Crash noch nicht vorbei: Das rät Lobo Tiggre Anlegern mit Blick auf Aktien und Gold
Die Aktienmärkte befinden sich weiterhin im Spannungsfeld zahlreicher Unsicherheitsfaktoren. Grund genug für Marktexperte Lobo Tiggre bei Aktien die Reißleine zu ziehen. Seiner Ansicht nach ist der Abwärtsschwung noch nicht vorbei. Gold behaupte sich jedoch trotz starkem Gegenwind.
Werte in diesem Artikel
• Abverkauf an den Märkten noch nicht vorüber
• Rat, keine neuen Käufe zu tätigen
• Goldpreis zeigt sich trotz Gegenwind robust
Das Geschehen an den Aktienmärkten gleicht derzeit eher einer Achterbahnfahrt. Zu viele Unsicherheitsfaktoren lasten auf den Märkten und sorgen immer wieder für kräftige Rücksetzer. Das lässt sich auch an den Bewegungen der großen US-Indizes ablesen. So haben S&P 500 sowie der NASDAQ Composite seit Jahresbeginn zweistellig verloren, für den Dow Jones Industrial ging es immerhin knapp neun Prozent abwärts (Stand: Schlusskurse vom 27.05.2022). Zeit für Entwarnung ist allerdings noch immer nicht, zeigt sich Marktexperte Lobo Tiggre im Interview mit Kitco News überzeugt. Seiner Meinung nach gilt es für Anleger, weiterhin Vorsicht walten zu lassen.
Shoppingliste über den Haufen geworfen - aber nicht alles verkauft
So sei er mittlerweile besorgter, ein Crash könne bevorstehen, als er es 2020 gewesen sei, als es aufgrund des Ausbruchs der Corona-Pandemie zu einem drastischen Abverkauf an den Märkten kam. Daher habe Tiggre selbst seine komplette Shoppingliste über den Haufen geworfen, da er zu dem aktuellen Zeitpunkt "keine weiteren Barmittel dem Risiko aussetzen" wolle. Es gäbe jedoch zwei Möglichkeiten, mit der aktuellen Situation umzugehen. Man könne den möglicherweise bevorstehenden Abschwung als Crash wahrnehmen oder als eine großartige Gelegenheit dazuzukaufen.
Dennoch rät der Vermögensberater von The Independent Speculator nicht alles zu verkaufen. Auch er selbst hätte sich nicht von all seinen Investments getrennt, da es trotz der düsteren Aussichten noch immer die Möglichkeit gäbe, dass das Sentiment wieder umschlage und die Märkte stattdessen zulegten. Als Investor, der alles verkauft habe, würde einem dann eine Gelegenheit entgehen.
Verschiedene Treiber des Crashs
Die Treiber eines bevorstehenden Abschwungs könnten laut Tiggre zum einen die Investoren sein, die glauben, sie wüssten was passieren wird. "Sie glauben, sie haben die straffere Geldpolitik der Fed eingepreist. Sie glauben, dass sie wissen, was kommt, aber wir sind in unbekannten Gebieten, niemand weiß, was kommt, nicht einmal ich". So gehe er davon aus, dass die möglichen Belastungsfaktoren nicht genug eingepreist seien. So hätte schon im Jahr 2018 das Anheben der Zinsen durch die Notenbank zu einem Abschwung an den Märkten geführt. Eine mit der aktuellen stagflationären Situation vergleichbare Zeitperiode sei in den 1970ern geschehen, allerdings sei die Ausgangslage damals noch weniger herausfordernd als heute gewesen: "Das letzte Mal, dass das passiert ist, war es eine völlig andere Welt. Wir haben uns nicht gerade erst von einer Pandemie erholt, wir waren global gesehen nicht so abhängig voneinander, es gab keinen neuen Eisernen Vorhang, der heruntergelassen wird aufgrund von Krieg in Europa. […] Dementsprechend anzunehmen, dass die Fed die Zinsen anheben und die Inflation so einfach heilen kann, ist ein Hirngespinst. Es wird nicht passieren".
Investment in Rohstoffe und Blue Chips ratsam
Angesichts dieses schwierigen Umfelds fragen sich Anleger natürlich, in was überhaupt noch investiert werden kann. Auch hier hat der Independent Speculator-CEO Tipps parat. So setzt der Marktexperte auf den Rohstoff Uran. So sei Uran als solches losgelöst zu sehen von der makroökonomischen Gesamtsituation, da selbst wenn alles den Bach runter gehen sollte, immer noch Kraftwerke gebraucht würden. Aus diesem Grund sei er Uran gegenüber "sehr bullish" eingestellt. Tiggre nannte Uran sogar "die solideste Rohstoff-Spekulation unter allen" bezogen auf das nächste Jahr. Generell sei der Vermögensberater aber allen Rohstoffen gegenüber bullish eingestellt.
Daneben rät er Anlegern, sollte tatsächlich der Crash kommen, vor dem er sich sorge, bei Blue Chips einzusteigen. Diese Top-Unternehmen würden dann nämlich zum Schnäppchenpreis zu haben sein. Auch hier konzentriert sich Tiggre vor allem auf Rohstoff-Unternehmen wie Minen-Konzerne. Normalerweise, so der Marktexperte, würde er aufgrund der hohen Preis Blue Chips eher meiden und auf kleinere Unternehmen setzen, die ein größeres Aufwärtspotenzial hätten. Allerdings sei ein Investment zu einem günstigen Preis ein "No-Brainer", da die Standardwerte mit viel weniger Risiko einhergehen würden als die kleineren Underdogs.
Goldpreis behauptet sich trotz Gegenwind
Neben den Aussichten für den Aktienmarkt wurde Tiggre von Kitco News-Moderator David Lin noch zu seiner Einschätzung zum Goldpreis befragt. Dieser sei in der letzten Zeit rund um die Marke von 1.800 US-Dollar gependelt, was von Anlegern eher enttäuscht wahrgenommen wurde. Der Marktexperte rät hier jedoch dazu, dass große Ganze zu betrachten, um das Niveau des aktuellen Goldpreises richtig einordnen zu können. So sei das aktuelle Umfeld für den Preis des Edelmetalls sehr herausfordernd. Es gäbe einen starken US-Dollar auf dem Papier, Anleger würden sich von Aktien trennen und stattdessen bei Anleihen zukaufen, obwohl die US-Notenbank Fed bereits bekannt gab, sich von Anleihen trennen zu wollen, es herrsche ein Gefühl von Angst. Ein solches Umfeld sei "schlecht für Gold", so der Leiter von Independent Speculator. Dennoch sei es dem Goldpreis gelungen ein Niveau von 1.800 US-Dollar zu halten, was vor diesem Hintergrund durchaus beachtlich sei. Auch mit Blick auf die letzten sechs Monate, in denen die Aktien- und Krypto-Märkte unter großen Druck geraten seien, hätte sich das glänzende Edelmetall behauptet. Laut Tiggre könne man hier gar von einer "Outperformance" sprechen.
Inverse Beziehung zwischen US-Dollar und Goldpreis
Darüber hinaus geht der Marktexperte in dem Interview auf die Verbindung des Goldpreises mit den Realzinsen auf der einen Seite und dem US-Dollar auf der anderen Seite ein. So habe sich der Goldpreis in den letzten 50 Jahren, seit siner Loslösung vom US-Dollar, vor allem an den Realzinsen orientiert. In dem Umfeld der letzten Jahre, in denen die Zinsen jedoch unverändert blieben, habe der Markt nach anderen Faktoren gesucht, die den Preis beeinflussen könnten. Aus diesem Grund, so glaubt Tiggre, hätte sich der Goldpreis in den letzten Monaten eher invers zum US-Dollar bewegt. Da die unveränderten Zinsen nichts über die Preisbewegung des Dollars aussagten, hätten sich Marktbeobachter den Dollarkurs direkt angeschaut.
Aktuell erscheine der US-Dollar, zumindest auf dem Papier, sehr stark, was ein Belastungsfaktor für den Goldpreis darstelle. In Wirklichkeit würde der Dollar jedoch nur stark erscheinen, gemessen an anderen Währungen. Jeder Verbraucher in den USA hätte jedoch bereits festgestellt, dass sich mit einem US-Dollar aufgrund der Inflation aktuell weniger kaufen lasse als in der Vergangenheit. Lobo Tiggre selbst sei jedoch eher bearish für den Dollar eingestellt, da der aktuelle Rückenwind für die Währung lediglich von einer "gefühlten Sicherheit" ausgehe, jedoch sicherlich nicht lange anhalten würde, was wiederum eine gute Nachricht für den Goldpreis wäre.
Redaktion finanzen.net
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