Börse Frankfurt-News: Preiswerte Nebenwerte? (Nebenwerte)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Wer gute kleine Werte sucht, muss schon genau hinschauen. Denn das Segment als Ganzes hinkt den Large Caps weiter hinterher. Und einzelne Werte haben stark verloren. Die drei Fragen gehen diesmal an Thomas Milz von Apontis Pharma.
16. August 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Je kleiner die Werte, desto kleiner die Kurssprünge: Während der DAX trotz jüngster Kursrücksetzer in diesem Jahr mit einem Plus von 12 Prozent aufwarten kann, sind es bei MDAX und SDAX nur rund 8 Prozent. Und das Scale-Segment für die ganz kleinen Werte tritt in diesem Jahr sogar auf der Stelle. Aktuell macht die trübe Konjunktur und die düsteren Aussichten den "Kleinen" zu schaffen. Dazu kommen einige Schieflagen, etwa im Immobilienbereich. Der Scale All Share liegt am Mittwochmorgen bei 1.235 Punkten nach 1.256 Punkten vor einem Monat. Das Allzeithoch aus dem Jahr 2021 von 1.969 Punkten ist weit weg.
Doch der genaue Blick lohnt, es gibt auch die Erfolgsgeschichten: Auf die beste Kursentwicklung auf Sicht von zwölf Monaten kommt mittlerweile der Kassensystemanbieter Vectron Systems (DE000A0KEXC7) - vielen bekannt aus Bäckereien und der Gastronomie. Die Vectron-Aktie kostet aktuell 5,12 Euro nach 3,46 Euro vor einem Jahr - ein Plus von 48 Prozent. Vectron kommt die Übernahme von Acardo zugute, einem Anbieter von "Consumer-Activation-Tools" wie Coupons und Konsumenten-Apps. Das Unternehmen meldete aufgrund des Zukaufs einen kräftigen Umsatzanstieg für das erste Halbjahr sowie einen Gewinn auf Ebitda-Basis. Im Vorjahreszeitraum wurden noch rote Zahlen geschrieben.
Ebenfalls gut entwickelt seit August 2022 haben sich das Investmenthaus Laiqon, ehemals Lloyd Fonds (DE000A12UP29), der Geothermiespezialist Daldrup & Söhne (DE0007830572), der Düsseldorfer Online-Händler von Luxus-Accessoires Fashionette (DE000A2QEFA1) und das High-Tech-Photonik-Unternehmen Nynomic (DE000A0MSN11). Weiter schwer angeschlagen zeigen sich Immobilienwerte wie Helma Eigenheimbau (DE000A0EQ578) und Erwe Immobilien (DE000A1X3WX6). Der Helma-Kurs ist seit August 2022 von 40 auf 5 Euro gefallen, der von Erwe von 2,26 auf 0,60 Euro.
ParTec: Kursplus von 21 Prozent
Gut performt der Scale-Neuling ParTec. Der erste Kurs des Herstellers von Super- und Quantumcomputern Anfang Juli lag bei 112,50 Euro, mittlerweile sind es 136 Euro. Nach Einschätzung des Analysehauses Montega ist ParTec "ein Investment für Freunde des Binärsystems". Das Unternehmen verfüge aufgrund zahlreicher Patente über eine hohe Wettbewerbsqualität und sei daher gut positioniert, mittelfristig von einem strukturell stark wachsenden Markt zu profitieren. Allerdings sieht Montega auch Risiken, etwa unterliege das Geschäft hohen Unsicherheiten durch Verschiebungen oder das Ausbleiben von Projektumsätzen. Zudem sei die erwartete positive Geschäftsentwicklung in der aktuellen Marktbewertung bereits eingepreist. Die Empfehlung lautet daher nur "Halten", das Kursziel von 111 Euro liegt unter der aktuellen Notierung.
Cliq mit immer neuen Rekorden
Cliq Digital (DE000A0HHJR3) ist nach Einschätzung von Montega hingegen viel zu billig. Der Streaming-Anbieter eilt derzeit von Rekord zu Rekord. Cliq meldete für das zweite Quartal abermals Höchstzahlen bei Cashflow, Umsatz und Ergebnis. Der Börse reichte das aber nicht, der Kurs fiel. Denn der starke Umsatzanstieg der Vorquartale hat sich nicht fortgesetzt.
Montega rät aber weiter zum Kauf der Aktie und nennt ein Kursziel von 75 Euro, mehr als das Dreifache des aktuellen Werts von 20 Euro. "Cliq blickt in Summe auf eine starke Entwicklung in den ersten sechs Monaten zurück und stellt mit Bestätigung des Ausblicks auch fortlaufend zweistelliges Wachstum in Aussicht", erklärt das Analysehaus. Auch abseits der operativen Entwicklung habe Cliq diverse Erfolge feiern können: "So gewann die Kampagne zum Launch des neuen Flagship-Produktes in Deutschland cliq.de den Brand Award. Des Weiteren wurde die Aktie jüngst von der Börse Online zum besten deutschen Wachstumstitel gekürt."
Ökoworld: Weiter Kursverfall
Für Schlagzeilen sorgte der Wechsel an der Spitze von Scale-Mitglied Ökoworld: Am 4. August entschied der Aufsichtsrat, sich mit sofortiger Wirkung vom Vorstandsvorsitzenden und Mitgründer Alfred Platow zu trennen. Der genannte Grund: unterschiedliche Vorstellungen über die künftige Entwicklung des Unternehmens. Hintergrund dürfte Kritik am Angebot Platows sein, die Strafen für Klimaaktivisten zu übernehmen. Platow hat die nachhaltig ausgerichtete Vermögensverwaltung schon 1975 mit Klaus Odenthal gegründet und 1999 an die Börse gebracht. Die Aktie (DE0005408686) hat nach einem Höhenflug 2020 und 2021 kräftig verloren und kostet mit aktuell 34 Euro weniger als ein Drittel des Höchstwertes von 2021.
"Bittere Pille", aber kein Zweifel am Potenzial
Etwas erholt von den jüngsten Kurstiefs hat sich Apontis Pharma (DE000A3CMGM5), ein hierzulande führende Pharmaunternehmen für Single Pills, also Kombinationspräparaten (s. Interview). Apontis hatte auf Basis der Halbjahreszahlen sowie der Erwartungen für die zweite Jahreshälfte die Prognose für 2023 und die Mittelfristplanung für 2026 zurückgenommen. Ursächlich hierfür sei ein langsameres Wachstum des Single Pill-Geschäfts. Der Kurs liegt aktuell nur noch bei 6 Euro.
Laut Montega ist die erneute Gewinnwarnung eine "weitere bittere Pille". Am Potenzial der Therapie haben die Analysten wegen der klinischen Evidenz und der Erfolge in anderen Ländern allerdings keine Zweifel. Apontis sei unverändert am besten aufgestellt, auch wenn die Umsetzung länger dauern werde. Investoren brauchten vorerst noch "starke Nerven und Geduld". Die Empfehlung lautet weiter "Kaufen" bei einem von 20 Euro auf 15,50 Euro reduzierten Kursziel. Hauck & Aufhäuser hat im Juli ebenfalls zum Kauf geraten bei einem Kursziel von 25 Euro.
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Drei Fragen an... Thomas Milz, Vorstand und Chief Product Officer von Apontis Pharma
Apontis musste gerade den Ausblick für 2023 und das Mittelfristziel von 100 Millionen Umsatz bis 2026 offiziell zurücknehmen. Warum?
Ursächlich war im Wesentlichen ein langsameres Wachstum des Single Pill-Geschäfts. Dazu zählen verzögerte Einführungen von zwei Single Pills im zweiten Halbjahr 2023 als auch eine schwächere Umsatzentwicklung der drei 2022 neu eingeführten Single Pills. Auf Gesamtjahressicht wird das Ebitda zusätzlich durch Einmaleffekte im Zusammenhang mit dem Start eines Programms zur Steigerung der operativen Performance und Effizienz sowie dem Ausscheiden des bisherigen CEOs belastet.
Ihre Vision ist es, die Single Pill als Goldstandard zu etablieren. Halten Sie trotz der aktuellen Herausforderungen daran fest?
Wir halten an unserer Strategie fest - auch angesichts der medizinisch-wissenschaftlich fundierten Überlegenheit der Single Pill-Therapie. Diese hat im Juni 2023 zusätzlich eine Aufwertung erhalten durch die Hervorhebung ihres Stellenwertes sowohl in der neuesten Leitlinie der europäischen Hypertonie-Gesellschaft als auch in der aktualisierten nationalen Versorgungsleitlinie "Hypertonie". 2023 werden wir statt drei sogar vier neue Single Pills am Markt einführen.
An der Börse lief es nach einem erfreulichen Start zuletzt nicht so gut. Was spricht für Ihre Aktie?
Trotz der jüngsten Verzögerungen gilt: Unser Geschäftsmodell ist intakt! Mit liquiden Mitteln von 26,3 Millionen Euro ist die Finanzierung der Produktentwicklungen gesichert. Um die Profitabilität zu verbessern, haben wir zudem mit der Vorbereitung des oben genannten Programms begonnen. Für uns gilt es nun, das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen. Das durchschnittliche Analystenkursziel von 19 Euro zeigt, über welches Potenzial die Apontis-Aktie verfügt.
Die Apontis Pharma AG mit Sitz in Monheim am Rhein ist ein auf Single Pills spezialisiertes Pharmaunternehmen. Single Pills vereinen zwei bis drei patentfreie Wirkstoffe in einem Kombinationspräparat, das einmal am Tag eingenommen wird. Apontis entwickelt, vermarktet und vertreibt ein breites Portfolio an Single Pills und auch anderen Arzneimitteln, mit besonderem Fokus auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Seit 2013 hat Apontis erfolgreich mehrere Single Pills allein für kardiovaskuläre Indikationen wie Hypertonie, Hyperlipidämie und Sekundärprävention eingeführt.
von: Anna-Maria Borse © 16. August 2023, Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)