EZB-Protokoll: Forderungen der Falken nach Straffung der Geldpolitik sind lauter geworden - Rede von De Guindos
Die Forderungen der "Falken" im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) nach einer Straffung der Geldpolitik sind bei den Beratungen am 13./14. April lauter geworden.
Wie aus dem jetzt veröffentlichten Protokoll der Beratungen hervorgeht, wollten die Falken Maßnahmen ohne unnötige Verzögerungen ergreifen. Sie wurden dabei aber von den "Tauben" auch unter Verweis auf die vereinbarte Schrittfolge der geldpolitischen Normalisierung gebremst. Das lässt darauf schließen, dass der Rat über eine sofortig Zinserhöhung diskutierte.
Laut Protokoll wollten einige Mitglieder "unverzüglich" handeln, um die Entschlossenheit des EZB-Rats zu demonstrieren, mittelfristig Preisstabilität zu erreichen. Ein solches Vorgehen wurde als notwendig erachtet, um zu verhindern, dass sich der vorübergehende Anstieg der Inflation verfestigt und sich die Inflationserwartungen weiter vom Ziel des EZB-Rats entfernen, was die Rückführung der Inflation auf den Zielwert erheblich verteuern würde.
Die Falken wiesen darauf hin, dass die Geldpolitik immer noch zur Stimulierung der Wirtschaft beitrage, da die Realzinsen nach wie vor tief im negativen Bereich lägen. "Frühere Prognosefehler sowohl bei der Gesamtinflation als auch bei der zugrunde liegenden Inflation trugen zu diesen Bedenken bei. Viele der Aufwärtsrisiken für die Inflationsaussichten, die der EZB-Rat bereits im vergangenen Sommer erörtert hatte, waren bereits vor Kriegsbeginn eingetreten", heißt es im Protokoll.
Die Tauben im Rat hielten dem unter anderem entgegen, dass sich eine zu aggressive Anpassung des geldpolitischen Kurses als kontraproduktiv erweisen könnte, da sie das Wachstum verringern würde, während die Inflation hoch bliebe, weil die Geldpolitik nicht in der Lage sei, die unmittelbaren Ursachen der hohen Inflation zu bekämpfen.
Außerdem sahen sich diese EZB-Ratsmitglieder genötigt, die Falken daran zu erinnern, dass vor Zinserhöhungen die Nettoanleihekäufe beendet werden müssten. "Die von Rat in früheren Sitzungen beschlossene Reihenfolge bei der Normalisierung der Geldpolitik wurde in Erinnerung gerufen", heißt es im Protokoll.
Analysten erwarten, dass der EZB-Rat im Juni ein Ende der Nettoanleihekäufe beschließen wird. Mehrere EZB-Offizielle haben ihre Bereitschaft bekundet, den EZB-Einlagenzins (minus 0,50 Prozent) im Juli erstmals anzuheben. Die aus dem Protokoll hervorgehenden Diskussionen über "unverzügliche Maßnahmen" lassen aber auch einen früheren Zeitpunkt möglich erscheinen.
De Guindos: Nettokäufe Anfang des dritten Quartals einstellen
Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte ihre Nettoanleihekäufe nach Aussage von EZB-Vizepräsident Luis de Guindos Anfang des dritten Quartals einstellen. Eine erste Zinsanhebung könnte "einige Zeit später" und in Abhängigkeit vom sich entwickelnden Ausblick erfolgen, heißt es im Text einer Rede, die De Guindos am Nachmittag halten wollte.
"Auf unserer April-Sitzung urteilte der EZB-Rat, dass die eingehenden Daten unsere Erwartung bestärkten, dass die Nettoanleihekäufe im Rahmen des APP-Programms im dritten Quartal abgeschlossen werden sollten", sagte der Spanier demnach und fügte hinzu: "Ich würde erwarten, dass dies eher früher als später im dritten Quartal geschieht."
"Eine erste Zinserhöhung könnte einige Zeit danach erfolgen, je nachdem, wie wir die Aussichten einschätzen werden", sagte De Guindos weiter. Mit den im Juni anstehenden Projektionen des volkswirtschaftlichen Stabs werde der Rat besser einschätzen können, wohin sich die Wirtschaft des Euroraums entwickele.
"Wir müssen beobachten, wie sich die veränderten Finanzierungsbedingungen und der Kaufkraftverlust auf die Konjunktur- und Inflationsdynamik auswirken", sagte der EZB-Vizepräsident.
FRANKFURT (Dow Jones)
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