BDI sieht tiefe wirtschaftliche Krise und erwartet Rückgang des BIP 2025

28.01.25 10:00 Uhr

Von Andrea Thomas

DOW JONES---Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht den deutschen Industriestandort in einer tiefen wirtschaftlichen Krise und erwartet ein erneutes Schrumpfen der Konjunktur in diesem Jahr. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte um 0,1 Prozent zurückgehen, während der Euroraum mit 1,1 Prozent und die Weltwirtschaft mit 3,2 Prozent wachsen würden, so der Verband. Damit bleibe Deutschland konjunkturell eines der Schlusslichter. Von der nächsten Bundesregierung forderte der BDI eine Wachstumsagenda sowie einen entschlossenen Bürokratierückbau, niedrigere Energiepreise, Investitionen in die Infrastruktur und eine klaren Strategie für die Stärkung der deutschen Innovations- und Forschungslandschaft.

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"Die Lage ist sehr ernst: Vor allem das Wachstum der Industrie hat einen strukturellen Bruch erlitten", sagte BDI-Präsident Peter Leibinger in Berlin.

Der Standort Deutschland stecke in einer tiefen wirtschaftlichen Krise, die mehr als die Konsequenz der Pandemie und des Angriffskriegs auf die Ukraine sei. Die Probleme seien hausgemacht und das Ergebnis einer strukturellen Schwäche am Standort, mit der die Wirtschaft bereits seit 2018 zu kämpfen habe, betonte Leibinger.

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"Jahrelang haben Regierungen wichtige Reformen hinausgeschoben, Investitionen zurückgehalten und sich mit dem Status Quo begnügt", kritisierte er.

Bei US-Zöllen droht stärkerer BIP-Einbruch

Mit Blick auf die Rückkehr von US-Präsident Donald Trump ins Weiße Haus und dessen Zollandrohungen erwartet der BDI einen Umbruch. "Der Ton wird rauer und neue Zölle könnten die Wirtschaft in Deutschland und der EU empfindlich treffen", sagte er. Bei Zöllen drohe der EU ein Wachstumseinbruch. Die exportorientierte deutsche Wirtschaft könne statt um minus 0,1 Prozent um fast ein halbes Prozent schrumpfen.

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In einer Welt zunehmender Unordnung muss nach Ansicht des BDI mit Besonnenheit gehandelt werden. "Es gilt eine kluge Balance zwischen Entschlossenheit und Flexibilität zu finden und die eigene Position strategisch neu auszurichten. Das Wichtigste wird sein, in eine transaktionale Beziehung zu treten und über strategisch wichtige Kompetenzen zu verfügen, die unser Partner nur bei uns findet", erklärte Leibinger.

Forderung an nächste Regierung

Der Industrieverband forderte von der zukünftigen Bundesregierung zeitnahe Entlastungssignale für die Unternehmen und eine entschlossene Agenda für mehr Wachstum. Finanzielle Spielräume seien begrenzt, deshalb müssten im Haushalt klare Prioritäten gesetzt werden.

"Was Wachstum stärkt, muss Priorität bekommen. Öffentliche Investitionen in eine moderne Infrastruktur, in Transformation und die Widerstandskraft unserer Volkswirtschaft sind dringend erforderlich", sagte Leibinger.

Mit Blick nach Brüssel forderte der BDI, dass Deutschland wieder eine selbstbewusstere Führungsrolle einnehmen und Europa sich strategisch unabhängiger machen müsse. "Wir müssen unsere Verhandlungsmacht nutzen, um wirtschaftliche Interessen effektiv zu vertreten und Allianzen für eine stärkere europäische Integration und Wettbewerbsfähigkeit zu schmieden. Die EU muss wissen, wohin sie gehen will, und dazu gehört, dass Deutschland mit einer ambitionierten wirtschaftspolitischen Agenda vorangeht", sagte Leibinger.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/kla

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January 28, 2025 04:01 ET (09:01 GMT)