Netflix-Aktie an der NASDAQ tiefer: Netflix kann mit Zahlen nicht überzeugen
Der Streaminggigant Netflix hat seine Bücher geöffnet und die Zahlen für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2023 veröffentlicht.
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Für Netflix-Nutzer, die ein Passwort untereinander teilen, wird es bald ernst. Nach monatelanger Verzögerung will der Streaming-Riese bis Ende Juni das Vorgehen gegen Trittbrettfahrer in seinen wichtigsten Märkten starten. Das dürfte auch Deutschland einschließen. Für Nutzer, die mit dem Account-Inhaber nicht unter einem Dach wohnen, soll dann extra Geld fällig werden. Zugleich kommt das Ende für ein Relikt vergangener Zeiten, mit dem die Geschichte der Firma begann: den DVD-Verleih per Post in den USA.
Netflix geht davon aus, dass rund 100 Millionen Haushalte den Service mit Login-Daten anderer nutzen. Das ist gemessen an den 232,5 Millionen zahlenden Kunden im vergangenen Quartal ein hoher Anteil. Netflix hatte lange das Teilen von Zugangsdaten toleriert. Inzwischen gibt es im Videostreaming-Geschäft aber generell einen verstärkten Fokus auf Profitabilität, nachdem die vielen Anbieter jahrelang auf der Jagd nach höheren Nutzerzahlen waren.
Netflix erwog, schon im ersten Quartal die Maßnahmen gegen Trittbrettfahrer in Gang zu setzen, wie der neue Co-Chef Greg Peters in der Nacht zum Mittwoch in einer Videokonferenz zu den jüngsten Quartalszahlen sagte. Nach dem Start unter anderem in Kanada, Portugal und Spanien im Februar legte die Firma aber eine Pause ein. Peters deutete einige Probleme bei der Umstellung an. So habe man in den vergangenen Wochen daran gearbeitet, dass Nutzer etwa bei Reisen nahtlos auf Netflix zugreifen könnten. Man habe das Gefühl gehabt, "es wäre besser, sich etwas mehr Zeit zu nehmen". Netflix macht keine Angaben dazu, wie genau die Systeme eine unerlaubte Mehrfach-Nutzung der Logins erkennen.
Die Preise für zusätzliche Nutzer eines Accounts außerhalb des Haushalts setze Netflix individuell für die einzelnen Märkte, sagte Peters. In Portugal waren es beim Start im Februar 3,99 Euro im Monat pro Person und in Spanien 5,99 Euro. In Deutschland dürfte der Preis eher am oberen Ende dieser Spanne liegen.
Netflix setzt darauf, dass die Filme und Serien im Angebot genug Anziehungskraft haben, um heutige Trittbrettfahrer zur Zahlung zu bewegen. Der Dienst fühlt sich nach den Erfahrungen in ersten Ländern darin bestärkt. Die erste Reaktion sei zwar ähnlich wie bei Preiserhöhungen der Verzicht, räumte Peters ein. In Kanada aber habe man inzwischen mehr zahlende Nutzer und mehr Umsatz als vorher.
Einen solchen Schub kann Netflix gut gebrauchen. Im ersten Quartal steigerte der Online-Videodienst die Kundenzahlen um 1,75 Millionen auf 232,5 Millionen Nutzerkonten, wie er am Vorabend nach US-Börsenschluss mitteilte. Experten hatten mit einem deutlich stärkeren Zuwachs gerechnet. Auch der Ausblick auf das laufende Vierteljahr fiel durchwachsen aus. Erst im zweiten Halbjahr rechnet Netflix - auch dank des Vorgehens gegen das Passwort-Teilen - mit einem Aufschwung. Ein weiterer Wachstumstreiber soll der im November gestartete günstigere Abo-Tarif mit Werbung werden.
Der Umsatz von Netflix verbesserte sich unterdessen von 7,87 Milliarden US-Dollar auf 8,162 Milliarden US-Dollar und lag damit jedoch unter den Analystenschätzungen (8,17 Milliarden US-Dollar). Der Gewinn sank dennoch um rund 18 Prozent auf unterm Strich 1,3 Milliarden Dollar. Der Gewinn je Aktie betrug 2,88 US-Dollar. Damit übertraf des Unternehmen die Analystenerwartungen, die sich zuvor auf ein EPS von 2,86 US-Dollar belaufen hatten. Vor Jahresfrist hatte Netflix je Aktie noch 3,53 US-Dollar verdient. Im laufenden zweiten Quartal erwartet Netflix keine großen Sprünge - die Erlöse und das Nettoergebnis dürften mehr oder weniger auf dem Niveau des Vorquartals stagnieren.
Außerdem gab Netflix bekannt, seinen DVD-Verleih nach rund 25 Jahren einzustellen. Der Versand per Post war das ursprüngliche Geschäftsmodell des 1997 gegründeten Unternehmens. Der Legende nach begann die Geschichte von Netflix sogar mit einem Leihvideo. Gründer Reed Hastings verlegte eine Videokassette und ärgerte sich über die Mahngebühren der Videothek, wie er später erzählte. Daraus entstand die Geschäftsidee einer DVD-Flatrate. Im Streaming-Zeitalter spielte dieser Service aber ohnehin kaum noch eine Rolle. Netflix begründete das Aus mit der geringen Nutzung.
Netflix nach Zahlen schwach - Hoffnung auf zweite Jahreshälfte
Die Aktien von Netflix haben am Mittwoch mit einem deutlichen Verlust auf die jüngsten Quartalszahlen und den Ausblick des Streaming-Dienstes reagiert. Zuletzt notierten die Papiere 3,17 Prozent tiefer bei 323,12 US-Dollar und gehörten damit zu den schwächsten Werten im NASDAQ 100. Am Dienstag hatte der Quartalsbericht die Aktien nachbörslich zunächst um mehr als zehn Prozent absacken lassen.
Im Sog von Netflix fielen am Mittwoch auch die Titel des Wettbewerbers Disney mit seinem Streaming-Dienst Disney+ um 2,4 Prozent. Dagegen zeigten sich die Anteilscheine von Apple (Apple TV+) unbeeindruckt und stiegen um 0,5 Prozent.
Der für das erste Quartal berichtete Anstieg der Nutzerkonten um 1,75 Millionen auf 232,5 Millionen blieb hinter den Expertenerwartungen zurück. Obwohl der Umsatz um knapp vier Prozent auf 8,2 Milliarden Dollar zulegte, sank der Nettogewinn um rund 18 Prozent auf 1,3 Milliarden Dollar. Auch der Ausblick auf das laufende Quartal fiel durchwachsen aus.
Netflix geht davon aus, dass rund 100 Millionen Haushalte den Service mit Login-Daten anderer nutzen. Das Unternehmen will deshalb nach monatelanger Verzögerung bis Ende Juni Maßnahmen gegen Trittbrettfahrer in weiteren Märkten starten, was auch Deutschland einschließen dürfte: Für Nutzer, die mit dem Account-Inhaber nicht unter einem Dach wohnen, soll dann extra Geld fällig werden. Erst im zweiten Halbjahr rechnet Netflix - auch dank des Vorgehens gegen das Passwort-Teilen - mit einem Aufschwung. Ein weiterer Wachstumstreiber soll der im November gestartete günstigere Abo-Tarif mit Werbung werden.
Die Analystengemeinde ist Netflix derweil weiter gewogen: Unter den Experten, die sich bislang schon geäußert haben, überwiegen die Kaufempfehlungen. John Hodulik von der schweizerischen Großbank UBS nahm die Zahlen sogar zum Anlass, die Aktie hochzustufen und das Kursziel von 350 auf 390 Dollar anzuheben. Ähnlich wie das Unternehmen erwartet auch er ab dem dritten Quartal wieder ein stärkeres Wachstum. Netflix dürfte von einem abnehmenden Wettbewerbsdruck profitieren, da auch die Konkurrenten bei der direkten Vermarktung an die Verbraucher mittlerweile mehr auf ihre Profite achteten.
JPMorgan-Analyst Doug Anmuth senkte zwar seine Schätzungen für den Umsatz und die Entwicklung der Nutzerkontenzahlen moderat, da er ebenfalls erst zur Jahresmitte mit einer Beschleunigung der Umsatzdynamik rechnet. Er verwies aber auch auf das angehobene Jahresziel für den freien Barmittelzufluss und sieht die Maßnahmen gegen Trittbrettfahrer sowie den Abo-Tarif mit Werbung weiter als große Chancen, die den Umsätzen und Nutzerkonten zugutekommen sollten.
Andrew Uerkwitz vom Analysehaus Jefferies hob hervor, dass das operative Ergebnis und vor allem der Free Cashflow zum Jahresauftakt positiv überrascht hätten. Zudem zeigten die geplanten Investitionen in neue Inhalte, dass es Netflix mit der Eindämmung der Ausgaben offenbar ernst meine.
Am kritischsten zu Netflix äußerte sich derweil Goldman-Sachs-Analyst Eric Sheridan. Er attestierte dem Unternehmen ein durchwachsenes Quartal und monierte, dass die Zahl der Nutzerkonten trotz des in einigen Märkten schon umgesetzten Verbots zur Teilung von Zugangs-Passwörtern hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei. Auf dem aktuellen Kursniveau überwögen die Risiken die Chancen. Daher hält er an seinem Verkaufsvotum für die Aktie fest. Das ebenfalls beibehaltene Kursziel von 230 Dollar liegt deutlich unter dem aktuellen Bewertungsniveau.
Seit Jahresbeginn steht für die Netflix-Papiere bislang ein Plus von knapp zehn Prozent zu Buche, womit die Aktien klar hinter der Entwicklung des Auswahlindex Nasdaq 100 (+19 Prozent) zurückbleiben. Vom heftigen Absturz nach dem Pandemie-Höhenflug haben sie sich bislang nur mäßig erholt: Im November 2021 war die Aktie in der Spitze etwas über 700 Dollar wert gewesen. Nach einem rasanten Fall war der Kurs bis Frühjahr 2022 zeitweise deutlich unter die Marke von 170 Dollar gerutscht.
Redaktion finanzen.net / dpa-AFX
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