Wirecard-Aktie tiefer: U-Ausschuss Wirecard soll Fehler von Regierung und Behörden offenlegen - Start im Oktober
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss im milliardenschweren Wirecard-Bilanzskandal soll in erster Linie Versäumnisse der Bundesregierung und ihrer Behörden aufzeigen.
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In einem zehn Seiten umfassenden Antrag, der Dutzende konkrete Fragen auflistet, heißt es, überprüft werden solle der Zeitraum ab Anfang 2014. FDP, Linke und Grüne veröffentlichten den Antrag am Donnerstag in Berlin. Demnach soll der Bundestag einen Untersuchungsausschuss zum Fall Wirecard beschließen.
Die drei Oppositionsparteien haben genügend Stimmen, um diesen zu erzwingen. Das Gremium soll aus 18 Mitgliedern bestehen - sechs für CDU/CSU, vier für die SPD sowie jeweils zwei Sitze für AfD, Linke, Grüne und FDP. Der Ausschussvorsitz dürfte nach dem üblichen Rotationsprinzip an die rechtspopulistische AfD gehen.
Der Zahlungsabwickler aus dem Münchner Umland war im Juni nach Bekanntwerden milliardenschwerer Luftbuchungen in die Pleite gerutscht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen Bilanzfälschung, Betrug, Marktmanipulation und Geldwäsche. Es ist einer der größten Finanzskandale der Nachkriegszeit.
Dem Antrag zufolge hat die Bundesregierung zu wenig zur Aufklärung beigetragen, was diese bestreitet. Viele Fragen seien noch immer offen und der Untersuchungsausschuss unumgänglich, so die Oppositionsparteien. Es solle unter anderem geklärt werden, ob Regierung und Behörden ihren Pflichten nachgekommen seien und ob sie Straftaten und Manipulationen früher hätten entdecken können. Der Untersuchungsausschuss soll so Schlussfolgerungen für eine Reform der Aufsichts- und Wirtschaftsprüferstrukturen, die Geldwäscheaufsicht sowie die Strafverfolgung von Bilanzbetrug liefern.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der zusammen mit der Finanzaufsicht BaFin wegen des Skandals in der Kritik steht, sagte Reuters diese Woche, den Untersuchungsausschuss unterstützen zu wollen - nicht aber die Ergebnisse abzuwarten. "Was nicht passieren darf: Dass der Reformeifer ausgebremst wird mit dem Hinweis, man müsse jetzt erstmal abwarten, bis der Ausschuss seine Untersuchung abgeschlossen hat - denn dann ist das Fenster für Reformen zu."
Wirecard-Untersuchungsausschuss soll im Oktober starten
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Skandal soll seine erste Sitzung nach der Planung der dahinter stehenden Oppositionsfraktionen im Oktober abhalten. Gebe es keine Verzögerungen seitens der Koalition, "können wir den Ausschuss Anfang Oktober stehen haben", sagte der FDP-Finanzsprecher Florian Toncar bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Linke-Fraktionsvize Fabio De Masi und dem Grünen-Finanzpolitiker Danyal Bayaz. Erste Zeugenbefragungen seien dann aber erst ab Mitte November zu erwarten.
FDP, Linke und Grüne hatten sich vergangene Woche nach weiteren Befragungen im Bundestags-Finanzausschuss auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verständigt. Dazu sind Unterschriften von 25 Prozent der Bundestagsabgeordneten erforderlich. "Wir haben sie zusammen", sagte Toncar. Der gemeinsam erarbeitete Einsetzungsantrag sei mit dem entsprechenden Quorum eingereicht worden. Am Freitag soll der Ausschuss laut Tagesordnung schon Thema im Bundestag sein.
In dem Skandal um Wirecard ist zunehmend die Rolle der Politik und der Finanzaufsicht ins Zentrum gerückt. Die Behörden stehen seit Wochen in der Kritik, weil sie die Unregelmäßigkeiten zu spät aufgedeckt hätten. Dabei geht es auch um die Rolle von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen des Engagements für Wirecard bei einer China-Reise im Herbst 2019 und um die politische Verantwortung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) für die Finanzaufsicht Bafin.
Toncar wies aber Vorwürfe, es gehe der Opposition vor allem darum, den SPD-Kanzlerkandidaten Scholz zu beschädigen, als "Unsinn" zurück. "Wir säßen genau so hier, wenn die SPD für das Kanzleramt Frau Esken oder Herrn Walter-Borjans nominiert hätte." Der Untersuchungsausschuss sei "kein Scholz-Tribunal". Er sei aber zwingend, weil es in den bisherigen Befragungen "eine systematische Flucht aus der Verantwortung gegeben" und jeder mit dem Finger nur auf jemand anderen gezeigt habe.
Andere Aufsichtsstruktur gefordert
"Die entscheidende Frage ist, wie konnte dieses Aufsichtstennis überhaupt passieren", erklärte De Masi. Gefragt werden müsse auch, warum Merkel sich für das Unternehmen eingesetzt habe, ohne die Presseberichte dazu zur Kenntnis zu nehmen, und nach der Rolle der Geheimdienste. Der Ausschuss müsse einen Beitrag dazu leisten, "dass wir eine andere Aufsichtsstruktur bekommen". Bayaz erklärte, es gehe um Aufklärung und um Vertrauen in den Finanzplatz Deutschland. "Die Regierung hatte die Gelegenheit zur Aufklärung - sie hat diese Gelegenheit aber nicht genutzt."
Mögliche Zeugen in dem Ausschuss könnten laut De Masi und Bayaz Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Ex-Geheimdienstkoordinator Klaus-Dieter Fritsche (CDU), die sich beide für Wirecard bei der Regierung eingesetzt hatten, oder Ex-Wirecard-Chef Markus Braun sein. De Masi sagte zudem, er halte es "durchaus für angemessen, die Bundeskanzlerin auch persönlich einmal zu konfrontieren mit ihrer Rolle". Auch Toncar deutete eine mögliche Befragung Merkels an. "Je weniger aussagekräftig die Aktenlage ist, um so wahrscheinlicher ist, dass eine persönliche Befragung nötig ist", sagte er. "Das gilt auch für die Bundeskanzlerin."
Bei dem damaligen DAX-Unternehmen Wirecard waren im Juni Luftbuchungen von fast 2 Milliarden Euro öffentlich geworden, es befindet sich mittlerweile in einem Insolvenzverfahren. Braun sitzt inzwischen in Haft, Ex-Vorstandsmitglied Jan Marsalek ist flüchtig.
Die Wirecard-Aktie konnte zwar im XETRA-Handel vorübergehend zulegen, aktuell verliert sie aber 1,41 Prozent auf 0,9100 Euro.
Berlin (Reuters/Dow Jones)
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