Warum immer noch Autobauer auf Takata-Airbags setzen
Einige Tote, viele Verletzte und die größte Rückrufaktion in der Automobilgeschichte. Seit Jahren hat der Skandal um Airbags von Takata kein Ende. Wieso werden immer noch fehlerhafte Takata-Airbags in Neuwagen verbaut?
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Wieder ruft ein großer Autohersteller Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten zurück. Ende März Toyota bekannt, dass knapp 3 Millionen Fahrzeuge, davon allein 350.000 in Europa, ein Sicherheitsrisiko haben. Der Grund: Fehlerhafte Airbags des japanischen Automobilzulieferers Takata.
Doch es ist bei weitem nicht das erste Mal, dass der japanische Konzern und seine Airbags als Grund für Massenrückrufe herhalten müssen. Laut einer Statistik des ADAC führten Rückrufaktionen wegen fehlerhafter Airbags die Liste der Nachbesserungsaktionen im Jahr 2016 in Deutschland an. Die seit Jahren bekannte Problematik mit Takata-Airbags nimmt also auch im Jahr 2017 kein Ende.
Wieso ist kein Ende der Rückrufaktionen in Sicht?
Laut dem Nachrichtendienst Reuters sind insgesamt mehr als 100 Millionen Aufblasvorrichtungen - davon ganze 70 Millionen in den Vereinigten Staaten - von diversen Rückrufaktionen betroffen. Ein Ausmaß, das in der Geschichte der Automobilindustrie seinesgleichen sucht. Es scheint, als dürften auch die aktuellen Probleme bei Toyota noch nicht das Ende der Fahnenstange markieren. Auch bei anderen Autoherstellern könnte es in Zukunft zu weiteren Rückrufen kommen. Dies liegt vorallem darin begründet, dass die Airbags von Takata in Abermillionen Fahrzeuge verbaut wurden. Bis alle mit fehlerhaften Sicherheitsmerkmalen ausgerüsteten Wagen in den Werkstätten waren, dürfte noch einige Zeit vergehen. Zudem dürfte die Umrüstung der betroffenen Fahrzeuge nicht nur viel Zeit, sondern insbesondere auch Kapazitäten und Geld kosten.
Wieso fahren so viele Autos mit Takata-Airbags?
Takata gehört mit einem rund 20-prozentigen Marktanteil am Airbagmarkt zu den Großen der Branche. Viele Autobauer haben daher ihre Airbags von Takata bezogen - und tun dies auch weiterhin. Die Rechtsvertreter von Fahrzeughaltern machen den Autobauern, die weiterhin Takata-Airbags beziehen, daher schwere Vorwürfe, wonach die Autohersteller von den fehlerhaften Takata-Airbags gewusst, diese jedoch aus Kostengründen und aus Angst vor Nachschubproblemen dennoch weiter verbaut hätten, erfuhr unter anderem "ntv". Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, dass Autobauer trotz bekannter Risiken Takata-Produkte verbaut haben, dürfte dies den ohnehin bereits großen Skandal um die Airbags noch verstärken.
Erste rechtliche Schritte hat unterdessen der US-Bundesstaat New Mexico unternommen. Bereits im Januar 2017 hatte dieser neben Takata auch 15 Autobauer verklagt. Als Begründung wurde angegeben, dass die Autobauer die Risiken der Takata-Airbags gekannt haben sollen. Im zuvor geschlossenen Vergleich mit dem US-Justizministerium schien es noch so, dass die Autobauer Opfer von Takata seien und mit falschen Sicherheitstestergebnissen in die Irre geführt wurden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit Autobauer eine Mitschuld an der Misere trifft. Eine Verurteilung der Automobilkonzerne wäre ein Novum in der Branche.
Wieso werden trotz des Skandals immer noch Takata-Airbags verbaut?
Vor wenigen Monaten berichtete die "New York Daily News", dass es immer noch einige Autohersteller gibt, die problematische Takata-Airbags in ihren neuen Autos verbauen. Als Grund werden Lieferprobleme genannt - die Autobauer tun sich schwer, ähnliche Produkte bei anderen Herstellern zeitnah einkaufen zu können. Auch "ntv" berichtete im Herbst 2016 von Autobauern, die angaben, dass die Beschaffung von Gasgeneratoren für Airbags kurzfristig eine kaum zu bewältigende Aufgabe sei und daher auch solche verbaut würden, von denen man wisse, dass sie bald wieder zurückgerufen werden müssen - von Takata.
Doch sitzen die Autokäufer damit auch zwangsläufig auf einem Pulverfass? Bei neueren Modellen soll das Sicherheitsrisiko für Fahrzeuginsassen gering sein. Über die Zeit sollen und müssen laut der US-Sicherheitsbehörde NHTSA dennoch auch bei diesen Modellen Umrüstungen vorgenommen werden.
Takata räumt Schuld ein
Das japanische Unternehmen Takata, das sich in den 1930er Jahren zunächst auf Fallschirmreißleinen und später auf Autosicherheitsgurte spezialisiert hatte, begann seinen Aufstieg zu einer Zeit, als Airbags eine gängige Sicherheitsausstattung in Fahrzeugen wurden. Takatas Erfolgsgeheimnis war eine bestimmte Technologie, die ihre Airbags günstiger machte. Mithilfe der billigen Chemikalie Ammoniumnitrat - welches jedoch gegen Temperatur- und Feuchtigkeitsunterschiede empfindlich ist - wird bei Takata-Airbags der Mechanismus der Gasgeneration ausgelöst. Der Umstieg auf die günstige Chemikalie erweist sich nun schon seit einiger Zeit als gigantisches Problem für das Unternehmen.
Kürzlich hat Takata im Zusammenhang mit dem Airbag-Skandal eine Einigung mit dem US-Justizministerium erzielt und ein Schuldeingeständnis abgegeben. Das Unternehmen räumte ein, die Autohersteller bei den Testberichten zu den Airbags in die Irre geführt zu haben. Die Japaner wurden zu einer Strafsumme von einer Milliarde US-Dollar verdonnert.
Takata büßte ordentlich Marktkapitalisierung ein
Der Airbagproduzent Takata hat aufgrund des Skandals ordentlich Federn lassen müssen - allein der Aktienkurs ist immens eingebrochen. In heimischer Währung, japanischer Yen, lag der Kurs im Jahr 2014 noch bei rund 3.500 Yen, aktuell sind es ungefähr 500 Yen. Dies entspricht einem Verlust von 85 Prozent. Einer der größten Konkurrenten, Autoliv, hat hingegen im selben Betrachtungszeitraum an der Börse zulegen können.
Redaktion finanzen.net
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Bildquellen: 360b / Shutterstock.com
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