Börse Frankfurt-News: "Mehr Adam Smith wagen!"
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Freier, umfassender Wettbewerb und ein schlanker Staat waren in Kürze für Adam Smith die Säulen einer gesunden Ökonomie. Für Fondsmanager Frank gelten diese Sätze immer noch, auch wenn wir uns davon entfernen würden.
12. Juni 2023. FRANKFURT (pfp Adisory). In dieser Woche jährt sich der Geburtstag von Adam Smith zum 300. Mal. Wann genau der schottische Ökonom und Moralphilosoph das Licht der Welt erblickte, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich war es aber im Zeitraum 12. bis 16. Juni 1723, da Kinder im 18. Jahrhundert üblicherweise spätestens ein paar Tage nach der Geburt getauft wurden und als Tag der Taufe der 16. Juni 1723 vermerkt ist.
Unstrittig ist dagegen, welche große Bedeutung Adam Smith für die Wirtschaftswissenschaften hatte und immer noch hat. Nicht umsonst schmückte sein Konterfei bis vor kurzem die 20-Pfund-Sterling-Note der Bank of England. Das bekannte Konzept der "unsichtbaren Hand", die über das Marktgeschehen den gesamtgesellschaftlichen Reichtum erhöht, wird auf ihn zurückgeführt. Sein 1776 erschienenes Hauptwerk "Der Wohlstand der Nationen" gilt als Meilenstein und Geburtsstunde der klassischen Nationalökonomie. In ihm beschreibt Smith, wie einzelne Menschen durch Handel und Tausch ihre Eigeninteressen verfolgen, dadurch ihre persönlichen Lebenssituationen verbessern wollen und in der Konsequenz das Glücksniveau der gesamten Gesellschaft maximiert wird. Smith erkannte, wie bedeutend menschliche Arbeit, Arbeitsteilung, Spezialisierung und freier Wettbewerb für den Wohlstand sind.
Monopole und Kartelle hielt er für ebenso schädlich wie strenge Staatseingriffe. Stattdessen sang er ein Loblied auf freien, umfassenden Wettbewerb und einen schlanken Staat. Gesellschaftlicher Wohlstand werde sich am besten in einem System der natürlichen Freiheit entwickeln. Denn kein Zentralplaner könne die durch Arbeitsteilung stark verkomplizierten Produktionsverhältnisse überblicken oder gar sinnvoll steuern, weshalb dies besser durch die Verfolgung privater Interessen geschehe. In der Konsequenz solle sich der Staat zurücknehmen und lediglich gesellschaftliche Rahmenbedingungen setzen. Smith sieht konkret vier Aufgaben:
erstens die Landesverteidigung zu organisieren,
zweitens jedes Mitglied der Gesellschaft vor Ungerechtigkeit und Unterdrückung zu schützen
drittens unverzichtbare öffentliche Anstalten zu betreiben, die Private nicht betreiben können (z. B. das Unterrichtswesen)
viertens das Privateigentum zu schützen und die Einhaltung von Verträgen durchzusetzen.
Bereits diese kurze Liste zeigt, dass sich die deutsche Politik in den vergangenen 20 Jahren doch ein größeres Stück von den Überlegungen Adam Smiths entfernt hat. Während ich hinter die Aufgaben 2 und 3 (mit gewissen Einschränkungen) Häkchen setzen würde, stehen bei 1 und 4 schon ein paar größere Fragezeichen, nicht erst seit dem Russland-Ukraine-Krieg und einigen fragwürdigen Gesetzesvorhaben der letzten Zeit. Vor allem aber setzt die Smith'sche Aufgabenliste dem Staat auch klare Grenzen, die viele Staatsgläubige und der Planwirtschaft zugeneigte Akteure in Politik und Wissenschaft schon heute regelmäßig überschreiten. Gemäß Smith ist der Staat nämlich keineswegs dafür da, um kleinteilig Mikromanagement zu betreiben, übertrieben zu regulieren oder scheuklappenartig die seiner Ansicht nach förderungswürdigen Technologien oder Energieerzeugungsformen für die nächsten 30 Jahre festzulegen.
Vielleicht wäre der 300. Geburtstag des "Marktwirtschaftlers" Adam Smith ein guter Anlass, sich einmal wieder auf Grundsätzliches zu besinnen. Es war die Marktwirtschaft, die Westdeutschland nach zwei verlorenen Weltkriegen stark gemacht hat, nicht die Planwirtschaft. Der marktwirtschaftlich organisierte Westen erblühte nach 1950. Der planwirtschaftlich organisierte Ostblock ging dagegen 1989 sang- und klanglos unter, weil er wirtschaftlich nicht mehr mithalten konnte. Kaum jemand, der ihn noch selbst erlebt hat, will dessen marodes Wirtschaftssystem zurück. Kluge Poitik im Sinne von Adam Smith wäre, daraus die entsprechenden Schlüsse zu ziehen und entsprechend zu agieren. Wollen wir hoffen, dass es nicht einer neuerlichen durch Planwirtschaft verursachten Katastrophe bedarf, um einige politische Akteure aus ihren zentralplanerischen Blütenträumen zu reißen.
von Christoph Frank, 12. Juni 2023, © pfp Advisory
Christoph Frank ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Roger Peeters steuert der seit über 25 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow (WKN DWSK62), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds, sowie den im August 2021 gestarteten pfp Advisory Aktien Mittelstand Premium (WKN A3CM1J). Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Frank schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)