Deutsche Post-Aktie mit Verlusten: Warnstreiks bei der Post - Niedrigeres Briefporto gefordert
Weil viele Post-Beschäftigte ihre Arbeit niedergelegt haben, ist am Samstag Firmenangaben zufolge jedes fünfte Paket und jeder elfte Brief liegengeblieben.
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Rund 13 500 Beschäftigte hätten an den Warnstreiks in verschiedenen Regionen Deutschlands teilgenommen, sagte ein Sprecher der Deutschen Post am Samstag in Bonn. Das sei etwas mehr als ein Drittel der Belegschaft in den betroffenen Standorten. Verdi-Angaben zufolge beteiligten sich 18 000 Postler. Die Ausfallquote von 20 Prozent bei Paketen und 9 Prozent bei Briefen bezieht sich auf das tägliche Volumen in ganz Deutschland. Allerdings wurde nicht überall gestreikt. In Regionen, wo es Arbeitsausstände gab, war die Ausfallquote höher als im Bundesschnitt.
Gewerkschafter zeigten sich zufrieden mit den Arbeitsniederlegungen. "Es läuft gut", sagte der für Postdienste zuständige Verdi-Landesfachbereichsleiter in NRW, Thomas Großstück. Andrea Kocsis, stellvertretende Verdi-Vorsitzende und Verhandlungsführerin sagte: "Die hohe Beteiligung an den Streiks macht deutlich, dass unsere Mitglieder voll und ganz hinter ihrer Forderung stehen."
Der Post-Sprecher sagte, dass die Warnstreik-Beteiligung in den einzelnen Regionen und Standorten unterschiedlich hoch ausfalle, wodurch sie sich auch unterschiedlich auswirke. Verzögerungen bei der Abholung und Auslieferung von Briefen und Paketen könnten dazu führen, dass die Sendungen "erst einige Tage später, das heißt je nach Ende der Streikaktivitäten vor Ort erst in der kommenden Woche ausgeliefert werden können".
Bestreikt wurde zum Beispiel die Zustellung im Raum Bonn, in Bochum und im Münsterland - dort blieben viele Briefe und Pakete liegen und wurden nicht ausgetragen. Auch Mannheim, Stuttgart und Freiburg waren betroffen.
Die Gewerkschaft fordert 15 Prozent mehr Lohn und Gehalt für die rund 160 000 Tarifbeschäftigten im Bereich Post & Paket Deutschland. Begründet wird die Forderung unter anderem mit der Inflation. 140 000 Postler bekommen der Gewerkschaft zufolge ein Monatsentgelt, das bei 2108 bis 3090 Euro brutto liegt. Diese Tarifbeschäftigten seien im besonderen Maße von der hohen Inflation betroffen, da sie einen großen Anteil ihres Nettoeinkommens für Nahrungsmittel und Energie aufbringen müssen, argumentiert die Gewerkschaft.
Die letzte Tariferhöhung im Januar 2022 habe nur zwei Prozent betragen, heißt es von der Gewerkschaft mit Verweis auf die aktuell hohe Inflation. Die Tarifforderungen seien "notwendig, gerecht und machbar", sagt Verdi-Verhandlungsführerin Kocsis.
Das Management hält die Forderung der Gewerkschaft hingegen für überzogen und nicht darstellbar. Die Firmenspitze gibt zu bedenken, dass der Konzern finanziellen Spielraum für Investitionen brauche, um auch langfristig wettbewerbsfähig zu sein und Arbeitsplätze zu sichern. Außerdem verweist die Post darauf, dass der Konzerngewinn "zum übergroßen Teil mittlerweile im internationalen Geschäft erwirtschaftet" werde.
Tatsächlich wurde im vergangenen Jahr nur etwa ein Sechstel des Betriebsgewinns (Ebit) der Deutschen Post DHL mit Briefen und Paketen in Deutschland erzielt, beim Personal liegt dieser Anteil hingegen bei circa einem Drittel. Deutlich profitabler als das Stammgeschäft sind für die Post längst die weltweiten Express- und Frachtgeschäfte.
Gewerkschafter pochen dennoch auf eine kräftige Entgelterhöhung für die Belegschaft im deutschen Stammgeschäft, also der Brief- und Paketbeförderung. Die Arbeitsbelastung der Postler sei hoch, betont Andreas Henze von Verdi Baden-Württemberg. In der Zustellung und in den Verteilzentren gingen Beschäftigte "auf dem Zahnfleisch". "Sie müssen für die Konzerngewinne immer schneller und schwerer arbeiten", sagt der Landesfachbereichsleiter Postdienste. "Ihr Knochenjob muss endlich finanziell wertgeschätzt werden."
Bereits in der vergangenen Woche hatte es Arbeitsniederlegungen bei der Post gegeben, die zweite Warnstreik-Welle begann am Donnerstag. Am 8. Februar sollen die Tarifverhandlungen weitergehen. Dann will die Post ein eigenes Angebot vorlegen. "Trotz der unterschiedlichen Positionen gehen wir davon aus, dass wir in fairen und zügigen Gesprächen in der nächsten Verhandlungsrunde [...] vorankommen werden", sagt der Post-Sprecher.
Postgesetz-Reform: Bundespolitiker fordern ein niedrigeres Briefporto
Während die Deutsche Post weiter mit Warnstreiks beschäftigt ist, fordern Bundespolitiker mit Blick auf die Reform des Postgesetzes eine Absenkung des Briefportos. "Wenn der Post im Rahmen dieser Reform Erleichterungen zugestanden werden und der Briefversand länger dauert, dann muss sich das für die Verbraucher im Preis niederschlagen: Das Porto für einen Standardbrief sollte billiger werden oder zumindest sehr lange konstant bleiben", sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Reinhard Houben. Ähnlich argumentieren Politiker der SPD und der CSU. Gelöst von der Reformdebatte sorgen Warnstreiks zudem weiter für Unruhe.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat kürzlich ein Eckpunktepapier publiziert, wonach die Pflicht zur möglichst schnellen Briefbeförderung aufgeweicht oder sogar abgeschafft werden sollte. Das Papier ist eine Diskussionsgrundlage für die anstehende Reform des Postgesetzes, das zuletzt 1999 grundlegend verändert worden ist. Bisher muss die Post 80 Prozent der Briefe am nächsten Werktag zustellen. Aus Sicht des Ministeriums ist so eine Vorgabe aber nicht mehr zeitgemäß, weil Schnelligkeit nicht mehr so wichtig sei.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hansjörg Durz wertet eine Änderung der Zeitvorgabe als "gutes Signal für den Klimaschutz". Dabei bezieht er sich auf die Flugzeuge, die noch immer in Deutschland für die Post unterwegs sind und Briefe befördern. Auf diese Flieger könnte die Post verzichten, wenn sie weniger Zeitdruck bei den Sendungen hätte.
Sollte die 80-Prozent-Pflicht kippen, würde sich die durchschnittliche Wartezeit auf Briefe verlängern. Der Konzern könnte dann Kosten senken, weil er weniger Zeitdruck hätte. Einfach so sollte es solch ein Zugeständnis an die Post aber nicht geben, findet der Christsoziale Durz. "Wer die Qualität verringert, der muss auch dafür sorgen, dass der Preis sinkt. Denn weniger Leistung zum selben Preis: Das wäre eine satte Portoerhöhung durch die Hintertür."
Teil der Reformdebatte ist auch die Frage, ob es zukünftig eine Art Zwei-Klassen-Post geben sollte - also teurere schnelle Briefe und billigere langsame Briefe. Wie genau so ein System aussehen könnte, ist noch unklar. Von der Grünen-Bundestagsabgeordneten Sandra Detzer heißt es: "Eine Staffelung des Portos je nach Zustellfrist kann aus unserer Sicht Teil der Überlegungen sein."
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Roloff hält eine Reform der sogenannten Laufzeiten für "grundsätzlich vorstellbar". Über die verschiedenen Modelle werde man "ohne Vorfestlegungen diskutieren", sagt er und fügt hinzu, dass langsamere Briefe "konsequenterweise auch günstiger sein" sollten.
Das Briefporto steigt mittlerweile alle drei Jahre. 2019 verteuerte sich der Inlandsversand eines Standardbriefs um 10 Cent auf 80 Cent, 2022 zog das Porto um 5 Cent auf 85 Cent an. Anfang 2025 läuft das jetzige Porto aus, nach geltenden Regeln wird es dann wohl steigen.
Sollten die Überlegungen des Eckpunktepapiers im Gesetzgebungsverfahren übernommen werden, so hätte die Post auch künftig noch einen gewissen Zeitdruck - dieser wäre aber viel schwächer als bisher. Derzeit müssen 95 Prozent der Briefe am übernächsten Werktag da sein. Dem Eckpunktepapier zufolge sollte so eine Vorgabe verschärft werden, der Prozentwert könnte also erhöht werden. Allerdings ist es möglich, dass sich so eine Vorgabe dann nicht mehr auf den übernächsten, sondern auf den darauffolgenden Tag bezieht - also auf den dritten Tag nach dem Brief-Einwurf.
Experten sehen die Forderungen aus der Politik skeptisch. "Würde das Porto sinken, bekäme die Post weniger Geld und es wäre fraglich, ob das Unternehmen die Qualität der Zustellung dauerhaft sicherstellen könnte", sagt der Logistikprofessor Kai-Oliver Schocke von der Frankfurt University of Applied Sciences. "Wenn das deutsche Briefgeschäft durch die Reform unattraktiv gemacht wird, könnte die Post ihr Interesse am Inland verlieren und stattdessen das sehr profitable Auslandsgeschäft in den Fokus nehmen." Dann würde ein Stellenabbau in Deutschland drohen.
Die Briefe könnten künftig länger unterwegs sein, ohne dass die Post gegen Pflichten verstößt. Kommt es aber zu einer "schwerwiegenden, wiederholten und anhaltenden" Unterschreitung des Mindestlevels, drohen ihr Bußgelder durch die Bundesnetzagentur - so zumindest wird es in dem Eckpunktepapier vorgeschlagen. Entsprechende Sanktionsmöglichkeiten sehen Bundestagsabgeordnete aus verschiedenen Fraktionen positiv. Es sei überfällig, dass die Behörde bei Problemen der Post sanktionieren könne, sagt der Linke Pascal Meiser. "Dieser von uns schon lange angemahnte Schritt darf aber im Gegenzug nicht durch eine Verschlechterung bei den vorgegeben Brieflaufzeiten oder anderen Qualitätsvorgaben erkauft werden."
Unterdessen gingen die Warnstreiks bei der Post am Samstag weiter, nach Firmenangaben legten 13 500 Beschäftigte an verschiedenen Standorten im Bundesgebiet die Arbeit nieder. Verdi sprach von 18 000 Warnstreikenden. Ein Firmensprecher berichtete von einer Beteiligung von etwas mehr als einem Drittel der Belegschaft an den betroffenen Standorten. Jedes fünfte Paket und jeder elfte Brief blieben liegen - das war ein ähnlich großer Anteil wie am Freitag. In Regionen, wo es Arbeitsausstände gab, war die Ausfallquote allerdings höher als im Bundesschnitt. Die Warnstreiks trafen zum Beispiel Freiburg, Mannheim, Bochum, den Raum Bonn und das Münsterland.
Verdi fordert 15 Prozent mehr Geld für die rund 160 000 Tarifbeschäftigten der Post in Deutschland, das Management hält das für viel zu viel. Am 8. Februar sollen die Tarifverhandlungen weitergehen, dann will die Firma ein eigenes Angebot vorlegen. Es ist nicht auszuschließen, dass Verdi vorher abermals auf Warnstreiks setzt, um den Druck auf den Arbeitgeber zu erhöhen.
Die Deutsche Post-Aktie gibt am Montag im XETRA-Handel um 1,49 Prozent auf 39,41 Euro nach.
/wdw/DP/stw
BONN (dpa-AFX)
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