Börse Frankfurt

Börse Frankfurt-News: "Gewitterwolken bleiben" (Auslandsaktien)

20.04.23 15:06 Uhr

Börse Frankfurt-News: "Gewitterwolken bleiben" (Auslandsaktien) | finanzen.net

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Die Berichtssaison ist angelaufen. Während die großen US-Banken positiv überraschen, sind die Signale aus der Halbleiterbranche gemischt. Und von Tesla hatte man mehr erwartet.

20. April 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Derzeit geben die Quartalszahlen den Takt vor. Am vergangenen Freitag startete die Berichtssaison über das erste Quartal in den USA. Am morgigen Freitag legt SAP als erster DAX-Wert seine Bücher offen. "Die Erwartungen sind hoch", erklärt Marc Richter, der Auslandsaktien für die Baader Bank handelt. "Das liegt daran, dass die Zahlen zum vierten Quartal positiv überrascht haben." Allerdings hätten die Märkte nun schon viel eingepreist. "Negative Überraschungen sind möglich."

Sascha Rehbein von der Weber Bank blickt eher skeptisch auf die Gewinnentwicklung der US-Unternehmen - für das vergangene Quartal, aber auch für das laufende. "Zwar dürften die Unternehmensumsätze stabil bleiben, die Kosten der Unternehmen jedoch weiter steigen", meint der Portfoliomanager. Die Bank erwartet daher einen weiteren Rückgang der Gewinnmargen. Einzelne Sektoren und Regionen stemmten sich allerdings gegen den Trend, etwa die Technologietitel und die europäischen Märkte. "Nachdem die Risiken der Energieversorgung ausgepreist wurden, profitieren die europäischen Titel unter anderem von der Öffnung der chinesischen Wirtschaft."

JPMorgan glänzt mit guten Zahlen

Mit besonderem Interesse aufgenommen wurden die Zahlen der US-Banken. Immerhin hatte vor wenigen Wochen der Kollaps von Silicon Valley Bank und Signature Bank für gehörige Turbulenzen gesorgt. Einige der großen US-Banken haben die Erwartungen nun weit übertroffen, wie Richter feststellt: "Der Gewinn von JPMorgan Chase ist im ersten Quartal gegenüber dem ersten Quartal 2022 um 52 Prozent auf 12,6 Milliarden US-Dollar gestiegen." Während das Investment Banking stagnierte, brummte das Zinsgeschäft. An der Börse Frankfurt sprang der Kurs von JPMorgan Chase (US46625H1005) von 117 auf 128,70 Euro. Die März-Delle ist nun wettgemacht, seit Jahresanfang steht ein Plus von 3,8 Prozent zu Buche.

Bank of America überzeugt, Goldman Sachs nicht

Citigroup (US1729674242) und Wells Fargo (>US9497461015>) legten ebenfalls einen guten Start ins neue Jahr hin. Und "auch die Bank of America hat die Analystenerwartungen übertroffen, die Bank steigerte ihren Gewinn um 15 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro", meldet Richter. Hier schwächle das Investment Banking, der Zinsüberschuss sprang deutlich nach oben. Goldman Sachs als reine Investmentbank litt hingegen unter dem schwachen Handelsgeschäft und Investment Banking. "Die Zahlen konnten nicht überzeugen." Die Bank of America-Aktie (US0605051046) legte zwar zu, hat die Verluste aus dem März aber nicht wieder wettmachen können und kommt seit Jahresanfang in Euro auf ein Minus von fast 12 Prozent, Goldman Sachs (US38141G1040) auf minus 5 Prozent.

ASML: Zurückhaltende Großkunden

Ebenfalls stark beachtet wird derzeit die so wichtige, aber auch extrem konjunktursensible Halbleiterbranche. Chiphersteller Samsung hat bereits eine Produktionskürzung angekündigt. Die Zahlen von TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company) - weltweit größter unabhängiger Auftragsfertiger für Halbleiterprodukte - für das erste Quartal enttäuschten. Nicht gut an kam am gestrigen Mittwoch auch der Quartalsbericht des niederländischen Chipmaschinenhersteller ASML (NL0010273215). "Die Zahlen sind zwar recht gut ausgefallen mit einem Umsatz von 6,4 Milliarden Euro und einem Nettogewinn von 2 Milliarden Euro", berichtet Walter Vorhauser von Oddo BHF. Die Bruttomarge sei leichtzurückgegangen, fiel aber besser aus als erwartet. "Außerdem hat ASML die Prognose angehoben." Wermutstropfen waren aber gemischte Signale von Kundenseite. "ASML spürt die Chipflaute, einige große Kunden sitzen noch auf großen Lagerbeständen und halten sich mit der Nachfrage zurück."

Tesla-Marge enttäuscht

Immer mit Spannung erwartet: die Tesla-Zahlen (US88160R1014). Am gestrigen Mittwoch gab der US-Elektroautobauer bekannt, dass der Umsatz im abgelaufenen Quartal auf 23,3 Milliarden US-Dollar gestiegen ist, ein Plus von 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Nettogewinn fiel aber um 22 Prozent auf 2,9 Milliarden US-Dollar. Damit lag Tesla etwas unter den Erwartungen der Analysten. "Entscheidend ist die Entwicklung der Gewinnmarge", bemerkt Vorhauser. Er weist darauf hin, dass Tesla die Autopreise deutlich gesenkt hat. Grundsätzlich sei das nicht falsch, in China gebe es schon Elektroautos für unter 15.000 Euro. "Die Strategie geht aber nur auf bei sinkenden Produktionskosten." Das scheint bislang nicht der Fall zu sein. Der Kurs gab nachbörslich nach. Aktuell kostet die extrem volatile Aktie 155 Euro, nach 102 Euro zu Jahresanfang. Im November hatte der Kurs noch bei über 310 Euro gelegen.

"Herausfordernde Monate für Aktienmärkte"

Rehbein von der Weber Bank blickt mit gemischten Gefühlen auf die Berichtsaison und die Märkte: "In Summe erwarten wir herausfordernde Monate für die Aktienmärkte, nicht nur aufgrund der angesprochenen Gewinnrückgänge, sondern auch angesichts unserer Konjunkturerwartung."

Ganz vom Tisch sind die Sorgen um die Banken zudem nicht. Zwar gäben die Verbraucher in den USA weiterhin Geld aus, und die Unternehmen seien in guter Verfassung, erklärte JP Morgan-Chef Jamie Dimon bei Vorlage der Zahlen. "Die Gewitterwolken, die wir seit einem Jahr beobachten, bleiben jedoch am Horizont, und die Turbulenzen im Bankensektor tragen zu diesen Risiken bei." Daher hat die Bank im ersten Quartal auch fast 2,3 Milliarden US-Dollar für drohende Kreditausfälle zurückgelegt - mehr als anderthalbmal so viel wie im Vorjahreszeitraum.

von: Anna-Maria Borse © 20. April 2022, Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)