Investments: Warum Millionäre auf Biotech machen
Die Entwicklung neuer Medikamente ist riskant und teuer. Vier prominente Investoren erklären in €uro am Sonntag, nach welchen Regeln sie vorgehen.
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von Peer Leugermann, Euro am Sonntag
Das klingt nicht gerade ermutigend: "Sie können eine Grundsatzregel aufstellen: Es dauert immer länger und kostet mehr als geplant", sagt Thomas Strüngmann über die Biotechnologie. Dennoch hat der Hexal-Gründer mit seinem Bruder Andreas bereits 900 Millionen Euro in das Segment gesteckt. Denn trotz der Widrigkeiten zählen die Milliardäre zu Deutschlands erfolgreichsten Biotech-Finanziers. Allein mit ihrer ersten Beteiligung Aicuris glauben die Familienunternehmer, bei anhaltend positiver Entwicklung einen Großteil ihrer gesamten Investments wieder reinzuspielen.
Und es gibt mehr. Roland Oetker, der Neffe des Backmittel-Königs, ist seit den 80er-Jahren als Kapitalgeber in der Branche aktiv. Andreas Eckert, Chef und Gründer der Eckert & Ziegler AG, ist erfolgreicher Frühphasenfinanzierer. Unternehmensberater Stephan Goetz hat als Jerini-Gründer den gesamten Lebenszyklus eines Biotech-Unternehmens bis zum 350 Millionen Euro schweren Verkauf 2008 begleitet.
Alle eint, dass die gesammelten Erfahrungen zu eigenen Investmentregeln für die Risiken bei Biotech-Investments führten. Denn ein Medikament zu entwickeln dauert mindestens zehn Jahre, die Kosten gehen in die Milliarden, und je nach Schätzung schaffen es nur ein bis zehn Prozent der Wirkstoffe von der Petrischale in die Pillenschachtel. Gelingt es jedoch, ein neues Präparat auf den Markt zu bringen, das als Blockbuster deutlich besser wirkt oder erstmals Heilung ermöglicht, locken Milliardenmärkte und Kursvervielfacher.
Disziplinierte Plattformen
Den Brüdern Strüngmann dürfte es jedoch nicht nur um neue Milliarden gehen. Nachdem sie Hexal zu Deutschlands größtem Generikahersteller machten und den Konzern 2005 für 5,6 Milliarden Euro an Novartis verkauften, wollen sie noch mal etwas Großes erschaffen: ein bis zwei große Biotech-Firmen, durchaus nach dem Vorbild amerikanischer Branchenleuchttürme wie Gilead Sciences.
Thomas Strüngmann, der die Biotech-Investments verantwortet, achtet bei seinen Beteiligungen besonders auf zwei Dinge. Disziplin in Forschung und Budget und Firmen, die dank einer Technologieplattform nicht nur Wirkstoffe für eine Krankheit, sondern für eine Vielzahl von Anwendungsfeldern entwickeln können. Eine Kombination daraus ist Glycotope. Die Firma verfügt über eine Technologie, die im Labor erzeugte Antikörper noch wirksamer macht und Nebenwirkungen reduziert. Damit erforschen die Berliner eine Reihe von Wirkstoffen gegen Krebs.
"Aufgrund der Breite der Technologieplattform sehen wir etliche Möglichkeiten, innovative Produkte zu entwickeln, die sich am Markt durchsetzen können", so Strüngmann. Als eine Option für die Firma wird daher über einen Börsengang im angelsächsischen Raum nachgedacht, falls die Bedingungen aus Sicht der Strüngmanns stimmen sollten.
Bereits gelistet ist eine andere Beteiligung der Unternehmer - 4SC. Die Firma ist mit vier Wirkstoffen in der klinischen Entwicklung besser aufgestellt als manche andere, dennoch spiegelt der Aktienkurs dies kaum wider. Ein Phänomen, das Stephan Goetz bei börsennotierten Biotech-Firmen häufig beobachtet. "Sie werden immer nur an dem Wirkstoff gemessen, der am weitesten in der klinischen Entwicklung ist. Wenn dort etwas stockt, vergisst der Markt komplett, dass sie noch weitere Wirkstoffe in der Pipeline haben", so der Manager, der nebenberuflich für den World Wildlife Fund (WWF) schon mal den Dschungel von Borneo bereist.
Goetz achtet daher besonders auf die Finanzierungssituation. "Eine der gefährlichsten Klippen ist ein falsch eingeschätzter Finanzbedarf. Wenn Sie planen, mit Ihren Mitteln zwei Jahre auszukommen, es aber nur ein Jahr schaffen, fragt sich jeder neue Investor: ,Hoppla, was ist denn da schiefgelaufen?‘", erläutert der Berater, Buchautor und Tierschützer.
Faktor Pi und das richtige Timing
Solche Probleme hat 4SC zwar nicht, aber das Unternehmen sucht gleichfalls Geld, und zwar um eine Phase-IIb-Studie für das am weitesten entwickelte Mittel, Resminostat gegen Leberkrebs, zu finanzieren. Um die Finanzierungsprobleme der Branche weiß auch Andreas Eckert, seine Kernkompetenz ist jedoch eine andere. Eckert, der ursprünglich mal Theaterkritiken und Businesspläne für Dritte schrieb, ist Frühphasenfinanzierer. Sein Job ist es, Biotechfirmen bis an die Schwelle zur klinischen Studie zu führen, an der Wirkstoffe von Versuchen an Tieren zu Tests am Menschen wechseln.
An seine Tür klopfen daher zahlreiche junge Unternehmen, die für einen Laien alle das Potenzial von Blockbustern in sich tragen. Um auszusieben fragt Eckert daher eine Reihe von Kriterien ab: "Überzeugt der Gründer persönlich und mit seinen Kompetenzen? Das muss stimmig sein! Gibt es Patente oder kann es ein anderer nachmachen? Und: Ist der Markt groß genug und besitzt der Wirkstoff wirklich Veränderungspotenzial?
Themen, die auch Rudolf Oetker beschäftigen. Doch der erfahrene Investor, der unter anderem an Evotec beteiligt ist, interessiert sich noch für andere Dinge. Der Manager, der wegen seines Know-hows und seines vertrauensvollen Umgangs ein hochgeschätzter Aufsichtsrat ist, hat stets "beim Einstieg bereits den Ausstieg im Blick. Einfach um für sich zu sehen, wann und wie die nächste Finanzierungsrunde ansteht und wie ich dann gegebenenfalls aussteigen kann". Denn Biotechs durchlaufen in ihrer Entwicklung verschiedene Stadien. Weil von Studie zu Studie die Realisierungschancen steigen, gehen auch die Bewertungen nach oben. Gleichzeitig ergeben sich neue Geschäftsmöglichkeiten. Dank fortgeschrittener Entwicklungen können Kooperationspartner gewonnen oder Wirkstoffe an große Pharmafirmen auslizenziert werden, wodurch die weiteren Entwicklungskosten vom Lizenzpartner getragen oder mit ihm geteilt werden.
Automatismen sind die Phasen jedoch nicht, weshalb es nach jeder Studie meist gilt, neues Geld, neue Partner oder Lizenznehmer zu finden. Um ein Gefühl dafür zu haben, wie viel Geld im Zweifel noch zu investieren ist, um bei interessanten Entwicklungen nicht verwässert zu werden, hat Oetker daher eine grobe Richtformel entwickelt. "Ich nenne das den Pi-Faktor. Grundinvestment mal 3,14159 und ich weiß in etwa, wie viel Geld es im Zweifel für die weiteren Entwicklungen nachzuschießen gilt", sagt Oetker. Dass es länger dauern und mehr kosten kann, weiß offensichtlich nicht nur Thomas Strüngmann.
Investor-Info
Finanzierungsquellen
Mehr Geld für Biotechs
Im Vergleich zu den USA haben es Biotechfirmen in Deutschland noch immer schwer, an frisches Geld
zu kommen. Während in Amerika 2013 umgerechnet rund 19 Milliarden Euro eingesammelt wurden, waren es hierzulande lediglich 404 Millionen. Aber: Der Trend in Deutschland zeigt nach oben.
Morphosys
Ein Musterbeispiel
Mit ihrer Antikörper-Datenbank hat die im TecDAX notierte Firma eine Technologieplattform, mit der immer neue Wirkstoffe entwickelt werden können. Zusätzlich forscht das Unternehmen an eigenen
Präparaten, hat hochkarätige Entwicklungspartnerschaften mit Pharmakonzernen und ist mit über 340 Millionen Euro Cash solide finanziert.
4SC
Ein Wagnis
Die noch sehr kleine Biotechfirma konzentriert sich auf die Entwicklung ihres Leberkrebsmittels Resminostat, das bereits gute Studienergebnisse zeigte. Der Wirkstoff befindet sich in der zweiten von drei Phasen der klinischen Entwicklung. Weil das Unternehmen bis Ende 2015 finanziert ist, bleibt Zeit, um neues Geld für den nächsten Entwicklungsschritt einzusammeln. Die Aktie ist sehr riskant!
Gilead Sciences
Ein Blockbuster
Der US-Konzern verkauft mit Sovaldi ein hochwirksames Mittel gegen Hepatitis C. Der Blockbuster erzielte im ersten Halbjahr 5,8 Milliarden Dollar Umsatz. Auch wenn es dieses Jahr Konkurrenz gibt, dürfte Sovaldi vorerst das führende Hepatitis-Mittel bleiben.
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Der Hebel muss zwischen 2 und 20 liegen
Name | Hebel | KO | Emittent |
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Weitere 4SC News
Bildquellen: Istockphoto, TijanaM / Shutterstock.com
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