Abbaggern von Braunkohle

RWE-Aktie gibt nach: Räumung von Lützerath abgeschlossen - Kohleabbau ab März oder April möglich

16.01.23 16:29 Uhr

RWE-Aktie gibt nach: Räumung von Lützerath abgeschlossen - Kohleabbau ab März oder April möglich | finanzen.net

Das Ende von Lützerath rückt in greifbare Nähe.

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Fünf Tage nach Beginn der Räumung des Braunkohleortes haben am Montag zwei noch verbliebene Klimaaktivisten einen unterirdische Tunnel unter der Siedlung freiwillig verlassen. Nach Angaben von RWE handelte es sich um die letzten Aktivisten vor Ort. Die Räumung durch die Polizei sei damit beendet. Der Rückbau der ehemaligen Siedlung werde "in den kommenden Tagen" abgeschlossen. Andernorts im rheinischen Braunkohlerevier gingen die Proteste gegen die Kohleverstromung aber weiter.

So besetzen am Montagmorgen acht Aktivisten im 20 Kilometer von Lützerath entfernten Tagebau Hambach einen Braunkohlebagger. Das Gerät musste daraufhin seinen Betrieb vorübergehend einstellen. Allerdings endete die Protestaktion bereits nach wenigen Stunden. Am Montagmittag hätten die acht Besetzer den Bagger freiwillig verlassen, berichtete RWE.

Gut vier Kilometer Luftlinie von Lützerath entfernt seilten sich am Montagmorgen außerdem fünf Klimaaktivisten - darunter zwei im Rollstuhl - von einer Autobahnbrücke ab. Der Verkehr auf der Autobahn 44 lief der Verkehr während der Aktion weiter, auf der Landstraße unter der Brücke ging dagegen nichts mehr. Auch diese Aktion war aber nach Angaben der Polizei am Mittag beendet.

Der Energiekonzern RWE betonte, die beiden zuletzt noch unter Lützerath ausharrenden Aktivisten hätten den Tunnel freiwillig verlassen. Man sei "erleichtert", dass die "lebensbedrohliche Situation" auf diese Weise beendet worden sei. "Eine Rettung aus dem Tunnel gegen den angekündigten Widerstand der Personen wäre mit hohen Risiken verbunden gewesen, auch für die Rettungskräfte", teilte der Konzern mit.

Auch die Lützerath-Aktivisten erklärten auf Twitter, dass die beiden Personen den Tunnel "selbst" verlassen hätten. "Tausend Dank für euren lebensgefährlichen Einsatz gegen die Braunkohle & Kapitalismus", schrieben sie.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser verurteilte unterdessen die Methoden von Klima-Aktivisten während der Räumung des niederrheinischen Braunkohledorfs. "Mit brennenden Barrikaden, einem einsturzgefährdeten Tunnel und wackligen Baumhäusern in großer Höhe haben Aktivisten nicht nur sich selbst in große Gefahr gebracht, sondern auch die Einsatzkräfte", schrieb die SPD-Politikerin am Montag in einer Mitteilung.

Politische Konflikte dürften nicht auf dem Rücken von Einsatzkräften ausgetragen werden. "Wer seine Anliegen mit Gewalt erzwingen will, verlässt den demokratischen Diskurs", betonte Faeser. Man riskiere damit den Rückhalt der Gesellschaft für den Kampf gegen die Klimakrise.

Faeser kündigte gleichzeitig an, dass auch die "einzelnen Vorwürfe der Gewalt durch Polizeibeamte" gegen Aktivisten geprüft werden sollen. "Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, müssen diese Konsequenzen haben", machte Faeser deutlich.

Aktivisten hatten der Polizei Gewalt-Exzesse bei der Großdemonstration am Samstag vorgeworfen. Es sei eine "hohe zweistellige bis dreistellige Zahl" von Teilnehmern verletzt worden, sagte am Sonntag eine Sprecherin des Sanitäterdienstes der Demonstranten. Darunter seien viele schwer verletzte und einige lebensgefährlich verletzte Personen gewesen. Nach Angaben der Polizei wurden neun Aktivisten mit Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) warb unterdessen vor der Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland um Unterstützung für den Kohle-Kompromiss, der aktuell zur Verstromung größerer Mengen Kohle führt, aber auch einen auf das Jahr 2030 vorgezogenen Ausstieg aus der Kohleverstromung in NRW beinhaltet. Niemand habe es sich damit leicht gemacht.

Nach dem vollständigen Abriss von Lützerath will der Energiekonzern RWE die darunter liegende Kohle abbaggern. Bereits im März oder April könnten die Schaufelradbagger das frühere Dorf erreichen, sagte ein Firmensprecher.

NRW sieht kein Enteignungsproblem bei weiterem Abbau in Garzweiler

Der Land NRW sieht wegen der Eigentumsverhältnisse am Braunkohletagebau Garzweiler vorerst keine Hindernisse für einen weiteren Abbau. Alle bis Ende 2023 für den Abbau bestimmten Flächen seien im Eigentum von RWE oder dem Unternehmen zur Nutzung überlassen worden, teilte das NRW-Wirtschaftsministerium am Montag auf dpa-Anfrage mit.

Die Grünen-Landtagsabgeordnete Antje Grothus hatte vergangene Woche - noch vor dem Abschluss der Räumung von Lützerath - darauf hingewiesen, dass RWE nicht alle Flächen besitze, die zum Abbau vorgesehen sind. Sie hatte deshalb um einen Räumungsstopp und eine Neuplanung des Tagebaus gebeten.

Auch für die Zeit nach 2023 bis Ende 2025 verfüge RWE Power über mehr als 98 Prozent der Flächen, für den Rest liefen Kauf-, Tausch oder Pachtverhandlungen, erklärte das Ministerium unter Hinweis auf Auskünfte des Unternehmens. Es sei nicht unüblich, dass Verhandlungen mit einzelnen Grundeigentümern im Vorfeld des Tagebaus noch nicht abgeschlossen seien. Falls tatsächlich Enteignungen nötig würden, gebe es dafür langjährige etablierte Verfahren, bei denen die Bergbehörde über hinreichende Erfahrung verfüge, erklärte das Ministerium.

Der Hauptbetriebsplan Garzweiler für den Braunkohleabbau gelte, betonte das NRW-Ministerium. Dafür müsse das antragstellende Unternehmen zum Zeitpunkt der Zulassung nicht bereits Besitzer aller Flächen sein.

Im XETRA-Handel verliert die RWE nach einem stabilen Start zeitweise 1,54 Prozent auf 41,66 Euro.

ERKELENZ/DÜSSELDORF (dpa-AFX)

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