde, wie es weiter hieß. Entscheide das Kabinett nicht in dieser Woche, sei der Verkauf automatisch so wie von Cosco und HHLA vereinbart genehmigt. Dies gelte es zu verhindern. Eine Beteiligung von 24,9 Prozent liegt gesellschaftsrechtlich unter der so genannten Sperrminorität von einem Viertel, mit der wichtige Entscheidungen eines Unternehmens von einem Anteilseigner blockiert werden können.

Offen ist, wie sich der chinesische Konzern zur neuen Sachlage verhält. Eine entsprechende dpa-Anfrage an die Cosco Shipping Ports Limited (CSPL) blieb am Dienstag unbeantwortet. Nach dpa-Informationen dürfte die in Berlin gefundene Lösung aber mit der chinesischen Seite abgestimmt sein. Beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA gehe man davon aus, dass die Chinesen die Kompromisslösung mit einer auf 24,9 Prozent reduzierten Beteiligung mittragen, hieß es in Unternehmenskreisen. Während der Gespräche mit der Bundesregierung habe es in den vergangenen Tagen auch immer eine Rückkopplung mit Cosco gegeben.

Der Cosco-Konzern betreibt auch die weltweit viertgrößte Containerreederei. Deren Schiffe laufen seit mehr als 40 Jahren das Terminal Tollerort an. Cosco will im Gegenzug zu der Beteiligung das CTT zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa machen. Reedereibeteiligungen an Terminals sind in der globalen Containerlogistik üblich. Beispielsweise ist Hapag-Lloyd am Hamburger HHLA-Terminal Altenwerder beteiligt und Maersk hält Anteile an einem Terminal in Bremerhaven. Cosco selbst hält allein in Europa bereits Beteiligungen an acht Terminals.

Reedereien sichern sich mit solchen Beteiligungen Abfertigungskapazitäten. Im Gegenzug sichern Terminalbetreiber die Auslastung ihrer Anlagen. Zudem helfen externe Kapitalbeteiligungen, nötige Investitionen zu stemmen, die etwa für Automatisierung und klimaneutralen Umbau der Abfertigung nötig sind. Nach Einschätzung aus Branchenkreisen wäre ein Scheitern des Cosco-Einstiegs für den größten deutschen Seehafen fatal. "Die müssen das machen", heißt es. In Hamburg herrscht Sorge, dass Cosco bei einem Scheitern Geschäft beispielsweise zu den größeren Konkurrenzhäfen Rotterdam oder Antwerpen verlagern könnte. Der weltgrößte Exporteur China ist mit etwa einem Drittel der abgefertigten Container mit Abstand wichtigster Handelspartner des größten deutschen Seehafens.

Unter dem Eindruck der jüngsten Erfahrungen mit Russland und der Abhängigkeit von dessen Gaslieferungen war politischer Streit entbrannt über die Frage, ob eine chinesische Beteiligung zugelassen werden soll. Der federführende Minister Habeck warnt etwa vor neuen Abhängigkeiten.

Linie des Wirtschaftsministeriums und anderer Ministerien war es eigentlich, das Geschäft unter Verweis auf Sicherheitsrisiken komplett zu untersagen. Das Kanzleramt drängte aber laut Medienberichten darauf, dass der Einstieg zustande kommt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der Anfang November nach China reist, betonte zuletzt, dass noch nichts entschieden sei und noch viele Fragen geklärt werden müssten. Er wies zudem darauf hin, dass es nicht um einen Verkauf des Hafens gehe. Grund und Boden selbst sind zu 100 Prozent im Besitz der Hansestadt Hamburg.

Der sich nun abzeichnende Kompromiss ist in der Ampel-Koalition umstritten. Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour sagte der dpa: "Die Teiluntersagung der Übernahmeabsichten von Cosco würde dem Ausverkauf unserer kritischen Infrastruktur an ein chinesisches Staatsunternehmen immerhin die Spitze nehmen." Das ändere aber nichts daran, dass die Entscheidung von Scholz, den Verkauf nicht komplett zu untersagen, falsch sei. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte der dpa, der Kompromiss mit einer geringeren chinesischen Beteiligung sei ein weiterer folgenschwerer Fehler in Zeiten großer Ungewissheit.

Das China-Institut Merics warnte vor Risiken. Analyst Jacob Gunter sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: "Cosco und seine Investition in den Hamburger Hafen bergen verschiedene Risiken für die Sicherheit und die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands." Cosco sei nicht nur ein weiteres multinationales Unternehmen, das einfach nur eine Rendite anstrebt - sondern ein Instrument der chinesischen Regierung, um deren strategische Ziele voranzutreiben. Je abhängiger Deutschland von Investitionen und Geschäften mit Cosco werde, desto mehr Einfluss könnten Cosco und Parteifunktionäre auf die deutsche China-Politik ausüben.

Hamburger Hafenwirtschaft fordert Lösung des Elbschlickproblems

Die Hamburger Hafenwirtschaft hat den Bund zu einer zügigen Lösung des anhaltenden Schlickproblems in der Unterelbe aufgefordert. Es sei "dringend erforderlich, dass der Bund kurzfristig Maßnahmen ergreift, um die Soll-Wassertiefen auf der Bundeswasserstraße Elbe wieder herzustellen", sagte der Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg (UVHH), Gunther Bonz, am Dienstag in Hamburg. Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes hatte Anfang Oktober geringere nutzbare nautische Tiefen einräumen müssen, als nach der letzten Elbvertiefung eigentlich vorgesehen. Der Vorteil der Fahrrinnenanpassung - Erhöhung der zulässigen Tiefgänge - bleibe allerdings "auf einem eingeschränkten Niveau" mit um 20 bis 90 Zentimetern erhöhten Tiefgängen erhalten.

Bonz mahnte außerdem "zeitnah Lösungen zur künftigen Baggergutunterbringung" an. "Hierzu müssen die Bundesländer, die Port Authorities und der Bund enger kooperieren", sagte der UVHH-Präsident. Der Hamburger Hafen hat als ein von Ebbe und Flut abhängiger Tidehafen ein ständiges Schlickproblem: Immer wieder muss in der Elbe gebaggert werden, um für große Schiffe den Zugang zum größten deutschen Seehafen zu sichern. Der Schlick wird an verschiedenen Stellen in der Unterelbe und in der Nordsee abgeladen. Eine endgültige Lösung steht noch aus.

Ein stärkeres Engagement des Bundes verlangt die Hafenwirtschaft auch beim Ausbau der Infrastruktur rund um den Hafen. "Häfen sind systemrelevant und Teil der kritischen Infrastruktur - heute mehr denn je, um die Versorgung Deutschlands mit Rohstoffen und alternativen Energieträgern sicherzustellen", so der UVHH. "Vor allem bei den anstehenden Investitionen, die im Zusammenhang mit der Energiewende stehen, bedarf es verlässlicher Rahmenbedingungen und eines stärkeren finanziellen Engagements auch des Bundes." Der Erhalt und der Ausbau von Hafeninfrastruktur sei nicht mehr allein durch die Länder finanzierbar.

Dobrindt kritisiert Kompromiss in Regierung zum Hafen-Streit

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat den sich abzeichnenden Kompromiss in der Bundesregierung zum chinesischen Einstieg bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen kritisiert. Er sagte am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur: "Die Bundesregierung darf der chinesischen Salamitaktik nicht auf den Leim gehen. Auch eine Beteiligung von rund einem Viertel an dem Containerterminal schafft neue einseitige Abhängigkeiten und muss von der Bundesregierung unterbunden werden. Der Verkauf der Gasspeicher an Russland sollte mahnendes Beispiel sein, sich bei kritischer Infrastruktur nicht erneut erpressbar zu machen."

Nach dem Kompromiss soll sich der chinesische Cosco-Konzern an dem Terminal beteiligen dürfen - aber nur mit einem kleineren Anteil. Cosco soll nicht wie geplant 35 Prozent des Terminals Tollerort übernehmen können, sondern nur 24,9 Prozent. Der Konzern könnte dann als Minderheitsaktionär formal keinen inhaltlichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben.

Grüne halten jede Beteiligung von Cosco im Hamburger Hafen für falsch

Der sich abzeichnende Kompromiss zur Beteiligung des chinesischen Cosco-Konzerns im Hamburger Hafen ist aus Sicht der Grünen eine Form von Schadensbegrenzung. "Wir Grüne halten den Verkauf kritischer Infrastruktur an China für gefährlich", bekräftigte der Vorsitzende Omid Nouripour am Dienstag die generelle Position seiner Partei.

"Die Teiluntersagung der Übernahmeabsichten von Cosco würde dem Ausverkauf unserer kritischen Infrastruktur an ein chinesisches Staatsunternehmen immerhin die Spitze nehmen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Das ändere aber nichts daran, dass die Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), den Verkauf nicht komplett zu untersagen, "falsch" sei, betonte der Co-Parteivorsitzende.

Nach dem Kompromiss soll sich der chinesische Cosco-Konzern zwar an dem Terminal im Hamburger Hafen beteiligen dürfen - aber nur mit einem kleineren Anteil als ursprünglich vorgesehen. Cosco soll demnach nicht wie geplant 35 Prozent des Terminals Tollerort übernehmen können, sondern nur 24,9 Prozent. Der Konzern könnte dann als Minderheitsaktionär formal keinen inhaltlichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben. Der Bundesnachrichtendienst (BND) und das Bundesamt für Verfassungsschutz hatten vor möglichen Risiken einer chinesischen Beteiligung an dem Terminal gewarnt.

Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, hatte erklärt, man müsse bei Investitionen in wichtige Infrastrukturprojekte auch darauf gefasst sein, "dass technische Möglichkeiten oder auch wirtschaftliche Hebel genutzt werden, um chinesische Vorstellungen durchzusetzen".

Die HHLA-Aktie notiert im XETRA-Handel zeitweise 1,90 Prozent höher bei 11,80 Euro.

HAMBURG/BERLIN (dpa-AFX)

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Bildquellen: HHLA

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