Börsengang geglückt

Sind die hohen Erwartungen zu ambitioniert? Wie die Aussichten für die Coinbase-Aktie wirklich sind

15.04.21 23:20 Uhr

Sind die hohen Erwartungen zu ambitioniert? Wie die Aussichten für die Coinbase-Aktie wirklich sind | finanzen.net

Coinbase hat am Mittwoch einen erfolgreichen ersten Handelstag an der New Yorker NASDAQ gefeiert. Die Bewertung des Unternehmens ist hoch - die Erwartungen an die Kryptobörse ebenfalls.

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• Coinbase mit Milliardenbewertung
• Unternehmen vor großen Herausforderungen bei Service, Angebot und Gebührenstruktur
• Starke Abhängigkeit von BTC und ETH

Mit einem Schlusskurs von 328,28 US-Dollar hat die Coinbase-Aktie ihren ersten Handelstag an der US-Börse NASDAQ beendet. Damit beläuft sich der Marktwert des ersten Kryptounternehmens in diesem Börsensegment auf 85,8 Milliarden US-Dollar. Eine sportliche Bewertung, zieht man in Betracht, dass das Unternehmen im Rahmen der letzten Finanzierungsrunde vor dem Börsengang durch private Geldgeber noch mit 8 Milliarden US-Dollar bewertet wurde.

Profitiert hat Coinbase dabei auch von einer aktuell durchweg positiven Börsenstimmung: Sowohl am Aktienmarkt als auch am Kryptomarkt sind Anleger seit Monaten in Kauflaune, immer neue Rekorde bei Bitcoin & Co. haben die starke Nachfrage nach Coinbase-Aktien befeuert. Die hohe Bewertung bringt aber auch hohe Erwartungen mit sich: Ist der Hype um die Kryptobörse tatsächlich gerechtfertigt?

Schwarze Zahlen - Starkes Wachstum

Coinbase ist als profitables Unternehmen mit einer soliden Geschäftsentwicklung an die Börse gegangen - ein Merkmal, das die Kryptobörse von zahlreichen anderen Börsenneulingen und -aspiranten, die zwar über eine intakte Wachstumsstory verfügen aber noch keine Gewinne erzielen, unterscheidet.

Vorläufigen Zahlen zufolge hat der Konzern in den ersten drei Geschäftsmonaten des laufenden Jahres 1,8 Milliarden US-Dollar umgesetzt - ein Plus von rund 850 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch beim Gewinn ging es im ersten Quartal deutlich nach oben: 800 Millionen US-Dollar blieben unter dem Strich bei Coinbase hängen - vor Jahresfrist hatte das Unternehmen zwar auch bereits schwarze Zahlen geschrieben, allerdings nur einen Nettogewinn von 32 Millionen US-Dollar erzielt. Doch die hohe Bewertung der Aktie weckt Erwartungen bei Anlegern: Sie hoffen auf eine Fortsetzung der Wachstumsstory bei gleichzeitig weiterhin starker Gewinnentwicklung.

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Kann Coinbase die Konkurrenz weiter auf Abstand halten?

Ob dies realistisch ist, wird insbesondere davon abhängen, ob Coinbase seine starke Marktposition verteidigen und weiter ausbauen kann. Denn die Branche ist hart umkämpft und bereits jetzt hat die Kryptobörse eine Flut von Mitbewerbern vor der Brust. Nicht nur der Marktführer Binance will den US-Amerikanern weitere Marktanteile abnehmen, auch Gemini, Bitstamp, Kraken wollen ein Stück vom Kryptokuchen.

Noch sind Kryptoinvestments unter Anlegern nicht sehr weit verbreitet, was allen Anbietern Chancen verschafft, ihre Kundenbasis weiter auszubauen.

In den letzten Monaten war das ökonomische Umfeld für Krypto-Serviceunternehmen gut: Bitcoin & Co. markierten immer neue Höchststände, während der Corona-Pandemie drängten zahlreiche neue Anleger an die Börse. Doch mit zunehmender Entspannung an der Pandemie-Front, einer zunehmenden Impfdurchdringung und wieder mehr Möglichkeiten, Geld jenseits der Finanzmärkte auszugeben, dürfte diese Tendenz zumindest abflachen. Abhängig ist dies insbesondere davon, ob Kryptoanlagen ihren Nischenstatus verlieren und im Mainstream ankommen werden.

Bleiben Kryptowährungen eine Anlageklasse für eine kleine Anlegergruppe, wird es insbesondere darauf ankommen, mit welchen Services die jeweiligen Anbieter punkten können. Wer Kunden gewinnen und die Kundenbasis ausbauen will, muss sich durch zunehmende Dienstleistungen von der Konkurrenz abheben und deutlich mehr anbieten, als nur den Kauf- und Verkauf von Kryptowährungen. Coinbase könnte in diesem Zusammenhang punkten, denn das Unternehmen hat sein Dienstleistungspotenzial noch nicht ausgereizt. Mittel- bis langfristig könnte Coinbase zunehmend in das Geschäftsfeld klassischer Bankenplayer eindringen und selbst klassische Bankdienstleistungen wie etwa Sparpläne anbieten.

Doch auch die Konkurrenz schläft nicht: Bereits jetzt ist der Marktführer Binance beim Serviceangebot weit vorn, hinzu kommt, dass auch traditionelle Bankhäuser wohl über kurz oder lang Dienstleistungen im Kryptosektor anbieten werden. Der Kampf um Neukunden dürfte dann - neben dem Angebot - auch über den Vertrauensfaktor, insbesondere aber über den Preis geführt werden.

Coinbase: Gebührenstruktur nicht konkurrenzfähig?

Schaut man sich die Entwicklungen im Aktienhandel in den vergangenen Monaten an, dürfte die Preisgestaltung tatsächlich ein elementarer Faktor sein, um Kunden an sich zu binden. Denn mit Apps wie Robinhood & Co. sind die Hürden für den Handel mit Unternehmensanteilen nicht nur deutlich kleiner geworden, zeitgleich wurde auch ein erbitterter Preiskampf am Gebührenmarkt ausgelöst, der dazu geführt hat, dass der Kauf- und Verkauf von Aktien für Kleinanleger im Wesentlichen inzwischen kostenlos wurde.

Ähnliche Tendenzen erwarten Beobachter auch beim Kryptohandel. Will Coinbase diesbezüglich mithalten, wird dies zu Lasten der Margen gehen. Das wird umso deutlicher, wenn man einen genaueren Blick in die Coinbase-Bilanz wirft: Im Jahr 2020 machten die Handelsgebühren 86 Prozent des Gesamtumsatzes von Coinbase aus. Sinken diese oder gehen sogar auf null, wird sich dies massiv auf die Bilanz durchschlagen, wenn die Kryptobörse die Einnahmeausfälle nicht mit Einnahmen in anderen Bereichen kompensieren kann.

Zusätzlicher Margendruck ist durch Investitionen in Vertrieb und Marketing zu erwarten. 12 Prozent bis 15 Prozent des Nettoumsatzes im Jahr 2021 sollen dafür aufgewendet werden, kündigte das Unternehmensmanagement an. Die Kryptobörse lässt sich also Kundenakquise und -bindung einiges kosten, was sich ebenfalls belastend in der Gewinnentwicklung niederschlagen dürfte. Sinkende Margen sind in der hohen Unternehmensbewertung allerdings kaum gerechtfertigt.

Noch spielt das Umfeld Coinbase in die Karten

Noch ist die Stimmung am Markt aber ausgesprochen positiv, davon profitiert auch Coinbase. Investoren, die Kryptoinvestments in Erwägung ziehen, ohne in Kryptowährungen selbst investieren zu wollen, könnten den Kauf von Coinbase als lohnenswerte, weniger riskante Alternative der Teilhabe ansehen. Eine Aktienalternative in diesem Börsensegment gibt es nicht.

Hinzu kommt: Als Kryptounternehmen an der NASDAQ ist Coinbase eine starke Aufmerksamkeit von Investorenseite garantiert. Voraussichtliche Mittelzuflüsse durch die Tatsache, dass Fonds und ETFs den Markt abbilden und damit auch Coinbase-Aktien erwerben dürften, wird den Aktienkurs voraussichtlich zumindest in naher Zukunft stützen.

Und auch die Tatsache, dass sich Coinbase als Kryptohändler von milliardenschweren Unternehmen wie Tesla und institutionellen Investoren einen Namen gemacht hat, ist wohl ein Pluspunkt für das Unternehmen. Denn institutionelle Investoren sind die Hoffnungsträger des Kryptmarktes. Noch ist ihr Anteil überschaubar, steigen sie aber in großem Stil in den Markt ein, dürften sie mit dazu beitragen, Bitcoin & Co. aus der Nische in den Mainstream zu hieven. Wenn sie dann Coinbase als Handelsplattform und Verwahrer ihrer Kryptoinvestments nutzen, könnte dies die Folgen durch eine mögliche Abwanderung von Retail-Kunden zur voraussichtlichen Billig-Konkurrenz etwas abfedern.

Massive Abhängigkeit von Bitcoin & Co.

Das große Plus von Coinbase, das die Unternehmensbewertung zuletzt mit angetrieben hatte, nämlich die Tatsache, dass die Kryptobörse auch die Entwicklung am derzeit überaus starken Kryptomarkt abbildet, ist jedoch nicht nur als Vorteil zu werten.

Denn tatsächlich dürften Coinbase und die Preisentwicklung bei Bitcoin auch dann korrelieren, wenn es zu Gewinnmitnahmen am Kryptomarkt kommt, oder wenn Investoren aus anderen Gründen ihr Geld aus Kryptowährungen abziehen.

Anleger müssen sich zudem über das Konzentrationsrisko bewusst sein, denn die Entwicklung der Coinbase-Aktie ist - ebenso wie das Geschäftsmodell und damit die operative Entwicklung von Coinbase - unmittelbar von BTC und Ethereum abhängig. Sinkt die Nachfrage nach diese beiden Kryptowährungen, wird sich dies elementar auf Handelsvolumen und Transaktionserlöse auswirken.

Coinbase steht also in den kommenden Monaten vor enormen Herausforderungen. Die Erwartungen der Anleger sind angesichts der hohen Unternehmensbewertung sehr groß. Ob die Kryptobörse die Bewertung rechtfertigen kann, wird unter anderem davon abhängen, wie die Entwicklung am Kryptomarkt weiter verlaufen wird und ob es dem Unternehmen gelingt, die Konkurrenz in Schach zu halten.

Redaktion finanzen.net

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Bildquellen: Primakov / Shutterstock.com, Burdun Iliya / Shutterstock.com

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