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Hexensabbat: Darum spielen die Derivatebörsen viermal im Jahr verrückt

21.06.24 23:49 Uhr

Globale Finanzmärkte im Ausnahmezustand: Hexensabbat sorgt für Hochspannung | finanzen.net

Viermal pro Jahr kommt es weltweit an den Derivatebörsen zu einem besonderen Ereignis - dem sogenannten Hexensabbat. Dieser Tag ist durch die gleichzeitige Fälligkeit von Aktienoptionen, Indexoptionen und Futures auf Indizes und Aktien gekennzeichnet, was zu ungewöhnlich hohen Handelsvolumina und erhöhter Volatilität führen kann.

• Hexensabbat führt zu Volatilität und unvorhergesehenen Preisschwankungen
• Investoren können von Schwankungen profitieren
• Hoher Stressfaktor



Hexensabbat am dritten Freitag im März, Juni, September und Dezember

Der Hexensabbat findet immer am dritten Freitag der letzten Quartalmonate März, Juni, September und Dezember an den weltweit wichtigsten Derivatebörsen statt. An diesen Tagen enden die Verträge für die verschiedenen Optionen und Futures, was eine Neupositionierung der Portfolios sowohl von institutionellen als auch von privaten Investoren erfordert. Die genaue Abstimmung dieser Finanzinstrumente führt zu erhöhter Aktivität und kann kurzfristige Auswirkungen auf die Preisgestaltung und die Marktstabilität haben.

An diesen großen Verfallstagen laufen an den großen Terminbörsen die Terminkontrakte aus. An der European Exchange (Eurex) Terminbörse finden die Ausläufe der Terminkontrakte (Futures und Optionen) wie folgt statt: STOXX-Gruppe zwischen 11:50 und 12:00 Uhr; DAX und TecDAX um 13:00 Uhr; MDAX um 13:05 Uhr (während der XETRA-Mittagsauktion); und Aktien um 17:30 Uhr (zum Beginn der XETRA-Schlussauktion). In den USA werden die Abrechnungspreise in der letzten Handelsstunde des Börsentages, zwischen 15:00 und 16:00 Uhr Ortszeit New York City (Eastern Time), festgestellt.

Volatilität steigt drastisch

An Tagen des Hexensabbats können die Finanzmärkte erheblichen Schwankungen unterliegen. Diese Volatilität entsteht durch das Abwickeln und neu Auflegen großer Positionen in den betroffenen Finanzprodukten. Investoren und Händler versuchen, ihre Portfolios vor dem Verfall der Optionen und Futures zu schützen oder zu optimieren, was zu starken Kursbewegungen führen kann. Insbesondere für kurzfristig orientierte Händler kann der Hexensabbat eine Gelegenheit darstellen, von den Preisbewegungen zu profitieren.

Obwohl der Hexensabbat für seine Volatilität bekannt ist, bereiten sich erfahrene Händler und Großinvestoren oft gründlich auf diese Tage vor. Das kann dazu führen, dass es auch schon Tage vor dem Hexensabbat zu unvorhergesehenen Marktschwankungen ohne erkennbaren Grund kommt. Investoren analysieren meist mögliche Szenarien und entwickeln Strategien, um von den erwarteten Marktbewegungen zu profitieren oder ihre Positionen abzusichern. Einige der häufigen Strategien umfassen das Schließen alter Positionen und das Öffnen neuer, um das Risiko zu minimieren und die Chancen in der neuen Marktumgebung zu maximieren.

Hexensabbat tendenziell bärisch für Aktien

Was die Strategien und den Handel am Hexensabbat angeht, bietet die Website Quantified Strategies eine detaillierte Analyse. Sie untersucht die Marktvolatilität und das Handelsvolumen am Hexensabbat und führt Backtests durch, um die Auswirkungen dieser Tage auf die Märkte zu verstehen. Die Ergebnisse zeigen, dass der Hexensabbat tendenziell eher bärische Entwicklungen für Aktien mit sich bringt und dass während der Hexensabbatwoche insgesamt positive Ergebnisse erzielt werden können, sofern man die Positionen vor dem eigentlichen Verfallsdatum schließt. Allerdings ist zu beachten, dass es wegen der großen Volatilität sehr nervenaufreibend sein kann, während dieser Tage zu handeln.

Phänomen verdeutlicht Probleme des Finanzmarktes

Trotz der Faszination, die der Hexensabbat hervorruft, gibt es auch Kritik an den damit verbundenen Marktpraktiken. Kritiker argumentieren, dass die erzwungenen und oft künstlichen Schwankungen nicht immer die tatsächlichen wirtschaftlichen Bedingungen oder Unternehmenswerte widerspiegeln. Der bekannte Finanzexperte Dirk Müller, auch bekannt als "Mr. DAX", äußert sich kritisch über diese Praxis. Auf seiner Webseite betont er, dass es nicht zum Nutzen der Realwirtschaft sei, wenn die Abwicklung von "Wetten" auf Aktien und Indizes den Wert einzelner Unternehmen innerhalb weniger Minuten um Milliardenbeträge nach oben oder unten verändern kann. Er illustriert das Problem mit der Metapher, dass "der Schwanz inzwischen mit dem Hund wackelt", was die übermäßige Einflussnahme der Finanzmärkte auf die reale Wirtschaft unterstreicht.

Redaktion finanzen.net

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