Börse Frankfurt-News: Ölaktien - billig oder viel zu teuer? (Auslandsaktien)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Die Ölpreise bleiben hoch, und Ölaktien gehören zu den Gewinnern in diesem Jahr. Während die Energiewende gegen Aktien spricht, rechnet J.P. Morgan mit noch weiter steigenden Ölpreisen und ruft einen "Superzyklus" aus.
12. Oktober 2023. Mit dem Angriff der palästinensischen Hamas auf Israel ist auch der Ölpreis gestiegen. Das Barrel der Nordseesorte Brent kostete kurzzeitig 88 US-Dollar, am Donnerstagmittag sind es mit knapp 87 US-Dollar kaum weniger. Die Hochs vom September von über 94 US-Dollar oder gar die 116 US-Dollar vom vergangenen Jahr sind zwar noch nicht wieder erreicht. Doch insgesamt hält sich der Preis höher als noch vor einiger Zeit erwartet. Hintergrund ist ein knappes Angebot. Zuletzt hatten die Förderländer Saudi-Arabien und Russland angekündigt, an den seit Juli geltenden Angebotskürzungen bis zum Jahresende festzuhalten.
Durchweg satte Kursgewinne
Der Anstieg hat sich auch in den Kursen der Ölkonzerne niedergeschlagen. Der europäische Branchenindizes Stoxx Europe 600 Oil & Gas ist seit Oktober 2022 um 21 Prozent gestiegen, seit Oktober 2020 sogar um 112 Prozent. Auch die Shell-Aktie (GB00BP6MXD84) gehört zu den Gewinnern. Am Dienstag dieser Woche erreichte der Kurs mit 31,49 Euro sogar ein neues Jahreshoch. "Shell hat vergangene Woche einen Zwischenbericht zum dritten Quartal geliefert, der kam gut an", berichtet Walter Vorhauser von Oddo BHF. Einige Banken hätten daraufhin die Kursziele hochgesetzt. Etwa passte Goldman Sachs das Kursziel um 2 Euro auf 41 Euro nach oben an. Die Aussichten für die Ölbranche und deren Gewinne seien gut, hieß es, insbesondere im Hinblick auf die gestiegenen Preise.
Die BP-Aktie (GB0007980591) hat sich noch besser entwickelt als der Index. Auf Sicht von einem Jahr steht ein Kursplus von 22 Prozent, auf Sicht von drei Jahren sogar 152 Prozent. Für Italiens Mineralöl- und Energiekonzern ENI (IT0003132476) sind es 32 Prozent und 123 Prozent, für den Ölausrüster Schlumberger (AN8068571086) 30 und über 300 Prozent. "Dabei sind die Kurs-Gewinn-Verhältnisse für BP und ENI mit sieben und sechs immer noch sehr niedrig", bemerkt Roland Stadler von der Baader Bank, die die Aktien an der Börse Frankfurt als Spezialist betreut.
Exxon vor Megafusion
Auch der US-Ölkonzern ExxonMobil (US30231G1022) kommt auf Dreijahressicht auf deutliche Kursgewinne, zuletzt hat die Aktie aber verloren. Hintergrund hier sind Übernahmemeldungen. "ExxonMobil steht einem Pressebericht zufolge kurz vor dem Kauf des Schieferölspezialisten Pioneer Natural Resources (US7237871071)", erklärt Vorhauser. Zahlen soll Exxon angeblich knapp 60 Milliarden US-Dollar, das wäre der größte Zukauf seit der Großfusion mit Mobil 1999. "Mit dem Kauf würde Exxon seine Präsenz in einer der lukrativsten Regionen des US-Ölsektors ausweiten, dem Permian Becken."
Ära zu Ende oder "Superzyklus"?
Laut dem Vorsitzenden der Internationalen Energie-Agentur IEA steht die Welt allerdings am Anfang vom Ende der Ära fossiler Brennstoffe, wie Fatih Birol kürzlich in einem Gastbeitrag für die "Financial Times" äußerte. Das Zeitalter des scheinbar unaufhaltsamen Wachstums bei der Nachfrage nach Öl, Gas und Kohle werde noch in diesem Jahrzehnt zu Ende gehen, erklärte er im Vorgriff auf den diesen Monat erscheinenden "World Energy Outlook" der IEA.
Auch dass immer mehr private und institutionelle Anleger*innen auf Nachhaltigkeit Wert legen oder legen müssen, spricht gegen Ölaktien. Die US-Bank J.P. Morgan hat die Öl- und Gasbranche im September unterdessen komplett auf "Overweight, also "Übergewichten", gestuft. Sie rechnet mit einem "Supercycle" für Öl. Bis 2026 könnte der Brent-Preis auf 150 US-Dollar steigen und sich in den Jahren davor zwischen 90 und 120 US-Dollar bewegen. Als Gründe nennen die Analysten ein zu geringes Angebot aufgrund zu niedriger Investitionen in neue Produktionsstätten sowie Produktionskürzungen sowie eine robuste Nachfrage. Auch Vorhauser rechnet nicht mit einem Einbruch der Ölpreise und der Ölaktien: "Der Ölpreis dürfte wegen der vielen Konflikte stabil bleiben, wir könnten die 100 US-Dollar für WTI wieder sehen."
von: Anna-Maria Borse © 12. Oktober 2023, Deutsche Börse AG
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