Wirecard-Aktie: Verteidiger von ehemaligem Wirecard-Vorstand Braun zweifelt Kronzeugen an
Im Wirecard-Prozess will die Verteidigung des früheren Vorstandschefs Markus Braun die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen erschüttern.
Brauns Verteidiger Alfred Dierlamm legte am Mittwoch vor dem Münchner Landgericht einen 50-seitigen Fragenkatalog an den mitangeklagten Manager Oliver Bellenhaus vor, der seinerseits Braun schwer beschuldigt. Dierlamms finale Frage nach zweistündigem Vortrag: "Haben Sie irgendeinen Sachbeleg dafür, dass Herr Dr. Braun von Manipulationen im Zusammenhang mit dem Wirecard Drittpartnergeschäft Kenntnis hatte?"
Auch die Verteidigung des ehemaligen Wirecard-Chefbuchhalters wollte den früheren Geschäftsführer der Wirecard-Tochter Cardsystems Middle East im Detail befragen. Bellenhaus' Anwalt Florian Eder lehnte jedoch im Namen seines Mandanten die Beantwortung sämtlicher Fragen für's Erste ab. Im Gegenzug wollen die Anwälte der von Bellenhaus schwer beschuldigten beiden anderen Angeklagten nun erreichen, dass dessen Aussagen zu Lasten ihrer jeweiligen Mandanten im Prozess nicht verwertet werden dürfen.
Der Anlass des Hickhacks: Der Kronzeuge bestätigt die Vorwürfe der Anklage, der zufolge eine Betrügerbande Milliardenumsätze mit sogenannten Drittpartnerfirmen erfand. Und er belastet sowohl Ex-Vorstandschef Braun als auch den früheren Chefbuchhalter. "Drittpartner" waren demnach Firmen, die im Wirecard-Auftrag nicht existente Kreditkartenzahlungen abwickelten.
Schriftliche Belege, dass Braun Chef einer kriminellen Bande war, fehlen bislang. Der frühere Vorstandschef sieht sich selbst als Opfer und hat eine Beteiligung an kriminellen Machenschaften bestritten.
Die lang erwartete Aussage Brauns wird sich aller Voraussicht nach ein weiteres Mal verzögern. Die vierte Strafkammer des Landgerichts München I wollte den früheren Vorstandschef und Ex-Milliardär eigentlich an diesem Donnerstag befragen. Doch zuvor wollen die Verteidiger Brauns und des früheren Chefbuchhalters ihre Gegenposition zu den Aussagen des Kronzeugen vortragen.
Im größten Betrugsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte sind Braun und seine Mitangeklagten wegen Verdachts des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs angeklagt. Laut Anklage sollen sie seit 2015 die Wirecard-Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um 3,1 Milliarden Euro geschädigt haben. 100 Verhandlungstage sind bis ins Jahr 2024 hinein anberaumt.
/cho/DP/tih
MÜNCHEN (dpa-AFX)
Weitere News
Bildquellen: Wirecard, Pavel Kapysh / Shutterstock.com