Börse Frankfurt-News: "Wenig Angst, etwas zu verpassen" (Marktstimmung)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - So weit ist der DAX gar nicht weg von seinem Rekordstand, dennoch reagieren Profis mit etlichen Verkäufen. Das historisch niedrige Bullenlager sei aber vielversprechend für weitere Kursgewinne, denkt Goldberg.
1. Juni 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Auch während der vergangenen Tage war das beherrschende Thema für die Börsianer der Schuldenstreit zwischen der US-Regierung und den oppositionellen Republikanern. Dabei sind die USA mit dem jüngsten Kompromiss, der noch das Repräsentantenhaus und den Senat in möglichst kurzer Zeit passieren muss, einen wichtigen Schritt weitergekommen, um einen etwaigen Zahlungsausfall abzuwenden. Auch wenn eine große Mehrheit davon ausgeht, dass das Drama um den Schuldendeckel ein gutes Ende nehmen wird, reagierten die Aktienkurse seit unserer vergangenen Stimmungserhebung bislang verhalten. Wahrscheinlich auch feiertagsbedingt produzierte der DAX lediglich eine Handelsspanne von 1,8 Prozent und schaffte es letztlich nur mit Mühe noch einmal über die Marke von 16.000 Zählern - das jüngste Allzeithoch aus der Vorwoche blieb somit unangetastet.
Obgleich die Handelsspanne seit der vergangenen Stimmungserhebung vergleichsweise gering ausgefallen ist und der DAX im Wochenvergleich gerade einmal 0,7 Prozent an Wert verloren hat, hat es abermals einen drastischen Stimmungswechsel bei den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont gegeben. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist um 23 Punkte auf einen neuen Stand von -36 gefallen, was dem zweittiefsten Stand in diesem Jahr entspricht.
Bullenanteil historisch niedrig
Allerdings gab es bemerkenswerte Wanderungen. So ist etwa das Bullenlager auf ein neues Allzeittief gefallen und macht bei der heutigen Befragung nur noch 12 Prozent aller institutionellen Investoren aus. Dabei hat sich die Mehrheit, knapp 80 Prozent aller Wechselwilligen, zu den neutral gestimmten Akteuren gesellt, deren Gruppe heute 40 Prozent aller Befragten ausmacht. Dies ist der höchste Stand seit dem 4. August 2021. Nur etwas mehr als ein Fünftel der ehemaligen Bullen hat sich noch einmal auf die Bärenseite gewagt. Mit anderen Worten: Die Mehrheit der ehemaligen Bullen traut dem DAX offensichtlich keinen erneuten Anstieg zu, ist aber nach den Erfahrungen der Vorwoche auch nicht bereit, sich auf der Seite der Pessimisten zu positionieren.
Wesentlich ruhiger ging es abermals bei den Privatanlegern zu. Der Börse Frankfurt Sentiment-Index dieses Panels ist allerdings um 4 Punkte gestiegen - wir verbuchen ein Plus im Bullenlager von 3 Prozentpunkten, das fast zu gleichen Teilen von ehemaligen Bären und neutral eingestellten Akteuren getragen wird.
Wenig Mut zu Pessimismus
Mit der heutigen Befragung ist die Stimmungskluft zwischen privaten und institutionellen Investoren ähnlich groß wie vor 14 Tagen. Im Vergleich zur Vorwoche allerdings sind die institutionellen Investoren wieder deutlich negativer eingestellt als ihre privaten Pendants. Auch wenn sich der Börse Frankfurt Sentiment-Index der institutionellen Investoren vor allem in der relativen Betrachtung auf drei und sechs Monate nicht im Extrembereich befindet, muss man den historisch niedrigen Stand beim Bullenlager seit Beginn unserer Aufzeichnungen im Jahr 2002 berücksichtigen. Gepaart mit dem relativ hohen Stand neutral gestimmter Akteure verbirgt sich dahinter ein nicht unerhebliches Nachfragepotenzial, falls der DAX weiter nach unten korrigieren sollte. Eine diesbezügliche Auffanglinie liegt vermutlich im Bereich zwischen 15.550 und 15.600 DAX-Zählern.
Ob sich ähnliche Nachfrage im Falle eines deutlichen DAX-Anstiegs (jenseits des bisherigen Allzeithochs), etwa aufgrund langfristiger Kapitalzuflüsse, einstellen würde, ist im Moment noch ungewiss. Auf jeden Fall ist die derzeitige Stimmungssituation für den DAX nicht ungünstig.
1. Juni 2023, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)