Börsenfusion vor dem Scheitern: Schuldzuweisungen beginnen
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FRANKFURT/LONDON (dpa-AFX) - Nach dem drohenden Aus für die Fusion von Deutscher Börse und Londoner Börse haben die Schuldzuweisungen begonnen. In Medien wurden verschiedene Gründe kolportiert, warum die London Stock Exchange bei dem Deal faktisch die Reißleine gezogen hat. Laut "Handelsblatt" war die Frage des Standorts der gemeinsamen Dachgesellschaft der Knackpunkt; nach Lesart der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" waren es die Vorwürfe des Insiderhandels gegen den Chef der Deutschen Börse, denn Carsten Kengeter soll auch das gemeinsame Unternehmen führen. "Es gibt viele Spekulationen", sagte eine Sprecherin der LSE am Dienstag. "Diese können wir nicht kommentieren." Auch ein Sprecher der Deutschen Börse in Frankfurt lehnte einen Kommentar diesbezüglich ab.
Die London Stock Exchange hatte in der Nacht zu Montag überraschend verkündet, eine Auflage der EU-Wettbewerbshüter zur Genehmigung des Zusammenschlusses nicht erfüllen zu wollen - den Verkauf der Mehrheitsbeteiligung an einer italienischen Handelsplattform für Anleihen namens MTS. Angesichts der vergleichsweise geringen wirtschaftlichen Bedeutung des Geschäfts sprachen manche Beobachter von einem vorgeschobenen Grund, um gesichtswahrend aus dem Deal aussteigen zu können.
Die Fusion war vor einem Jahr eingestielt worden - und damit vor dem Votum der Briten für einen EU-Austritt. Damals war London als Sitz der Holding festgelegt worden. Die deutschen Aufsichtsbehörden fürchteten nun, bei einem fusionierten Börsenbetreiber kein ausreichendes Durchgriffsrecht mehr zu haben und drängten auf eine Änderung der Verträge. Es sei "immer klar gewesen", dass London der Standort des gemeinsamen Unternehmens werde, erklärte die LSE-Sprecherin. Deutsche-Börse-Chef Kengeter hatte sich jüngst auf der Bilanzpressekonferenz in Frankfurt trotz mehrfacher Nachfrage nicht zur Standortfrage äußern wollen.
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete wiederum von einer E-Mail des LSE-Verwaltungsratsvorsitzenden Donald Brydon an sein Deutsche-Börse-Pendant Joachim Faber. Brydon schrieb demnach, Kengeter sei wegen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen ihn kein geeigneter Kandidat mehr für den Chefposten des fusionierten Unternehmens. "Der Aufsichtsrat steht hinter Herrn Kengeter", erklärte der Deutsche-Börse-Sprecher, gleichwohl ohne die Existenz der E-Mail zu bestätigen. Kengeter hatte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen.
Dass es für Stimmung zwischen den Beteiligten nicht zum Besten steht, zeigt die kurze Vorwarnzeit, die London den Partnern in Frankfurt nach der unerwarteten Entscheidung gegen einen Verkauf der italienischen Handelsplattform zugebilligt hatte. In der Finanzbranche ist von einer halben Stunde die Rede, die die Frankfurter Zeit gehabt hätten bis die Londoner mit ihrer Mitteilung an die Öffentlichkeit gegangen seien. Die LSE-Sprecherin erklärte, das Unternehmen sei gezwungen, substanzielle Ergebnisse einer Verwaltungsratssitzung unverzüglich zu veröffentlichen./das/cmy/ben
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