Bärenmarkt-Rallys

"Kaum nachhaltig": Strategin warnt vor Euphorie durch Erholungsphasen am Markt

16.08.22 23:36 Uhr

"Kaum nachhaltig": Strategin warnt vor Euphorie durch Erholungsphasen am Markt | finanzen.net

In einem trüben Börsenumfeld schöpfen Anleger durch kurzzeitige Erholungsphasen oftmals neue Hoffnung. Seema Shah von Principal Global Investors warnt jedoch vor mangelnder Nachhaltigkeit der "Bärenmarkt-Rallys".

• Kurzzeitige Entspannungsmomente
• Warten auf Signale der Fed
• Weitere Leitzinserhöhungen erwartet



Zahlreiche Belastungsfaktoren

Derzeit haben Investoren am Markt mit einigen Belastungsfaktoren zu kämpfen. So wütet der Krieg in der Ukraine bereits seit fast sechs Monaten, hohe Inflationsraten, steigende Zinsen und die Angst vor einer Rezession drücken die Stimmung zusätzlich. Dennoch schlagen die Indizes in einem trüben Marktumfeld auch immer wieder mal deutlich nach oben aus. Was hat es also mit diesen "Bärenmarkt-Rallys" auf sich?

Volatile Handelsphasen

Seema Shah, Chefstrategin bei Principal Global Investors, erklärt die kurzzeitigen Aufwärtsbewegungen laut "Institutional Money" als kurzzeitige Entspannungsphasen, die dann durch entmutigende Wirtschaftsdaten aber wieder ein jähes Ende finden. Ähnliche Ausschläge habe es auch in Bärenmärkten in den Jahren 1973 und 1974, 2001 bis 2003 sowie 2008 und 2009 gegeben. Alleine in diesem Jahr identifizierte Shah bis August fünf dieser Bärenmarkt-Rallys.

Erholung dürfte "kaum nachhaltig" sein

In einer Kundenmitteilung, auf die sich "NBC" bezieht, erklärte die Strategin, dass kurzzeitige Signale, wie zuletzt die US-Inflationsdaten oder starke Arbeitsmarktdaten für die Verbraucher "durchweg positiv" seien. "Mit dem Beschäftigungsbericht […], der einen immer noch sehr starken Arbeitsmarkt zeigt, scheint es, als ob die US-Wirtschaft ein Goldlöckchen-Szenario erreicht hat", so Shah. Für ein vollständiges Aufatmen sei es jedoch noch zu früh. "Nicht nur, dass der Arbeitsmarkt zweifellos immer noch angespannt ist, auch das Lohnwachstum ist unangenehm stark", zitierte "Investment Week" die Chefanalystin. "Die US-Notenbank hat viel zu tun, um genügend Spielraum zu schaffen, um den Preisdruck zu verringern." Zwar wurde das Jobniveau von vor der Corona-Pandemie wieder erreicht, die Fed dürfte die Füße aber noch nicht stillhalten. "Genau wie die bisherigen vier Rallys in diesem Jahr wird auch die aktuelle Rally kaum nachhaltig sein", so Shah.

Signale der US-Notenbank erwartet

Daran werde sich auch nichts ändern, bis die Währungshüter ausreichend Signale gesendet haben, ist sich die Expertin sicher. "Man muss immer die großen Geschütze auffahren", betonte sie im Interview mit "Bloomberg". "Wir brauchen eine Rede von Powell. Solange er nicht spricht, kann die Marktrally weitergehen. Mit Momentum kann man es weit bringen. Ich glaube nicht an die Nachhaltigkeit dieser Rally, aber kann sie noch weitergehen? Ja."

Inflation weiterhin auf "unangenehm" hohem Niveau

Auch werde die Inflation der Einschätzung der Expertin zufolge weiterhin auf "unangenehm" hohem Niveau bleiben: "Die Haushalte werden leider weiterhin die starke Belastung ihrer Budgets durch den erhöhten Preisdruck spüren", so Shah laut NBC. Im Zuge dessen werde die Fed auch den Leitzins weiter anheben. Eine Anhebung um 75 Basispunkte durch die US-Notenbank im September sei der Strategin zufolge "fast beschlossene Sache". "Die Zinsen steigen auf über 4 Prozent", prognostizierte sie laut Investment Week.

Neutrale Einstellung gegenüber Aktien

Bärenmark-Rallys würden auch das Investitionsverhalten bei Principal Global Investors beeinflussen, so Shah gegenüber Bloomberg. So habe man sich gegenüber Aktien in den Sommermonaten "neutral" positioniert, sei US-Staatsanleihen und Verbriefungsanleihen gegenüber aber positiv eingestellt. "Die Inflation ist immer noch ein Problem. Man muss sehen, dass sich das Wachstum verlangsamt", lautete die Einschätzung der Expertin.

Da die Fed ihren Fokus auf die Senkung der Inflation setzt, dürfte das Wirtschaftswachstum Shah zufolge weiter ins Stocken geraten, was wiederum eine Neubewertung der derzeitigen Marktsituation zur Folge hätte. "Das Jahr 2022 zeigt sich als typischer Widerhall vergangener Bärenmärkte - einschließlich der hoffnungsvollen und doch unvermeidlich ernüchternden vorübergehenden Rallys", zitierte Institutional Money die Analystin. "Bis sich die Fundamentaldaten verbessern, sollten Anleger nicht zu viel Vertrauen auf steile, aber leider nur vorübergehende Bärenmarktrallys setzen."

Redaktion finanzen.net

Dieser Text dient ausschließlich zu Informationszwecken und stellt keine Anlageempfehlung dar. Die finanzen.net GmbH schließt jegliche Regressansprüche aus.

Bildquellen: Ilkin Zeferli / Shutterstock.com, albund / Shutterstock.com