Abgeordnete von Berlusconi-Partei treten zurück
Mehrere Abgeordnete der Partei Volk der Freiheit (PdL) von Italiens Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi haben am Donnerstagabend ihren Rücktritt erklärt.
Sie überreichten - öffentlichkeitswirksam vor den Kameras - Demissionsschreiben an den PdL-Chef im Abgeordnetenhaus, Renato Brunetta. Der Protest der Abgeordneten richtet sich gegen den öffentlichen Umgang mit Berlusconi, der inzwischen rechtskräftig wegen Steuerbetrugs verurteilt ist und möglicherweise seinen Platz im Senat einbüßen wird.
Einen Tag vorher hatten die PdL-Parlamentarier im Beisein Berlusconis per Akklamation einen Massenrücktritt beschlossen, sollte der "Cavaliere" seinen Sitz im Senat verlieren. Wenige Stunden später hatte Brunetta aber bestritten, dass ein Massenaustritt aus dem Parlament geplant sei, und erklärt, jeder werde nach seinem Gewissen entscheiden.
Am Donnerstag hat der italienische Präsident Giorgio Napolitano die Abgeordneten daraufhin scharf gemaßregelt. Er verurteilte die Erklärung von Berlusconis Partei, dass der Milliardär Opfer eines "Putsches" von Richtern geworden sei, als "absurd". Die Rücktrittsdrohungen der Mitte-Rechts-Abgeordneten seien "beunruhigend".
Der Präsident deutete auch an, dass er nicht bereit sei, das Parlament aufzulösen, selbst dann nicht, wenn Berlusconi seine Unterstützung für die Letta-Regierung zurückziehen sollte. Napolitano warnte angesichts der anstehenden Abstimmung über den Haushalt in dem seit zwei Jahren in der Rezession steckenden Land davor, eine Lähmung des Parlaments herbeizuführen. Ministerpräsident Enrico Letta, der in den USA weilte, um ausländische Investoren zu gewinnen, sagte Medienberichten zufolge, dass er sich um eine Klärung der Lage kümmern werde, sobald er zurück in Rom sei.
Das zeigt, dass die Spannungen vor der für nächste Woche erwarteten Abstimmung im Immunitätsausschuss des Senats, ob Berlusconi seinen Sitz in der zweiten Parlamentskammer behalten darf, beständig zunehmen. Grund dafür ist dessen rechtskräftige Verurteilung wegen Steuerbetrugs bei seinem Medienkonzern und Korruption zu vier Jahren Haft im vergangenen Monat. In einer ersten Abstimmung hatte der Ausschuss seinen Verbleib mehrheitlich abgelehnt. Die endgültige Abstimmung darüber wird im Senatsplenum für Mitte Oktober erwartet.
Die konservative Partei Berlusconis ist ein wichtiger Partner in der aktuellen Regierungskoalition. Sollten die Abgeordneten massenhaft zurücktreten, würde das wohl eine Regierungskrise auslösen, die zu Neuwahlen führen könnte. Die schwierigen Mehrheitsverhältnisse nach den Wahlen im Februar hatten zunächst zu einer politischen Blockade geführt, die erst durch Präsident Napolitano aufgelöst wurde, der die beiden großen Links- und Rechts-Bündnisse im April in eine problematische Große Koalition zwang.
DJG/WSJ/chg(ROM) Dow Jones Newswires