Dividenden steigen wieder - und lösen Kontroversen aus
Die laufende Dividendensaison lässt die Anleger wieder zuversichtlicher in die Zukunft blicken.
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Nachdem die Corona-Krise den Dividendenjägern 2020 noch einen gehörigen Schrecken eingejagt hatte, herrscht jetzt mit der anziehenden Wirtschaft wieder Zuversicht: "Dividenden zahlende Unternehmen haben nun genauso schnell die Wiederaufnahme von Ausschüttungen beschlossen beziehungsweise in Erwägung gezogen, wie sie sie im letzten Jahr ausgesetzt oder gekürzt haben", schrieb Fondsmanagerin Ilga Haubelt vom Vermögensverwalter Newton IM.
Die Expertin erwartet, dass die Dividenden dieses Jahr weltweit wieder das Ausschüttungsniveau von 2019 erreichen. Seinerzeit betrug die Gesamtsumme der global gezahlten Dividenden laut dem Datenanbieter Statista 1,43 Billionen US-Dollar. Im vergangenen Jahr sank die Summe demnach um rund zwölf Prozent auf knapp 1,26 Billionen Dollar und damit auf das Niveau von 2017.
Anfang 2020 hatte die eskalierende Corona-Krise viele Unternehmen ins Mark getroffen. Die Lockdown-Maßnahmen zur Eindämmung des Virus ließen die Industrieproduktion sowie den Welthandel einbrechen, und die Konsequenzen waren harsch, wie sich Fondsmanager Thomas Meier von MainFirst Asset Management erinnerte: "Wir haben nie so eine große Welle an Dividendenkürzungen und -aussetzungen gesehen wie im Jahr 2020."
Und auch an den globalen Aktienmärkten löste die Krise Schockwellen aus: Ende Februar letzten Jahres kam es zum Crash, der viele wichtige Indizes innerhalb weniger Wochen auf mehrjährige Tiefststände drückte. Doch die Notenbanken und die Politik machten schnell klar, dass sie alles in ihrer Macht stehende tun werden, um die Wirtschaft mit Hilfs- und Konjunkturpaketen zu stützen. Zuletzt sorgten Fortschritte in der Impfkampagne gegen das Coronavirus für weitere Kursgewinne, so dass sich aktuell unter anderem der Dow Jones Index und das deutsche Börsenbarometer DAX wieder auf Rekordniveaus bewegen.
Doch während hierzulande der Aktienmarkt recht schnell wieder zur Tagesordnung zurückgekehrt ist, haben sich die Dividendenzahlungen deutscher Unternehmen in diesem Jahr laut einer Studie lediglich stabilisiert. So hat die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) auf Basis der Ankündigungen und Gewinnverwendungsvorschläge bis Ende März berechnet, dass die 160 in den Auswahl-Indizes Dax, MDAX und SDAX enthaltenen Aktiengesellschaften rund 45 Milliarden Euro an Dividenden auszahlen. Gegenüber dem Vorjahr sei dies ein Anstieg um nur knapp fünf Prozent. 2020 aber war das Ausschüttungsvolumen demnach pandemiebedingt um 18 Prozent eingebrochen.
"Die Unternehmen sind offensichtlich vorsichtiger als die Investoren", hieß es in der DSW-Studie. Immerhin 40 der 160 Firmen wollten auch dieses Jahr erneut keine Dividende zahlen. Das sei aber nicht nur der Pandemie, sondern auch der steigenden Zahl von Wachstums-Werten in den Indizes geschuldet. Wachstumsunternehmen entscheiden sich oft dafür, ihre Gewinne in eine weitere Expansion zu reinvestieren statt an die Anleger auszuschütten.
Für die DSW hat gerade das abgelaufene Jahr gezeigt, dass Dividendenzahlungen auch immer im Kontext aktueller Entwicklungen gesehen werden müssen. Wichtige Einflussfaktoren sind der Studie zufolge der Bilanzgewinn, die finanzielle Situation, der Geschäftsausblick und derzeit auch die politische sowie gesellschaftliche Vertretbarkeit von Gewinnausschüttungen. Dieser Aspekt sei insbesondere dann wichtig, wenn - wie in der Corona-Krise - Staatshilfe im Spiel ist. Und generell sind hohe Ausschüttungen kein Wert an sich, wenn der Aktienkurs wegen eines allgemeinen Marktcrashs einbricht oder die Dividenden an der Substanz des Unternehmens zehren.
Wie sehr Gewinnausschüttungen momentan die Gemüter erhitzen können, bekam zuletzt unter anderem Daimler zu spüren. Die Stuttgarter setzen derzeit zwar wie andere Autobauer auch verstärkt auf Modelle mit Elektroantrieb und tragen so zur CO2-Reduzierung bei. Sie gönnten ihren Aktionären aber eine kräftige Dividendenerhöhung - obwohl der Konzern 2020 in der Corona-Krise erheblich vom Kurzarbeitergeld profitiert hatte.
Für die Interessenvertretung Bürgerbewegung Finanzwende hat Daimler damit "moralisch verwerflich" gehandelt, weil letztlich Steuergelder an die Aktionäre weitergeleitet worden seien. Lothar Koch, Leiter Portfoliomanagement bei der GSAM + Spee Asset Management AG, hielt dem entgegen, dass das Kurzarbeitergeld eine Versicherungsleistung sei. Daimler und die Arbeitnehmer hätten in der Vergangenheit dafür eingezahlt, deshalb sei gerade hier Kritik unberechtigt.
Gegen diese Argumentation wiederum wird eingewandt, dass auch das Kurzarbeitergeld als Teil des staatlichen Sozialsystems mittlerweile mit Steuermitteln bezuschusst werde. Laut Lena Lochner, Vermögensverwalterin bei der Bayerischen Vermögens Management AG, "lässt Daimler bei seiner Dividendenpolitik leider die im ESG-Kontext angestrebte 'gute Unternehmensführung' bei seiner Dividendenpolitik vermissen, was die Bestrebungen des Konzerns für ein nachhaltigeres Image in ein schlechteres Licht rückt."
Die sogenannten ESG-Kriterien Umwelt- und Sozialverträglichkeit sowie "Good Governance" werden generell immer wichtiger, weil die Europäische Union mit regulatorischen Eingriffen am Finanzmarkt nachhaltiges Wirtschaften fördern will. Die Nachfrage nach Produkten, die solche Gesichtspunkte berücksichtigen, steigt derzeit rasant. Damit könnten in Zukunft verstärkt die Aktien solcher Unternehmen unter Liebesentzug leiden, die zu sehr auf Themen wie Rüstung, Atomwaffen, Tabak, Öl oder Kohle setzen. Einer Untersuchung der US-Bank JPMorgan zufolge fällt bereits auf, dass die Aktien von Öl- und Gasunternehmen zwar branchenweit die höchsten Dividendenrenditen aufweisen, auf Sicht von fünf Jahren aber in puncto Kursentwicklung deutlich hinterherhinken.
/la/bek/zb/fba
--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---
FRANKFURT (dpa-AFX)
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