China auf dem Weg zur Weltklasse
EURO-Kolumnist Arnout van Rijn erklärt, auf welchen Feldern China den Westen überrundet. Dabei gibt es manche Überraschung.
Eine Tube Zahnpasta für jeden Chinesen, das ist wohl der Traum jedes Händlers. Er wird zunehmend wahr. Wir sind es gewohnt zu glauben, dass China trotz des großen Wachstums im globalen Umfeld doch wenig bedeutend ist. Nun wissen wir es besser.
2009 war ein besonderes Jahr für China, insbesondere im Vergleich zu dem, was sonst auf dem Globus los war. Das Land erreichte sein achtprozentiges Wachstum, während der Rest der Welt unter einer ausgewachsenen Rezession litt. Dabei nahm China eine besondere Schwelle. Es wurde zum größten Automobilmarkt mit einem Absatz von 13,5 Millionen Fahrzeugen. Zum Vergleich: In den USA, dem bisher größten Markt, wurden lediglich elf Millionen Fahrzeuge verkauft. Weitere Hürden werden in diesem Jahr genommen. Es sieht danach aus, als ob China 2010 der größte Abnehmer für LCD-Fernseher wird. Zwischen 25 und 28 Millionen Geräte, sagen Prognosen, würden über die Ladentheken gehen – unterstützt auch durch Förderungen für Käufer aus ländlichen Gebieten.
Interessanterweise kaufen Chinesen größere Fernseher als Amerikaner. Sie zeigen so ihren Reichtum. Aber auch relativ arme Leute kaufen die großen Kisten, weil sie eine preiswerte Form des Home Entertainment bieten. Kopierte DVDs gibt es überall und die sind billiger, als ins Kino zu gehen.
Ein anderer „preiswerter“ Entertainmentmarkt sind Online-Spiele. Hier ist China „noch“ der zweitgrößte Markt, nach den USA. Das Land gibt dafür aber rund 40 Prozent mehr aus als der globale Durchschnitt. Chinas außergewöhnliches Wachstum ist und wird das ökonomische Phänomen der Welt bleiben. Vor zehn Jahren war die Wirtschaft nur halb so groß wie die von Deutschland. Nun ist sie einundeinhalb Mal so groß. Nur sollte in Zukunft der Konsum der Antreiber sein.
Die Teilnehmer der Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen mochten es nicht, aber China weigerte sich, seinen Wachstumskurs zu Gunsten von sauberer Luft aufzugeben, solange der Lebensstandard seiner Bürger noch hinter dem des Westens zurückliegt. Vielleicht ist es kurzsichtig, aber ich kann es ihnen nicht verübeln.
Die größte Verschmutzung verursacht die chinesische Großindustrie. Hier hat China den Westen schon lange überrundet. Auf Pro-Kopf-Basis gerechnet, verbraucht China ungefähr das Doppelte des globalen Durchschnitts an Zement und Stahl. Die werden verwendet, um die Infrastruktur weiter auszubauen.
Das wird nach den massiven Konjunkturpaketen 2009 auch 2010 anhalten. China mag immer noch zu den Schwellenländern zählen, seine Infrastruktur wird aber bald Weltklasse sein. Vielleicht eine Kennzahl zum Schluss: China hat heute mehr als 100.000 Kilometer gebührenpflichtiger Straßen. Das sind 70 Prozent des globalen Netzwerks. Das schafft genug Platz, damit China und seine Fahrer auf der Überholspur bleiben.
Arnout van Rijn ist Senior-Portfoliomanager bei der Fondsgesellschaft Robeco in Hongkong und managt den Aktienfonds Robeco Asia Pacific Equities