Emerging Markets sicherer als Industrieländer?
Die Volatilität der Aktienmärkte war zwischen 2010 und 2012 in den Schwellenländern geringer als in den Industriestaaten.
von Uwe Zimmer, Vorstandsvorsitzender der Vermögensverwaltung Meridio AG, Köln
Da diese Staaten gleichzeitig stärker wachsen und solidere Haushalte aufweisen, könnte man auf den Gedanken kommen, sie seien die sichereren Anlageziele. Das erzählen auch die Marketingstrategen mancher Geldinstitute. Es trifft aber noch nicht zu. Emerging Markets gehören sicherlich zu den interessantesten und auch renditeträchtigsten Investitionszielen. Das Wirtschaftswachstum dort liegt dauerhaft höher als in den Industriestaaten, die Bevölkerungen sind in der Regel jung, was die Belastungen für die Sozialsysteme – soweit vorhanden – geringer hält. Die Unternehmen dort schicken sich an, die Märkte mit eigenen Produkten zu erobern. Manch ein Weltmarktführer kommt mittlerweile aus den Emerging Markets und es ist absehbar, dass in den kommenden Jahren wieder einige neue dazu kommen.
Diese Unternehmen verdienen gut – und geben das Geld auch an die Aktionäre weiter. So kletterten die Gewinne und Dividenden je Aktie bei Unternehmen aus Industrieländern seit dem Jahr 2000 um rund zwei Drittel. In den Emerging Markets haben sie sich fast verdreifacht. Immer nur im Schnitt natürlich und immer unter Berücksichtigung der Ausgangssituation ist das dennoch ein deutliches Zeichen, dass Unternehmen aus Schwellenländern immer attraktiver werden.
Die gleiche Betrachtung lässt sich jetzt auch noch für die Anleihenseite anstellen, das Ergebnis ist ungefähr das Gleiche: Die Schwellenländer stehen von den Staatsanleihen im durchschnittlichen Rating heute wesentlich besser da als noch vor einigen Jahren, der Ausblick ist positiv. In den Industrieländern weist der Trend dagegen eher abwärts und bei Unternehmensanleihen gilt Ähnliches.
Sind deshalb Investitionen in Emerging Markets sicherer? Nein, das sind sie noch lange nicht. Ein ganz einfacher Grund dafür ist, dass ein Euro-Investor nun mal in Euro rechnen muss. Die Währungen der Schwellenländer haben sich zwar sehr stabilisiert. Vielleicht bleiben sie auch so stabil, vielleicht legen sie sogar stark zu gegenüber Dollar oder Euro. Passiert aber etwas, nur auf der Währungsseite, sind viele schöne Gewinne schon wieder weg, ohne dass sich an den grundlegenden Argumenten etwas geändert hat.
Dazu kommt die immer noch größere politische Unsicherheit. Wer traut sich von hier aus einzuschätzen, was Drohgebärden oder echte aggressive Handlungen Nordkoreas für Südkorea bedeuten könnten? Und damit für die Länder, für die Südkorea einer der wichtigsten Abnehmer ist? Hier sind Lieferbeziehungen noch frisch und die Abhängigkeiten von einzelnen Abnehmern noch zu groß, um einzelne Krisen abfedern zu können.
Die noch unzureichende Basis, die zu kurze Geschichte sind es, die dazu führen, dass die Schwellenländer zwar eines der interessantesten Anlegeziele sind, dass Anlagen dort aber nicht als sicher bewertet werden sollten. Wer die erhöhten Chancen mitnehmen will, muss auch die erhöhten Risiken tragen, allen Verheißungen über Sicherheit zum Trotz.
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