Aufruhr im Einzelhandel

Primark & Co: Mode zum Wegwerfen

aktualisiert 13.12.13 20:05 Uhr

Die irische Firma Primark mischt die Branche mit modischen Klamotten zu Spottpreisen kräftig auf. Müssen etablierte Händler wie H&M und Zara um ihre Marktanteile fürchten?

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von Sonja Funke, Euro am Sonntag

Kaninchen wird in China qualvoll das Fell ausgerissen, mehr als tausend Menschen sterben in Bangladesch, als dort eine Textilfabrik einstürzt: Auch in diesem Jahr führten die Schlagzeilen den Kunden den Preis für die Schnäppchen im Textil­einzelhandel vor Augen. Doch die Schreckensmeldungen können den Kaufrausch nicht bremsen. Die Kunden wollen immer mehr Kollektionen in immer kürzeren Abständen.

„Das ist genau das Geheimnis der Mode“, sagt Handelsexperte Peter Frank von der BBE Handelsberatung. „Dass sie Begehrlichkeiten weckt und man Sachen kauft, die man nicht braucht.“ Anders als in den 80er-Jahren ist Kleidung kein Statussymbol mehr. „Für Menschen, die an der schnellen Mode interessiert sind, ist der Trend wichtiger als die Qualität.“

Hip und spottbillig
Und so muss immer neue, immer billigere Mode her, um die Kauflust zu befriedigen. Die Einzelhändler mit eigenen Modelabels wie H & M (Hennes & Mauritz), C & A, Zara und Primark haben ihren Umsatzanteil am Modemarkt laut Institut für Handelsforschung in den vergangenen zehn Jahren von 16 auf 23 Prozent gesteigert. Jede Saison ein neuer Look: Vor allem die irische Modekette Primark profitiert vom Trend zur Wegwerfmode. Schuhe für 17 Euro, eine Hose für elf Euro, ein Mütze für drei Euro — die junge Marke ist hip und spottbillig zugleich. Im jüngst abgelaufenen Geschäftsjahr stieg der Umsatz um 22 Prozent auf umgerechnet 5,1 Milliarden Euro, der Betriebs­gewinn um 44 Prozent auf 615 Millionen. Die Tochter von Associated British Foods ist damit zwar noch deutlich kleiner als Konkurrenten wie H & M und Inditex (Zara), mischt den Modemarkt aber schon kräftig auf.

Riesenauswahl, keine Werbung
Primarks Strategie: keine Werbung, große Stores und ständig neue Kollektionen zu unschlagbar günstigen Preisen. Primark tritt in den Innenstädten, oft durch Nutzung leer stehender Kaufhausimmobilien, mit enormen Flächen in Konkurrenz zu den Wettbewerbern. „Bei der Eröffnung eines Primark-Stores verzeichnet die H & M-Filiale nebenan Umsatzeinbußen von bis zu 20 Prozent“, sagt Frank. „Das Angebot ist oft viermal so groß, und alles kostet nur die Hälfte.“ Der Textildiscounter gilt bei der Zielgruppe — junge Frauen unter 30 — als sehr viel modischer als andere wie Takko oder Kik.

Dass Primark von Anfang an mit deutlich geringeren Margen kalkuliert und so die Mode nicht nur günstig, sondern billig anbieten kann, hält Caroline Gulliver, Analystin bei der US-Investmentbank Jefferies, für das Geheimnis des Erfolgs: Das Geld werde über einen hohen Umschlagsfaktor verdient, der in der Industrie „revolutionär“ sei. Damit verändere die irische Kette die Industrie nachhaltig und mache den Anbietern von günstiger Mode das Leben schwer. Auch Ottmar Franzen, Geschäftsführer des Marktforschungsunternehmens Konzept & Markt, ist sich sicher: „Primark verändert die Branche. Für mich ist das eine neue Betriebsform. Eine solche Preisaggressivität in der Großfläche gab es bisher nicht. Preis und Masse sind alles — wie früher bei Aldi.“

In Deutschland startete Primark 2009 mit der ersten Filiale in Bremen, am Dienstag eröffnet in Düsseldorf das elfte Geschäft, weitere werden folgen. Weltweit gibt es 257 Stores in bislang acht Ländern, nächstes Jahr ist der Markteintritt in Frankreich geplant.

Der Aldi der Modebranche
Franzen hat untersucht, welchen Wettbewerbern Primark am ehesten schadet. Der Marktforscher ist überzeugt, dass der irische Textildiscounter eher ein weiteres Segment aufmacht, als etablierte Händler zu verdrängen: „Primark ist für H & M keine große Bedrohung. Die Skandinavier sind noch immer die viel stärkere Marke.“ Laut seiner Studie kennen 91 Prozent der deutschen Kunden H & M, Primark nur 29 Prozent. „Bis Primark das erreicht, dauert es Jahre. Viel eher dürften sich C & A und Primark stören.“

Ein wesentlicher Unterschied sei auch, dass die Schweden allen Altersgruppen gleichermaßen bekannt seien, Primark aber nur den jungen Käufern. „Wenn es H & M gelingt, ein etwas besseres Qualitätsimage zu formulieren und einen besseren Modegrad zu etablieren, werden sie sich langfristig von Primark abgrenzen können.“

Entsprechend gelassen gibt sich die schwedische Modekette: „Wir konzentrieren uns vor allem darauf, unseren Kunden immer wieder ein spannendes und inspirierendes Einkaufs­erlebnis zu bieten, weniger auf unsere Mitbewerber“, heißt es. Und auch für die übrigen börsennotierten deutschen Textilunternehmen gibt es nach Ansicht von Experten keinen Grund zur Aufregung: „Für die ist das kein Thema“, sagt Warburg-Research-Analyst Jörg Philipp Frey.

Lieber nackt als am Wühltisch
Der spanischen Modekette Zara droht wohl ohnehin keine Gefahr durch die Discountmode, da sich Preispositionierung und Qualität komplett unterscheiden. „Die Kundinnen, die bei Zara und Co einkaufen, würden lieber nackt rumlaufen, als sich mit 14-Jährigen am Primark-Wühltisch um eine Drei-Euro-Bluse zu streiten“, ist Jefferies-Analystin Gulliver überzeugt. Die Primark-Kunden nähmen die schlechte Qualität zwar wahr, fand Marktforscher Franzen heraus, sie kaufen aber trotzdem: „Der Preis ist alles.“

Dass Kleidung auf diese Weise zum Saisonartikel verkommt, weckt wohl nicht nur bei Analystin Gulliver Bedenken: „Ob dieser Trend zur ‚Wegwerfmode‘ unbedingt ethisch zu befürworten ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.“

Die jungen Kunden im Kaufrausch hinterfragen jedenfalls augenscheinlich nicht, woher die Kleidung zu diesen Preisen eigentlich kommt und ob sie unter fairen Bedingungen hergestellt wird. „Fairer Handel“ wird auf der Homepage des Unternehmens großgeschrieben.

T-Shirt billiger als Tasse Kaffee
Zudem heißt es: „Unsere wichtigsten Beschaffungsländer sind China, Indien, Bangladesch und die Türkei“ — wie bei fast allen großen europäischen Modelabels. Primark verlangt laut Homepage von seinen Zulieferern, zumindest den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Den Kundinnen sei dieses Dilemma schon bewusst, sagt Marktforscher Franzen. Sie nähmen es angesichts der günstigen Preise aber in Kauf.

Die Frage, ob es wohl in Ordnung sei, wenn ein T-Shirt nicht mehr kostet als eine Tasse Kaffee, beantwortet eine Kundin im Frankfurter Primark-Store denn auch mit den Worten: „Vermutlich nicht.“

Investor-Info

H + M
Schweden-Mode

Die Aktie steht so hoch wie nie zuvor und sieht charttechnisch top aus. H & M hat nach einer Durststrecke überraschend gute Zahlen ausgewiesen. Schätzungen zufolge wird der Gewinn 2014 um knapp zwölf Prozent steigen. Analysten bescheinigen dem Titel mit einem Kursziel von bis zu 300 Euro Potenzial. Einziger Wermutstropfen: das hohe Kurs-Gewinn-Verhältnis. Langfristig attraktiv.

ABF
Billigmode

Der Run auf Primark füllt die Kassen des Mutterkonzerns Associated British Foods (ABF), der auch Zucker, Speiseöl und Ovomaltine vertreibt. Die Klamottensparte ist zum Wachstumstreiber Nr. 1 geworden und expandiert europaweit. Analysten schwärmen vom Potenzial der Primark-Läden. Die hohe Bewertung spricht allerdings für einen Einstieg zu einem späteren und günstigeren Zeitpunkt.

Asos
Onlinemode

Die britische Modekette Asos ist bei der jüngeren Generation sehr beliebt. Das Unternehmen vertreibt die Kleidung ausschließlich über das Internet, auch in Deutschland – und das mit großem Erfolg. 2012 lag der Umsatz bei 680 Millionen Euro, 2015 sollen es 1,5 Milliarden werden. Auch der Gewinn steigt stark. Die Aktie läuft, doch die Bewertung ist inzwischen jenseits von Gut und Böse. Zu riskant.j

Inditex
Trendmode

Analysten bescheinigen dem weltgrößten Textilkonzern vielversprechende Wachstumsaussichten, die Aktie ist trotz historischer Höchststände vergleichsweise moderat bewertet. Die spanische Mutter baut das Onlinegeschäft von Tochter Zara aus und sollte auch von der Konjunkturerholung in der Eurozone deutlich profitieren. Bei Kursschwäche kaufen.

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