Morgan Stanley-Stratege rät zum Ausstieg aus Aktien: "Wir sind jetzt wieder Verkäufer"
An den Börsen ging es 2022 turbulent zu. Nachdem zahlreiche Indizes im Herbst Jahrestiefststände markiert hatten, kam es zuletzt wieder zu einer Aufwärtsbewegung. Die dürfte nun aber beendet sein, glaubt ein Morgan Stanley-Experte, der in diesem Jahr bislang über einen ausgezeichneten Riecher verfügte.
• Morgan Stanley-Stratege Michael Wilson sagte Mitte Oktober Bärenmarkt-Rally voraus
• Wilson empfiehlt nun, Gewinne mitzunehmen
• Experte erwartet Rückkehr der Bären und deutlich fallende Kurse im ersten Quartal 2023
Michael Wilson, Chief Investment Officer und oberster US-Aktienstratege der Investmentbank Morgan Stanley, kann 2022 bislang eine beeindruckende Trefferquote vorweisen. Der als Aktienbär bekannte Stratege riet etwa Anfang des Jahres zum Verkauf von Aktien, da er aufgrund der geldpolitischen Wende der US-Notenbank Fed starken Gegenwind für US-Titel erwartete. Tatsächlich knickten die großen US-Indizes 2022 ein: Der S&P 500 verlor seit Jahresbeginn 17,45 Prozent, der Dow Jones büßte 7,88 Prozent ein und für den NASDAQ Composite ging es 2022 bislang um 29,66 Prozent abwärts (Stand: Schlusskurse vom 09.12.2022). Mitte Oktober hatten die US-Indizes mit noch deutlich tieferen Ständen ihre Jahrestiefs erreicht, seitdem war es wieder aufwärts gegangen - ganz wie von Michael Wilson prognostiziert. Denn dieser sagte laut "MarketWatch" im Oktober den Start einer Bärenmarktrally vorher, die den S&P 500 von seinem Jahrestief bei 3.491,58 Punkten auf 4.000 bis 4.150 Punkte ansteigen lassen dürfte. Dabei machte Wilson jedoch klar, dass es sich um eine taktische Überlegung handle und er keine wirkliche Wende für den Aktienmarkt sehe. Auch diese Prognose traf ein: Anfang Dezember bewegte sich der S&P 500 exakt in der von dem Experten erwarteten Spanne. Für Wilson ein Grund, wieder ins Lager der Bären zu wechseln.
Wilson warnt: Bärenmarkt unmittelbar vor Rückkehr
"Der S&P 500 befindet sich jetzt genau in unserem ursprünglichen taktischen Zielbereich von 4.000-4.150 [Punkten]. Während der Index seinen gleitenden 200-Tage-Durchschnitt leicht überschritten hat und die Bandbreite weiter zunimmt, bleibt der Abwärtstrend vom Jahresanfang bestehen", schrieb Wilson am 5. Dezember laut "Pound Sterling Live" in einer Kunden-Mitteilung. Die Risikoprämie, um beim S&P 500 auf eine weitere Aufwärtsbewegung zu setzen, sei aktuell nicht sehr attraktiv. "Unterm Strich geht der Bärenmarkt-Rallye, die wir vor 6 Wochen ausgerufen haben, die Puste aus", so der Morgan-Stanley-Experte weiter. Er empfehle daher "Gewinne mitzunehmen, bevor der Bär ernsthaft zurückkehrt". Genau das tut offenbar auch die US-Investmentbank. "Wir sind jetzt wieder Verkäufer", so Wilson.
Er und sein Team würden für den breiten US-Index sehr kurzfristig zwar noch ein Aufwärtspotenzial bis auf 4.150 Punkte sehen - gut fünf Prozent über dem aktuellen Kurs (Stand: Schlusskurs vom 09.12.2022) -, dieses werde aber wohl bereits "in der nächsten Woche oder so" erreicht, zitierte "MarketWatch" aus der Mitteilung. Wilsons Empfehlung für Anleger lautete daher, sich nun eher defensiv aufzustellen mit Investments in den Bereichen Gesundheitswesen, Grundnahrungsmittel und Versorger.
Düstere Aussichten für 2023
Auch zum Start in das neue Jahr dürften die Bären das Steuer in der Hand behalten, denn der Bärenmarkt sei laut dem Experten noch längst nicht vorbei. "Sie sollten mit einem S&P zwischen 3.000 und 3.300 [Punkten] irgendwann in den ersten vier Monaten des Jahres rechnen", sagte Michael Wilson mit Blick auf das kommende Jahr Ende November in einem Interview mit "CNBC". Bis zum Ende des Jahres 2023 werde sich der S&P 500 dann jedoch voraussichtlich wieder auf 3.900 Punkte erholen können, es werde jedoch "ein wilder Ritt".
Als Grund dafür, dass er 2023 noch tiefere Tiefststände erwartet als sie 2022 markiert wurden, nannte Wilson seine Gewinnprognosen für US-Unternehmen. So würden steigende Zinssätze in den kommenden Quartalen immer noch ein Risiko für die Unternehmensgewinne darstellen - insbesondere für technologie- und verbraucherorientierte Unternehmen, die historisch am anfälligsten für eine schwächere Verbrauchernachfrage sind, zitierte "Forbes" aus einer Mitteilung von Morgan Stanley. Wenn die Unternehmensgewinne im kommenden Jahr schwächer ausfallen, werde das wiederum die Aktienkurse unter Druck setzen. "Der größte Schaden wird in diesen größeren Unternehmen passieren - übrigens nicht nur im Technologiebereich", sagte Wilson bei "CNBC".
Mit seinem düsteren Ausblick für 2023 ist der Morgan Stanley-Stratege übrigens nicht allein. Auch die Experten von Goldman Sachs erwarten, dass sich der Bärenmarkt im kommenden Jahr zunächst noch intensivieren werde.
Redaktion finanzen.net
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