Deutschland: ZEW-Konjunkturerwartungen trüben sich überraschend ein
Die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten haben sich im Juni überraschend eingetrübt.
Die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten haben sich im Juni auf einem hohen Niveau überraschend eingetrübt. Das Stimmungsbarometer des Forschungsinstituts ZEW fiel gegenüber dem Vormonat um 4,6 Punkte auf 79,8 Punkte, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag in Mannheim mitteilte. Analysten hatten hingegen einen leichten Anstieg auf 86,0 Punkte erwartet. Im Mai hatte der Indikator mit 84,4 Punkten noch den höchsten Stand seit über 21 Jahren erreicht.
Allerdings wird die aktuelle wirtschaftliche Lage deutlich besser bewertet. Der entsprechende Indikator stieg um 31,0 Punkte auf minus 9,1 Punkte. Erwartet wurde lediglich ein Anstieg auf minus 28,0 Punkte. Die wirtschaftliche Situation in Deutschland werde inzwischen beurteilt wie vor der Corona-Pandemie im August 2019, erklärte das ZEW.
"Der Rückgang der Erwartungen dürfte größtenteils auf die erheblich bessere Beurteilung der Wirtschaftslage zurückzuführen sein, die inzwischen auf Vorkrisenniveau gestiegen ist", kommentiert ZEW-Präsident Achim Wambach. Die Erwartungen bilden die Sicht auf die künftige Wirtschaftsentwicklung ab. Da die Erholung fortgeschritten ist, wird der Spielraum für weitere Verbesserungen geringer. Laut Wambach gehen die Finanzmarktexperten für das nächste halbe Jahr daher weiterhin von einer "kräftigen Konjunkturerholung" aus.
"Daneben dürften auch die Materialknappheiten noch eine Rolle beim Rückgang spielen", kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. "Die vom ZEW befragten Finanzmarktanalysten dürften die nachgebende Industrieproduktion kurzfristig durchaus mit Sorgenfalten betrachten." So war die Produktion im April überraschend gefallen. "Die Gefahr ist, dass Aufträge in Anbetracht des Mangels an Vorprodukten storniert werden", so Gitzel.
In der Eurozone zeigte sich ein ähnliches Bild wie in Deutschland. Während die Erwartungen sich eintrübten, verbesserte sich die Beurteilung der aktuellen Lage.
Unterdessen steigen die Inflationserwartungen für die Eurozone. Fast 84 Prozent der Experten rechnen auf Sicht der nächsten sechs Monate mit einem weiteren Anstieg der Inflation. Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht in der anziehenden Inflation ein vorübergehendes Phänomen, dass durch Sondereffekte ausgelöst wird. An diesem Donnerstag dürfte sie daher laut Volkswirten ihre sehr lockere Geldpolitik bestätigen.
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MANNHEIM (dpa-AFX)
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